Freitag, April 19, 2024

Zweifel an der Kontrollfunktion der 4. Gewalt: Korruptionsexperte Kreutner im Interview

Zweifel an der Kontrollfunktion der 4. Gewalt:

Martin Kreutner ist Österreichs renommiertester Antikorruptionsexperte und Vertreter des Antikorruptionsvolksbegehrens. Im ZackZack-Interview spricht er über Korruption in den Medien und was man dagegen tun kann.

 

Wien, 13. Oktober 2021 |

ZackZack: Hr. Kreutner, letzte Woche gab es im Herzen der Republik Hausdurchsuchungen wegen schwerer Vorwürfe zu Inseratenkorruption. Hat sich an der Haltung der Medien seitdem etwas geändert?

Martin Kreutner: Als Staatsbürger, aber auch als einer der Proponenten des Volksbegehrens und als jemand, der seit 30 Jahren in der Korruptionsbekämpfung tätig ist, kann ich nur hoffen, dass das nur der erste Schritt war. Jetzt zur Tagesordnung überzugehen, so zu tun, als wäre die Sache erledigt, würde ich für hochbedenklich erachten.

Wir haben jetzt die Riesenchance, einen Diskussionsprozess und einen Reinigungsprozess anzugehen. Was die Medienlandschaft betrifft: Die Verdachtslage von Inseratenkorruption, von Klüngelei und Absprachen zwischen einzelnen Medienvertretern und einzelnen Politikern betrifft die Grundfesten der Politik.

Mutmaßlich gefälschte Umfragen, die den Wählerwillen beeinflussen sollen, Medienhäuser, die auf Abruf bereitstehen und auch ihrerseits Politiker antanzen lassen – es gilt zu hinterfragen, ob die Vierte Gewalt im Staat ihre Kontrollfunktion noch ausüben kann.

ZZ: Geht es um Einzelfälle, oder ist das ein systemisches Problem?

MK: Strafrechtlich muss man die einzelnen Fälle anschauen. Das passiert jetzt auch. Hier kann man nur an die Entscheidungsträger appellieren, die Justiz ohne Zwischenrufe arbeiten zu lassen. Man wird sich aber auch die systemische Frage gefallen lassen müssen. Die Entscheidungsträger in der Medienlandschaft müssen sich überlegen, wie sie im In-, aber auch im Ausland gesehen werden wollen. Es geht um Anscheinsbefangenheit und auch tatsächliche Befangenheit. Die Medien müssen die Rolle des neutralen Berichterstatters und auch Befragers zurückerlangen. Medien haben natürlich eine Kontrollfunktion in einer Demokratie und die Bevölkerung erwartet sich auch, dass die Medien diese Funktion ausüben.

ZZ: Apropos Ermittlungen ohne Zwischenrufe: In seiner Regierungsrede hat der neue Bundeskanzler Alexander Schallenberg verlautbart, er halte die Vorwürfe der Ermittler für falsch. Finden Sie das angemessen?

MK: Das muss der neue Bundeskanzler selbst beurteilen. Ich gebe zu, ich war erstaunt, von einem erfahrenen, gebildeten Diplomaten solche Worte zu hören und solche Gesten zu sehen. Das hat mich verblüfft.

ZZ: Was schlagen Sie vor, um Politik und Medien aus ihrer gegenseitigen Abhängigkeit zu befreien?

MK: Eine der Möglichkeiten – und das ist auch Forderung des Volksbegehrens – ist, die Kontrollrechte des Parlaments wesentlich zu verstärken, Presseförderung und Inseratenvergabe einem klaren, planbaren Prozess zu unterwerfen. Es müsste klarere Qualitätskriterien geben: Ist ein Medium investigativ tätig? Wie viele Journalisten sind angestellt und nicht nur als Freelancer tätig? Vor allem muss es nachvollziehbare Entscheidungen geben. Es sollen nicht einzelne Minister Millionenbeträge ad hoc vergeben können.

Letztendlich hängt immer viel von den Beteiligten selbst ab. Man kann die besten Gesetze haben – wenn sie nicht gelebt werden, wenn sie nicht mit Integrität und Anstand umgesetzt werden, wird man mit genügend krimineller Energie immer Schlupflöcher finden.

Man muss von den Entscheidungsträgern im Staat – und da nehme ich die Vierte Gewalt bewusst hinzu – einfordern, Korruptionsbekämpfung auch zu leben. Von der Privatwirtschaft fordert der Staat über Compliance-Richtlinien: Der Firmenchef muss mit gutem Beispiel vorangehen. Ich glaube, es wäre nicht zu viel verlangt, das auch für den öffentlichen Sektor einzufordern.

