Das ist ein Unterüberschrift
Entgegen ihrer Beteuerung blockiert die ÖVP im Parlament die Auslieferung von Sebastian Kurz. Sie lehnt alle Terminvorschläge für den Immunitätsausschuss ab.
21. Oktober 2021 | Eigentlich sollte es eine Formsache sein: Damit die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz fortsetzen kann, muss der Nationalrat seine Immunität aufheben. Da die Ermittlungen nicht im Zusammenhang mit Kurz‘ Tätigkeit als Abgeordnetem stehen, ist das eigentlich eine Routineangelegenheit. Eigentlich.
Denn die ÖVP blockiert die Einberufung des Immunitätsausschusses. Dessen Vorsitzende Selma Yildirim (SPÖ) hatte die nächste Sitzung für 16. November geplant, direkt vor der Plenarsitzung. Das ist der übliche Ablauf: Der Ausschuss beschließt die Aufhebung der Immunität, das Plenum stimmt darüber als erster Tagesordnungspunkt ab und macht die Angelegenheit so offiziell.
ÖVP hat keine Zeit für Kurz‘ Auslieferung
Doch die ÖVP verweigert den vorgeschlagenen Termin. Eine Stunde von 08:00 bis 09:00 sei zu wenig Zeit. Vorsitzende Yildirim reagierte erstaunt. Unter ihrem Vorgänger seien Sitzungen von nur 15 Minuten üblich gewesen. Nun aber reiche der ÖVP eine ganze Stunde für den Formalakt nicht.
Yildirim bietet Alternativen an, Abendtermine so lang, wie die ÖVP zu brauchen glaubt. Doch die Partei blockiert jeden Vorschlag. Nicht nur der 16. November, auch der 7., 8., 9., und 15. des Monats passen der Kanzlerpartei nicht. Yildirim bietet der ÖVP sogar an, selbst einen zeitnahen Termin zu wählen – keine Reaktion.
Für ZackZack-Herausgeber Peter Pilz, selbst von 1986 bis 2019 Abgeordneter ist das „Sabotage des Parlaments“. Wenn die ÖVP mutwillig eine Einigung für einen Ausschusstermin blockiere, sei die Vorsitzende gezwungen, im Alleingang einen Termin festzulegen. Diese Möglichkeit hat Yildirim laut Geschäftsordnung tatsächlich. Es widerspricht aber den Gepflogenheiten des Parlaments, wo man sich auf Termine sonst gemeinsam einigt.
Noch letzte Woche hatte die ÖVP verlautbart, man werde einen Antrag auf Auslieferung von Klubobmann Kurz nicht nur unterstützen, sondern freue sich sogar darauf. Im Parlament hatte man daher damit gerechnet, dass Kurz bei der Plenarsitzung am 16. November ausgeliefert würde. Das versucht die ÖVP nun offenbar zu verhindern.
Selbe Taktik wie bei Beschuldigtenvernehmung
Schon um Kurz‘ Befragung durch die Ermittler der WKStA hatte es ein ähnliches Gezerre gegeben. Nachdem Kurz öffentlich verkündet hatte, er stehe den Ermittlern jederzeit zur Verfügung, hatte sein Anwalt Werner Suppan jeden Versuch einer Terminfindung blockiert. Nach Monaten hatte die ÖVP schließlich sogar via Weisung aus dem grünen Justizministerium durchgesetzt, dass ein Richter anstelle der Staatsanwälte befragt.
Am Rande einer Pressekonferenz am Donnerstag wiederholte der ehemalige ÖVP-Fraktionsvorsitzende im Ibiza-Untersuchungsausschuss, Andreas Hanger auf Nachfrage von ZackZack, dass Sebastian Kurz an einer raschen Aufklärung interessiert sei. Wann die Auslieferung genau erfolge sei „egal“.
Friedrich Ofenauer (ÖVP), Mitglied im Immunitätsausschuss, ist offenbar fleißiger ZackZack-Leser. Kurz nach Erscheinen dieses Artikels erklärte Ofenauer, die SPÖ erzähle “mit Schaum vor dem Mund” “Märchen”. Die Auslieferung von Kurz könne am 19. November beschlossen werden. Das ist der sogenannte “Reservetag” für die Plenarsitzungen am 16. und 17. November. Falls an diesen Tagen nicht genügend Zeit für die anstehenden Beschlüsse bleibt, könnten sie am Reservetag gefasst werden. Ob am 19. aber überhaupt eine Sitzung stattfinden wird, ist offen. Warum die ÖVP die Auslieferung nicht an einem regulären Sitzungstag beschließen möchte, erklärte Ofenauer nicht.
(tw)
Update: Der Artikel wurde um 12:28 um die Stellungnahme Ofenauers ergänzt.
Titelbild: APA Picturedesk