Freitag, März 29, 2024

Anti-Homophobie-Gesetz in Italien verhindert – Landesweite Proteste

Landesweite Proteste

Nach der Ankündigung des Senats in Rom, Verhandlungen über das Anti-Homophobie-Gesetz einzustellen, kommt es zu Protesten in Italien. Der Gesetzentwurf hätte Gewalt gegen LGBTQI+-Menschen und Behinderte sowie Frauenfeindlichkeit als Hassverbrechen eingestuft.

Wien, 29. Oktober 2021 | Nachdem der Senat in Rom am Mittwoch nach monatelangen Debatten ein geplantes Anti-Homophobie-Gesetz gestoppt hat, ist es am Donnerstagabend in mehreren italienischen Städten, darunter Rom und Mailand, zu Protesten gekommen. Gruppen von Menschenrechtsaktivisten versammelten sich in Rom unweit des Kolosseums und protestierten gegen den Beschluss des Senats.

Volksinitiative geplant

Die Gesetzesinitiative, die nach seinem Initiator dem Mitte-Links-Abgeordneten Alessandro Zan (Partito Democratico) benannt ist, wurde zuvor von der Abgeordnetenkammer trotz monatelanger Proteste von rechtsextremen und katholischen Gruppen gebilligt. Im 315 Mitglieder zählenden Senat wurde jedoch am Mittwoch mit 154 zu 131 Stimmen für eine Einstellung der Debatte über das Gesetz gestimmt. Damit ist sie in ihrer aktuellen Fassung, die Homo-, Bi- und Transsexuelle unter besonderen Schutz stellen sollte, gescheitert. Mit der Abstimmung im Senat über das Zan-Gesetz “hat sich Italien auf eine Linie mit Polen und Ungarn begeben”, protestierte Sozialdemokraten-Chef Enrico Letta. Seine Partei sei bereit, eine Unterschriftensammlung für eine Volksinitiative über die Rechte der nicht heterosexuellen Minderheit zu starten, um auf diesem Wege das Zan-Gesetz durchzusetzen.

Vorwurf: Linke haben dagegen gestimmt

Pina Picierno, Abgeordnete der PD im Europäischen Parlament, bezeichnete die Abstimmung als “eine der schlimmsten Seiten in der Geschichte der Italienischen Republik”. Nach Ansicht der rechtsextremen Parteien, die im Senat gegen den Gesetzentwurf stimmten, hätte das Gesetz die Meinungsfreiheit unterdrückt und “homosexuelle Propaganda” in Schulen gefördert. Die Sozialdemokraten beschuldigten die in Rom mitregierende Mitte-Links-Kraft „Italia Viva“ um Expremier Matteo Renzi, den Gesetzentwurf zu Fall gebracht zu haben. Zwar habe sich „Italia Viva“ bereit erklärt, für das Zan-Gesetz zu stimmen, bei der Geheimabstimmung hätten die Senatoren der Partei jedoch gegen den Gesetzentwurf gestimmt. Auch Renzi steht im Kreuzfeuer der Kritik. Er zählte zu den vier Senatoren seiner Partei, die bei der Abstimmung abwesend waren. Die Abstimmung im Senat, mit der der Gesetzentwurf blockiert wurde, wurde von Matteo Salvinis rechtsextremer „Lega Nord“ und den „Fratelli d’Italia“ unter der Führung von Giorgia Meloni bejubelt. Auf Facebook triumphierte der „Lega Nord“-Senator Simone Pillon mit den Worten: „Bye, Bye Zan. Es gibt noch Hoffnung für Italien.“

Vatikan intervenierte

Im vergangenen Juni hatte der Vatikan in einer beispiellosen Intervention die italienische Regierung aufgefordert, den Gesetzesentwurf zu ändern, da er befürchtete, dass es die “Gedankenfreiheit” der katholischen Kirche verletzen würde. Die Debatte über die Verabschiedung des Gesetzes wurde angestoßen nachdem es zu einer Reihe von öffentlichkeitswirksamen Angriffen auf Homosexuelle und Transgender-Personen kam. Der Entwurf sah für Personen, die wegen solcher Verbrechen verurteilt werden, eine Haftstrafe von bis zu vier Jahren und eine Aufstockung der Mittel für Organisationen, die sich für die Bekämpfung von Diskriminierung und die Unterstützung von Opfern einsetzen, vor.

Menschenrechtsorganisationen erhalten jedes Jahr Hunderte von Berichten über Hassverbrechen, aber viele bleiben ungestraft. Obwohl Italien im Jahr 2016 gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften zugelassen hat, ist das Land bei der Einführung von Maßnahmen gegen Homophobie hinter seinen EU-Partnern zurückgeblieben.

(nb/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Nura Wagner
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15 Kommentare

  1. Sind Schwule und Lesben etc. sooo wahnsinnig besondere Menschen, daß man sie besonders schützen müßte?

    Manche Menschen – auch ich – haben sich auch schon aus dieser Szene belästigt gefühlt und – trotzdem nicht mit Gewalt reagiert – manchmal sogar mit bewundernswerter Geduld.

