Freitag, April 19, 2024

Anzeige gegen Fleischmann: Scheinrechnungen für Infos über SPÖ-Wahlkampf

Anzeige gegen Fleischmann:

Die WKStA ermittelt, weil das Finanzministerium für frisierte Umfragen Scheinrechnungen ausgestellt haben soll. Medienzampano Fleischmann soll dasselbe für geheime Infos zur Causa Silberstein geboten haben.

 

21. Oktober 2021 | Juli 2017. Es ist das Wochenende, bevor der Nationalrat sich auflöst, um Neuwahlen zu ermöglichen. Doch hinter den Kulissen ist der Wahlkampf schon heiß. Das Handy von Peter Puller läutet. Der Anrufer ist Gerald Fleischmann, damals Pressesprecher von Sebastian Kurz im Außenministerium. Fleischmann und Puller kennen sich aus ihrer gemeinsamen Zeit im Kommunikationsteam der ÖVP-Bundespartei. Puller wechselte später als Sprecher und dann als Kabinettschef in unterschiedliche ÖVP-Ministerien. Zusammen mit dem Berater Tal Silberstein arbeitete er 2015 für die NEOS. Als die SPÖ Silberstein für den Nationalratswahlkampf engagierte, ging Puller mit. Doch der Kontakt zu Fleischmann riss in all den Jahren nie ab.

„Die Handys weglegen“

Der Kurz-Sprecher will einen dringenden Termin mit Puller. Der sagt zu: „Am Morgen des 17. Juli erschien ich pünktlich um 08:30 im BMEIA und wurde von einer Mitarbeiterin des Kabinetts beim Empfang abgeholt und in das Büro von Gerald Fleischmann gebracht.“

So beschreibt Puller den Beginn seines erneuten Kontakts mit Fleischmann in einem Gedächtnisprotokoll, das ZackZack und dem Podcast „Hintergrund“ vorliegt. Im Gespräch mit ZackZack bestätigt Puller, was er vor vier Jahren für seinen Anwalt notiert hatte.

Das erste Treffen zwischen Fleischmann und Puller 2017 war von Misstrauen geprägt: „Nach kurzem belanglosen Smalltalk meinte Fleischmann, wir sollen ‚die Handys weglegen‘. Fleischmann nahm noch einen Block und einen Stift mit von seinem Schreibtisch. Auf diesen schrieb er wörtlich:

Wir wissen, dass Du für die Sozis arbeitest.“ Und: „Wir bieten dir bis zu 100k, wenn du wechselst.“

So weit ist die Geschichte in ihren Grundzügen durch Recherchen des „Profil“ bekannt. Fleischmann bestätigte später, dass ein Treffen stattgefunden hatte. Doch einen Monat später, am 17. August 2017, gab es ein weiteres Treffen zwischen Fleischmann und Puller. Es ist Gegenstand einer Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft WKStA, die ZackZack vorliegt.

Das Angebot

Puller schreibt: „Am 17.8. trafen wir uns wie vereinbart im Cafe Central, wir saßen dort am letzten Tisch hinten links, gleich neben dem Eingang zur Küche. Vorbereitet vom letzten Mal hatte ich dieses Mal ein zweites Telefon dabei, bei dem ich eine Aufnahme mitlaufen ließ.“

Fleischmann will von Puller Informationen über den Wahlkampf der SPÖ, insbesondere über die Rolle von Tal Silberstein. Sein vages Angebot vom ersten Treffen konkretisiert Fleischmann nun. Er bietet Puller an, für die Informationen im Rahmen eines Beratervertrags zu bezahlen:

„Fleischmann fragte mich, was eine Beratung im Ausmaß von ein bis zwei Telefonaten wöchentlich bei mir kosten würde.“ Puller solle sich dafür „umhören, was die SPÖ plant.“

Und wie bei den frisierten Umfragen Sabine Beinschabs (die WKStA ermittelt wegen Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit) sollte über mutmaßliche Scheinaufträge bei Ministerien bezahlt werden. Pullers Spionagedienste will Fleischmann also mit Steuergeld belohnen: Er „stellte mir Aufträge aus ÖVP-Ministerien in Aussicht: ‚Und du weißt eh, nach der Wahl haben wir dann wieder einige Ministerien.‘“

Wo ist Gerald Fleischmann?