Das Gespräch führte Thomas Walach

Titelbild: APA Picturedesk

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37 Kommentare

  1. Was ist mit dem korrupten Landeshauptmann Stelzer. Er segelt hinter Kurz und hat ebenfalls Korruption in der JUNGEN ÖVP erlernt.

  2. Tja, Herr Pilz…… Wie passt das jetzt mit “Wir, die Geimpften, werden dafür sorgen…..”…..?

    “Die Medien müssen die Rolle des neutralen Berichterstatters und auch Befragers zurückerlangen.” erklärt Ihnen hier Kreutner.

    Davon ist ZZ Lichtjahre entfernt. Kreutner hat in vielem Recht, was auch ZZ betrifft. Dieses Interview ist lediglich ein weiteres Feigenblatt des Herausgebers und seines “Chefredakteurs”, bzw. Heuchelei.

    “Haltungs-Journalismus” at it’s worst. Weil ZZ “Haltung” mit Weltbild verwechselt, und Information mit Kanzel-Predigt.

  3. Der schalli wird hoffentlich auch bald des vergessens anheimfallen. Wie der rest der unseligen truppe

  4. Von dieser Regierung ist eine saubere Lösung dieser Frage nicht zu erwarten.
    Sie werden weiter ihre Printlieblinge mit Inseraten füttern und hoffen, dass sie damit die politisch Leichtgläubigen zu ihren Gunsten beeinflussen können.

    Die dringend notwendige klare Beschränkung und gerechte Aufteilung der Inseratkampagnen werden wir von Schallenberg und Kogler nicht erleben.

    • Die opposition muss sich gemeinsam erheben und maßnahmen beschließen mit den wenigen goodwill grünen im parlament.

      • Diese Goodwill Grünen gibt es nicht solange die Stinkefinger Sigi dort den Ton angibt.

    • Entgegen denen, die hier stänkern obwohl sie maximal 3 Sekunden gesehen haben, habe ich mir das Interview nicht entgehen lassen (obwohl ich eigentlich längst schlafen wollte..;)). Darum habe ich auch die zahlreichen Momente erlebt, in denen dieser Herr Braun seine Kompetenz des Denkens neben seiner fachlichen Qualifikation erwiesen hat…..;))

      Die üblichen Verdächtigen outen sich wieder einmal als die Deppen die sie sind, indem sie jemanden verurteilen, der nichts anderes tut als so was wie “die Wissenschaft muss wieder dem Wissen dienen und nicht der Wirtschaft” zu fordern. Was für ein rechter Ketzer! Komisch nur, dass dieselben Deppen diesen Menschen vor 2020 garantiert als linken Träumer “entlarvt” hätten…;)))))

      Waaappler!

      Herzlichen Dank für diesen Link! Sie haben was gut bei mir…..

      • Ich hab mir das jetzt auch angesehen, nicht alles, aber mehr als 3 Sekunden ….;)) – und finde es wirklich interessant.
        Erstens lernt man was über sich selbst und zweitens bestätigt es, was ich bzgl. Propaganda genauso vermutet habe.

        Nach all dem Wahnsinn in den letzten Monaten, wo sich so viele Menschen in den Bann von Populisten, Wichtigmachern, wahrscheinlich auch von Geldgier Getriebenen, beeinflußen ließen, habe ich beschlossen, mich nur noch darauf zu konzentrieren, was ich für richtig halte.
        Und dazu gehört, Ihre Kommentare hier im Forum zu lesen.
        Ebenso herzlichen Dank dafür und machen Sie weiter so :))

  5. an die Bevölkerung Oesterreichs: da gibts nur 1 passendes Mittel: Print-Abo’s kündigen, Online niemals angucken. Krone, Kurier & Co wird von mir seit einem Jahrzehnt nicht mal angerührt. Reinste Propaganda und nur einem Zwecke dienlich.

  6. rt.
    Die selbe Vorgangsweise wird im Übrigen bei den Bundesmuseen angewendet.
    Ich hoffe trotzdem daß es heller wird Österreich!