    Aus meiner Sicht braucht es sicher keine “Sondergesetze”!!!

  2. Traurig das überhaupt daran gedacht werden muss, solche Gesetze zu schaffen. Unsere ach so moderne aufgeklärte Gesellschaft. Oder geht es darum, dass man Gruppen braucht an die man den Frust und die Unterdrückung die von Oben kommt weitergeben kann? Ist das vielleicht von den Regierenden gar so gewollt damit das Volk still hält?

  3. Ach, das sind plötzlich “landesweite Proteste”. Aber dass die Bevölkerung Italiens seit Tagen in weit größerer Zahl auf der Straße ist um 3G am Arbeitsplatz zu bekämpfen, ist wurscht, das sind nur ein paar versprengte Irre?

    Wann berichten Medien wieder darüber was in der Welt passiert, und hört auf zu predigen, was passieren sollte?
    Was hat das noch mit Journalismus zu tun?

    “Haltung” frisst Journalismus.

    • Hallo, ich koche auch vor Wut, aber es gibt eben keinen Investigativen Journalismus mehr, mit den heutigen Schreiberlingen würde Watergate im Nirvana verschwinden, das sind keine Journalisten, sondern Meinungsmacher oder Arschkriecher ja nicht gegen den Mainstream aufbegehren. Sie schreiben jeden Scheiß Hauptsache die Gehirnwäsche funktioniert, dabei vergessen sie. dass sie den Ast abschneiden auf dem sie Sitzen, so verblendet muss man sein.

    • Der Glaube an die generelle Sinnhaftigkeit der “Covid-19-Impfungen” ist noch weniger ernstzunehmen!

  4. Kenne hier keine Hintergründe, aber warum braucht es eine Sondergesetzgebung für Vergehen, die ohnehin unter Strafe bzw. Ahndung stehen, wenn sie an einer bestimmten Gruppe verübt werden? Und wieso packt man Homosexuelle, Transleute, Bisexuelle usw. in eine homogene und generell bedrohte Gruppe LBQTirgendwas + Behinderte (darf man das überhaupt noch so schreiben?!), wie als wäre das eine politische Partei oder ein Fußballfanclub?

    • Wieso Sondergesetzgebung?

      Es sind Gesetze gegen gewaltbereite und gewalttätige Männer. Und ganz offensichtlich gehen die besonders gern gegen vermeintlich schwache Gruppen (Minderheiten) vor. Und dass diese Feigheit dann entsprechend streng bestraft werden soll, kann nicht das Problem sein. Denn gegen vermeintlich starke Gruppen dürfte die Gewaltbereitschaft doch geringer sein, es kommt einfach viel seltener vor.

      • Ich kenne wie gesagt die genauen Hintergründe in Italien nicht. Auch nicht den Gesetzentwurf. Dswg. sind meine Kommentare hier etwas ein Schuss ins Blaue. Aber vor dem Gesetz muss jeder gleich sein. Auch jeder Straftäter. Ein Gesetz das jede Art von Hassverbrechen gegen jede Person und Gruppe schwerer bestrafen will, wäre wohl machbar. Aber nicht nur bei Verbrechen gegen die im Artikel genannten Gruppen. Denn das würde eine Ungleichheit mit sich bringen, da es Hassverbrechen ja generell gegen jede mögliche Person und Gruppe gibt. Diese wären dann schlechter und die Täter besser gestellt. Gesetze dürfen üblicherweise Personen oder Gruppen weder bevorzugen noch herabsetzen.

        • Jeder muss vor dem Gesetz gleich sein. Dann kommt eine Zusatzstrafe wegen Feigheit hinzu. Darum geht es.

          Man will sicher nicht jeden Raufhandel mit 4 Jahren Freiheitsentzug ahnden oder? Aber man will auch nicht gezielte, absichtsgeleitete, bösartige Angriffe auf Minderheiten mit einer Diversion abfertigen und damit bagatellisieren.

  5. Wie wäre es damit JEDE Form von Gewalt als (Hass)Verbrechen einzustufen?

    Zuerst 100.000e mehr oder weniger Hardcore-Islamisten freudig beklatschen
    und dann Gesetze gegen “Frauenfeindlichkeit” verlangen.
    Das geht in mein kleines Gehirn nicht hinein 😉

    • Naja, der Begriff Hassverbrechen ist schon etwas seltsam. Ganz sicher geht es darum, eine Gruppe, die öffentlich erniedrigt wird, entsprechend zu schützen. Das sind Minderheiten und Frauen. Diese Erniedrigung beginnt ja schon vor dem Gewaltakt. Wenn das erlaubt ist, fühlen sich nicht wenige offenbar vom Gesetz angespornt, ihre erniedrigenden Parolen auf Menschen loszulassen.

      Dass die katholische Kirche da mitspielt mit all den “Hasspredigern” gegen Minderheiten, stört sie nicht?

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