Was sagt Gerald Fleischmann zu den Vorwürfen? Der ehemalige Medienbeauftragte des Kanzlers ist seit dem Rücktritt von Sebastian Kurz abgetaucht und war auch unter Mühen nicht zu erreichen. Fleischmanns eigenes Handy ist ausgeschaltet, ein Band verweist auf Ex-Kanzlersprecher Johannes Frischmann. Doch auch der hat sein Handy seit geraumer Zeit nicht eingeschaltet. Im Kanzleramt weiß man nicht, wie Fleischmann, der dort nach wie vor als Mitarbeiter geführt wird, erreicht werden kann. Er habe auch keine funktionierende Mailadresse mehr. Wir sollten unser Glück doch bei der ÖVP-Bundespartei versuchen. Auch dort herrscht Ratlosigkeit. Man wisse nicht, wie man Fleischmann erreichen könne, wolle sich aber umhören. Der versprochene Rückruf in dieser Sache kam nie.

(tw)

Titelbild: APA Picturedesk

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56 Kommentare

  1. Der ÖVP Untersuchungsausschuss im Parlament sollte sich insbesondere auch die exakten Aufträge im Detail anschauen, die Gerald Fleischmann an den im Bundeskanzleramt unter seiner Leitung stehenden sogenannten “Digitalen Krisenstab” erteilt hat.

    Ich hielte es für sehr notwendig, dort auch einzelne Mitarbeiter unter Wahrheitspflicht aussagen zu lassen, WOMIT EXAKT sie von ihm mit Informationssuchen im Internet sie beauftragt wurden.

    (Es gilt die Unschuldsvermutung).

  2. Vorhersehbares taktisches Spiel der Familie. Zuerst die inkriminierten Personen aus dem Rampenlicht nehmen, dann zuwarten und auf die Vergesslichkeit des Pöbels und der Medien hoffen. Bei Erfolg dieser Maßnahmen kann die betreffende Person dann wieder nahtlos in seine bisher ausgeübte Tätigkeit installiert werden. Negativenfalls wird ein Abstand hergestellt (haben ich nie gekannt, war irgendein unbedeutender Mitarbeiter, etc…) und dann geopfert, bzw. ausgewechselt. (in alter schwarzer Tradition aber immer gut versorgt, um betreffende Person zufrieden-u. ruhig zu stellen)
    In einem Schachspiel fallen immer zuerst die Bauern…
    Gute Nacht Österreich!

  3. Solange das Volk dich nicht erhebt ,wird nicht viel passieren !! Nur wer Nein sagt, verändert was !!

  4. Und solche Aktionen legen den Verdacht nahe das sie etwas zu verbergen haben.

  5. Geld nimmt der Anwalt ! Macht ist weg ! Die Frau auch ? Nur der Häfn bleibt ? Hat sich das am Ende gelohnt ??

  6. Wen dieses Korrupte Pack abtaucht, sprich der Arbeit unentschuldigt fern bleibt, müsste man sofort die Bezüge einstellen .Jeder Arbeitnehmer hat mit Konsequenzen zu rechnen wenn er/sie der Arbeit unentschuldigt fern bleibt. Und dieses Korrupte Pack bekommt auch noch fürstlich bezahlt! Wie immer gilt die Unschuldsvermutung ….

    • Er wurde bis Ende November beurlaubt, so viel ich mich erinnere. Danach muss Schallenberg entscheiden, wie er mit den Beurlaubten umgeht.

  7. Ist eigentlich bekannt ob es eine entsprechende Anzeige wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch und Amtsmissbrauch in Sachen Silberstein-Abfragen?

  8. Prognose eines gelernten Österreichers: Gar nix wird passieren. Vielleich die eine oder andere bedingte. Maximal eine Fußfessel, weil der/die Verurteilte ganz zufällig einen Job bekommen hat.

    Begründung: Wir haben a) zu wenig Haftplätze und b) die eine oder andere toxische Geschichte wird sich – wenn alle Dämme brechen – auch beim politischen Mitbewerber* finden lassen.

    *Das Wiener Rathaus ist seit 1919 (mit Aushahme der NS-Zeit) in roter Hand.
    Wenn die Sozis den BM-Sessel räumen müssen, macht die Firma Reisswolf den Umsatz ihres Lebens.

  9. Sind die vlt. schon im Ausland? Ich packe es ja gar nicht mehr. Akute Verdunkelungsgefahr ist hier gegeben.

  10. Das ist wirklich eine beschämend skrupelllose Truppe. Hoffentlich werden dieser türkisen “famiglia” bald die rechlichen Grenzen samt Verurteilung aufgezeigt.