  7. Kreutner, eine integere intelligente Person, was eines der ersten Opfer des besten Innenministers aller Zeiten-Ernst Strasser.
    Er wäre der logische Leiter des Bundesamtes für Korruptionsbekämpfung BAK, angesiedelt im Innenministerium. Doch er wurde aus dem Apparat entfernt, weil er (obwohl konservativ) zu Widerspruch neigend, seine ehrliche Meinung kundtat und sich nicht der bis heute gültigen Schüsseldoktrin (“Hände falten, Goschn halten”…) unterwarf. Und so wurde das BAK mit willfährigen, devoten und teils sogar korrupten türkis/schwarzen Parteisoldaten besetzt-eine Farce.
    Sein Wunsch an die Medien, bzw. unbedingt notwendige Reformen selbiger, sind leider genauso realistisch, wie die Wunschzettel an das Christkind. (vielleicht sogar weniger…)
    Die vierte Gewalt im Staate, ebenso wie die Banken, sind systemrelevant und daher unangreifbar. Sie werden von den jeweiligen Machthabern benützt, instrumentalisiert, mit Steuergeld des Pöbels angefüttert und von Parteisoldaten unterwande

    • Und woher kommen alle die leuchttürme, angefangen von strasser bis zum ex-messias? Aus e prölls nachwuchspool.
      Ob auch aus spindelleckers sauna, kann ich nicht bestätigen, die gerüchtebörse kocht.

      • Glauben Sie wirklich, dass die Leute die hinter Klaus Schwab stehen es notwendig haben in der Sauna zu schwitzen beim Spindelecker? Das sind lauter Pflanzerl wie Merkel Baerbock die Makarone und die kanadische Trude der Ferengi war eben auch ein Pflanzerl von Schwab nur war er einfach zu dumm und wir sollten Gott dafür dankbar sein.

  8. Man (und Hund) beißen selten die fütternde Hand und wer zahlt schafft an was die Musi spielt. Auch einem geschenkten Barsch schaut man nicht in den ..sch. Die Medien werden nichts daran ändern dass sie zu Lohnschreibern degradiert wurden ist doch viel einfacher und bequemer. Eine Freie Presse kann es in der heutigen Zeit nur geben wenn sie dementsprechend gefördert wird. Diese Förderung darf nicht in Form von Inseraten erfolgen und gratis Blattln gehen da einmal gar nicht, wo bleibt da die Qualitätskontrolle durch den bezahlenden Leser? Ich verstehe ohnehin nicht warum Ministerien werben müssen, wenn es interessant wäre was dort abgeht dann berichten die Zeitungen ohnehin darüber und sonst gibt es Amtsblätter und Anschlagtafeln wo diverse Änderungen verlautbart werden können. Es ist nicht einzusehen dass jeder Ministeriumsfurz berichtet bzw beworben werden muss. Auch die den Parteien vorgelagerten Vereine und Organisationen sollten nicht mit Steuergeld werben dürfen.

    • Tut mir leid, aber ich sehe den Zusammenhang nicht, dass es freie Presse nur gegen Förderung geben kann. Genau da liegt doch der Widerspruch. Man stelle sich vor, Medien würden wieder von ihren Konsumenten leben und sich damit einem Informations- und Exklusivitätswettbewerb unterziehen müssen. Dann wären die ganzen moralinsauren Volkspädagogen, deren Hauptfähigkeit das Abkopieren von ideologischem Einheitsbrei ist, bald Geschichte.

      • Wenn Zeitungen nur von den Lesern leben müssten, hätten wir lauter reisserische, populistische Schmierblätter, die das bringen, was die Leute lesen wollen, z.B. Sensations- und Gruselgeschichten. Ähnliches sieht man ja bei manchen Privatfernsehsendern.

        • Diese Leute lesen sowieso nur das TV-Programm und eben die reißerischen Artikel, die trotz Förderung die Medien überfluten. Da gibt es keinen Unterschied, mit oder ohne Steuergeld.

      • Ich denke ohne Förderungen würden Zeitungen sehr an Qualität einbüßen. Es gibt so viele andere Möglichkeiten sich zu informieren die zum Teil bequemer und billiger sind das diese einfach den Zeitungen den Grund abgraben bzw. schon abgegraben haben. Diese Medien sind jedoch meist in eher dubiosen Händen denken wir nur an YouTube Facebook Instagram Twitter und Co, gegenüber dieser Art der Wohlstandsverwahrlosung sollten vernünftige Tageszeitungen schon gestärkt werden und zwar mit öffentlichen Mitteln.

