Nach VfGH-Urteil:
Ab 2022 ist das Verbot der Sterbehilfe per VfGH-Erkenntnis aufgehoben. Das Gesetz wurde repariert, es kommt eine “Sterbeverfügung”.
Wien, 23. Oktober 2021 | Schon im November des Vorjahres hob der Verfassungsgerichtshof (VfGH) das Verbot der Sterbehilfe auf. Bisher galt: Wer jemandem dazu Hilfe leistet, sich zu töten, dem drohten bis zu fünf Jahre Gefängnis. Das verstieße gegen das Recht auf Selbstbestimmung, urteilte der VfGH und hob diesen Teil des Gesetzes auf. Weiterhin verboten ist, jemanden zum Selbstmord zu verleiten.
Sterbeverfügung
Die Strafbarkeit für Sterbehilfe wurde mit 31. Dezember aufgehoben. Das Gesetz musste folglich repariert werden. Wer Beihilfe zum Suizid in Anspruch nehmen will, kann ab 2022 eine Sterbeverfügung errichten – ähnlich der Patientenverfügung. Der Zugang ist auf dauerhaft schwerkranke oder unheilbar kranke Personen beschränkt. Explizit ausgeschlossen sind Minderjährige. In Apotheken wird ein tödliches Präparat erhältlich sein. Begleitend kommt ein Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung.
Notwendig, um eine Sterbeverfügung (bei Notaren oder Patientenanwälten) zu errichten, ist die Aufklärung durch zwei Ärzte. Einer davon muss über eine palliative Qualifikation verfügen. Auch die Entscheidungsfähigkeit der sterbewilligen Person muss ärztlich bestätigt werden. Zweifelt dabei ein Arzt, so muss zusätzlich ein Psychiater oder Psychologe beigezogen werden. Auch ist vor der Errichtung der Verfügung eine Frist von zwölf Wochen einzuhalten. Ziel ist die Überwindung von akuten Krisenphasen. Sollten Personen allerdings nur eine sehr geringe Zeit (etwa wenige Wochen) zu leben haben, dann verkürzt sich diese Frist auf zwei Wochen.
Tödliches Mittel muss selbst eingenommen werden
Eine aufrechte Strebeverfügung berechtigt sterbewillige Personen, ein tödliches Präparat in einer Apotheke abzuholen. In der Verfügung kann auch eine Person bestimmt werden, die dieses Mittel für den Betroffenen abholt, etwa wenn dieser nicht mobil ist. Auch eine Zustellung durch die Apotheke ist möglich.
Das Präparat (das der Gesundheitsminister per Verordnung festlegt) muss selbstständig zugeführt werden. Sollte man nicht in der Lage sein, das Mittel oral einzunehmen (z.B. bei Schluckproblemen), ist auch eine andere Gabe, etwa über eine Sonde möglich. Allerdings muss in diesem Fall der Betroffene selbst diese Sonde auslösen. Dieser Punkt der selbstständigen Auslösung ist wichtig, da es dabei um die Abgrenzung zur aktiven Sterbehilfe geht, die weiterhin verboten ist. Betont wurde am Samstag seitens der Regierung, dass niemand verpflichtet ist, Sterbehilfe zu leisten. Auch Apotheker dürfen nicht zur Abgabe des Präparats verpflichtet werden.
Beschluss im Parlament für Dezember erwartet
Straffrei bleibt Sterbehilfe nur über den Weg des in den Apotheken künftig erhältlichen Medikaments und über den skizzierten Ablauf, betonten die Regierungsvertreter. Aber auch hier gibt es Einschränkungen: Bei Minderjährigen, aus verwerflichen Gründen (wenn man etwa aus Habgier hilft), bei Personen die nicht an einer schweren Krankheit leiden sowie wenn keine ärztliche Aufklärung erfolgt, ist auch dieser Weg verboten.
Das neue Gesetz muss noch im Parlament beschlossen werden, damit es ab 01. Jänner 2022 in Kraft treten kann. Mit dem Beschluss ist im Dezember zu rechnen.
(tw/APA)
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