    • Der gilt nur für Wirtschaftsmagnatenschädlinge wie Tierschützer und andere Demonstranten …

  11. Tja…wie gut das wir nur Rechtschaffende Menschen in dieser Pseudoregierung haben.
    Der neue Stil sagte Kurz? Ok.

    • Also eines muss man dem Kurzn schon lassen: In diesem Punkt hat er wirklich nicht übertrieben…

      Dieser Stil IST neu! 😀

      • Der Stil ist mit Sicherheit (leider) nicht neu; dieses unverschämte, arrogante, überhebliche Auftreten diverse Vergehen als Selbstverständlichkeiten und Verallgemeinerung hinzustellen, das ist die neue VP.
        Und ein Herr Schallenberg meinte, dass er selbstverständlich die NVP der ÖVP vorzieht. Das sagt mir wiederum genug über den neuen BK aus.

  12. die christlich-soziale einstellung dieser övpler haut mich immer wieder vom hocker

      • oje, heißt das also ich brauche nicht auf die anständigen altschwarzen, über die ich in letzter zeit dauernd lese, zu hoffen

          • ja, ich hatte da leider auch schon so eine ahnung oder wie görk sagt: früher hab ich nur streifschüsse verpasst, bis man mir beibrachte das attentate tödlich sein müssen

  13. “Vorbereitet vom letzten Mal hatte ich dieses Mal ein zweites Telefon dabei, bei dem ich eine Aufnahme mitlaufen ließ.”

    Kluger Mann.

    Seid doch froh, dass die ÖVP den türkisen Korrupionssumpf nicht durch einen radikalen Schnitt schnell trockenlegen und aufklären will, sondern ihn im Gegenteil sogar noch relativieren, vertuschen und verteidigen.

    • Kluger Mann?
      Das war 2017; also hat der „Gute Mann“ inzwischen auch ein bisserl dazuverdient.
      Jetzt mit der Story um die Ecke zu kommen und die Aufnahme vorzuweisen um zu zeigen, dass man selbst nicht so ist andere Medienbeauftragten, ist genauso scheinheilig.
      Stellen Sie sich doch nur vor Herr Puller hätte diese Aufzeichnung 2017 schon rausgerückt?

      Liegt ZZ auch eine Info vor, wieviel Steuergeld zu Puller – sagen wir – „umgeleitet“ wurde?

      Egal, lieber einige Zeit abcashen; denn Skrupel haben diese Personen alle keine.

  14. Da hab ich ein paar Fragen zur Causa:
    1. Warum hat Puller den Inhalt des Gespräches vor 4 Jahren für seinen Anwalt notiert;
    2. Ist die Aufnahme vom 2. Handy auch bei Puller’s Anwalt gelandet? Warum? Vorsichtsmaßnahme?
    2. Wann wurde die Anzeige eingebracht;
    3. Gegen welche Person. Fleischmann?
    4. Anonyme Anzeige?
    5. Wer hat seinerzeit die angedachte “Kooperation” beendet? Fleischmann oder Puller?

    • 1. Kann ich leider nicht sagen.
      2. Ich glaube, nein.
      3. Weiß ich nicht, WKStA sagt so etwas nicht.
      4. Fleischmann, Melchior, Steiner.
      5. Ja.
      6. Das ist unklar. Angeblich gab es einfach keinen weiteren Kontakt.

      • Vielen Dank, Herr Walach!
        Das wird noch spannend, weil es dazu uU auch Schmid-Chats gibt…

  15. Ich dachte immer (und hab es auch einmal selber erlebt, d. h. selber mal davon profitiert – es ist allerdings schon länger her),
    dass in Österreich diese Vermengung von Staat & Partei ganz selbstverständlich läuft, wenn es um Posten und um Finanzierungen geht. Dass man in Österreich grundsätzlich nichts dabei findet, wenn gewisse Parteidinge hintenrum über staatliche Gelder finanziert werden.

    Wenn das jetzt ernsthaft politisch und juristisch in Frage steht, hat sich in Österreich was geändert.

    Ich glaub es aber im Moment nur (sozusagen) “halb”.

    Sollte Österreich es machen wie Bayern, das seine CSU-Amigo-Wirtschaft tatsächlich hinter sich gelassen hat? (FAST ganz immerhin.)

    Ich fürchte, die Hälfte der Österreicher (oder mehr als die Hälfte) denkt sich bei solchen Enthüllungen: Na und?! Es ist halt nur blöd, wenn man sich erwischen lässt.