  9. Die Eigentümerstruktur der österreichischen Druckmedien ist sehr problematisch: Raiffeisen, die katholische Kirche und einige wenige Familien besitzen den Großteil der in Österreich gelesenen Zeitungen und Zeitschriften.

    Diese Tatsache muss in die Bekämpfung der Korruption im Medienbereich miteinbezogen werden.
    Mehr dazu:
    https://kontrast.at/medien-oesterreich/

  10. Die Kommentare von ForumsteilnehmerInnen sind oft geistreicher als die Kommentare von bezahlten JournalistInnen. Der Weitblick der ForumsteilnehmerInnen ist erkennbar. Bei den JournalistInnen oft nicht.

    Es gibt solche und solche, auf beiden Seiten. Aber mal ehrlich: Wenn die Kommentare der LeserInnen geistreicher sind als die Kommentare vieler ZeitungsmeinungsmacherInnen, wozu brauchen wir die dann? Die Erosion ist ja schon lang bemerkbar.

    Die “Krone” versucht mit Verweis auf Karl Kraus und Kirchschläger zu bagatellisieren: War immer schon so, brauch ma net drüber reden. War auch immer schon so, dass Beschuldigte bagatellisiert haben. “A bsoffene Gschicht” und “im jugendlichen Überschwang” (beim berufsjugendlichen über 30-Jährigen) sind Verdunkelungsversuche.

    Aber diesmal ist es anders. Mediengesetze und Transparenzgesetze und Gesetze zur Inseratenvergabe werden kommen.

  11. Leider ist das bei einigen Herausgebern noch schlimmer, da gibt es welche die senden ihren Kunden Detektive hinterher um diese dann mit ihrem Privatleben zu erpressen. Ob die Fellner dazugehören weiß ich nicht.

    Nur bei manchen Politikern ist das Privat- und Berufsleben so versaut, dass die leicht erpressbar sind. Es geht leider viel tiefer, als der Großteil der Bevölkerung weiß.

  12. Die Medien sind kein Teil der Lösung sondern ein Teil des Problems.
    Daher wird sich an der Käuflichkeit der Medien nichts – und zwar absolut nichts – ändern.
    Der “Ist-Status” ist ja nicht passiert sondern wurde mühsam und über viele Jahre erarbeitet.
    Das einzige was passieren wird: Es wird künftig diskreter, ohne digitale Nachverfolgbarkeit, ablaufen.

    Wäre es den Medien mit der ehrlichen Berichterstattung ernst, dann würden sie sich die Einkommensverhältnisse der Jahre 2020/21 von so manchem “Corona-Experten” ansehen.

  13. Wenn man sich schweren Herzens die 👑 im Cafehaus durchblättert, glaubt man das es eine Partei Zeitung der Schwürkisen ist, der Jean. Ist da die unrühmliche Spitze vom Eisberg. Noch tiefer geht’s da nimmer.

  14. Zeitungen sind Firmen. Firmen sind ÖVP-Klientel. Wie um alles in der Welt sollten also die Dinge anders liegen als sie liegen?

    • Wir sollten das jetzt nicht unbedingt nur auf die ÖVP beschränken. Ohne Inserate der SPÖ Wien gäbe es das eine oder andere Schmierblattl längst nicht mehr.

  15. Was machen die großen Medien, um Medienkorruption zu bekämpfen? Da beißt sich der Hund in den Schwanz. Sie werden natürlich alles tun, damit sie weiterhin – für entsprechende “Gegengeschäfte” natürlich – ihre vielen (und speziell unter den Kurz-Türkisen massiv angestiegenen) Werbe- und Inseraten-Mio. bekommen. Sie werden weiterhin ihren Eigentümern und Anteilseigner (wie dem türkisen und Kurz-Freund Benko, der relativ große Anteile von Krone/Kurier besitzt) nach dem Mund reden/schreiben. Tja, und der Staatsfunk bekommt ja bald auch einen türkis-eingefärbten Freund als Chef. Solange der türkise Korruptionssumpf an der Macht ist, der türkise Schattenkanzler über Köstinger ua. bei seiner türkisen Marionette Schallenberg die Fäden zieht, wird sich auch bei der Medienkorruption nichts ändern.

  16. Die 4. Gewalt im Lande ist zu einem gut bezahlten Regierungspropagandasprachrohr und zu einem Volkserziehungsorgan verkommen, die gar keine Leser/Konsumenten mehr benötigt um fett überleben zu können. Ein Traum für jeden Kommunisten, wie im herrlichen Nordkorea.

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