    • Ich fürchte, mehr als die Hälfte der Deutschen – und eine deutliche Mehrheit in Bayern – lacht über den Sager, die CSU hätte ihre Amigo-Kultur eingestellt.

      Was die Österreicher angeht: der Unterschied zwischen zsammenredn und Bestechung erschließt sich dem Teutonen nicht auf Anhieb. Dabei ist wichtig, dass es funktioniert. Keiner wird massiv geschädigt, keiner muss nach der Pfeife des anderen tanzen, die Lösung ist halbseiden, aber einvernehmlich. Das türkise Konzept war etwas ganz anderes. Da hat man nicht a bissl was eingestrichen, damit was weiter geht, man hat betrogen, gelogen, gedroht, geschädigt, gestohlen, und das ausschließlich zum eigenen Wohl und für die Kassen der Gönner. Das ist eine andere Gschicht, das ist restlos überrissen, und in dieser Schamlosigkeit hat es das noch nicht gegeben. Klar, Postenschacher gehört zur Österreichischen Kultur, aber das lief immer nach Proporz. Du kriegst dies, ich krieg das, alles ist gut. Da wurde keiner in einen Posten installiert, um gezielt zu betrügen oder staatlich finanziert gegen die anderen auszureiten.

      • Österreichische (Un) Kultur perfekt zusammen gefasst und beschrieben.

      • CSU: Schauen Sie mal, wie die CSU reagiert hat, als der (durchaus nicht illegale) Maskendeal von zwei ihrer Abgeordneten publik geworden ist? SOFORT waren die beiden politisch tot. Es ist nicht klug, sich in Bayern Korruption zu leisten. Auch nicht Freunderlwirtschaft. Die Amigo-Kultur gibt es nicht mehr. (Aber durchaus Formen der Korruption, die indirekter, verborgener stattfinden. Dies aber überall in kapitalistischen Ländern. man denke an die Steueroasen, den Lobbyismus, die Belohnung von Abgeordneten NACH ihrer Amtszeit …)

        Die Türkisen konnten (bis vor kurzem) ihren Griff nach dem Staat hinter der nachlässigen freunderlwirtschaftlichen Gesinnung eines Großteils der Österreicher bequem verstecken. Sie haben schon recht, dass das türkise System schlimmer war als “bloß” die übliche Freunderlwirtschaft. Aber dass sie ihr korruptes Projekt so weit vorantreiben konnten, die Türkisen, liegt eben an der leichtsinnigen Art der Österreicher in solchen Sachen.

  16. Ist es Bestechung, wenn mir jemand 100k bietet um nicht für die Sozis sondern die Türkisen zu arbeiten?

    • Nein, bestechen kann man nur Amtsträger. Das angebotene Gegengeschäft mit den Ministeriumsaufträgen wäre aber Untreue und Amtsmissbrauch.

  17. Totstellen vor den Medien ist nicht gut weil das ist wie ein Geständnis….
    Schön das jetzt alle Figuren fallen…

  18. Wenn herauskommt, was sie sich alles herausgenommen haben, dann übersteigt das den “unlauteren Wettbewerb” bei weitem. Dass die Kommunikation weit mehr gekostet hat als die 14 Millionen € pro Wahlkampf, habe ich vermutet. Mit all den Aktivitäten geht sich das vielleicht mit dem Doppelten aus. Dass das Geld aber nicht von Spendern gekommen sein soll, das deutet dann doch auf eine Menge krimineller Energie hin.

    Die Propagandamaschine lief ja nicht nur bei Wahlen, sie lief kontinuierlich. Und sie läuft immer noch. Das kostet sehr viel Geld.

    Hoffentlich haben sie der StA ihre Adressen hinterlegt. Ich hoffe nicht, dass sie sich wie Marsalek aus dem Staub gemacht haben.

  19. Jetzt geht es Schlag auf Schlag…die Rechtsanwälte wirds freuen…ein Weihnachtgeschenk !!

  20. der fleischmann ist legende

    Welch Geistes Kind dieser Mann ist, zeigt sich in einem seiner Retweets von Gerald Grosz:

    „Die Großmutter als „Umweltsau“ als Zeichen der Politpädophilie staatlicher Medien zugunsten des Klimafaschismus der Heiligen Gretl. Einfach abscheulich!“

    https://www.hagerhard.at/echt-rot/2020/01/3523/

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