Freitag, April 19, 2024

Zwei Frauen an der Spitze – Rot-rot-grüne Koalition in Graz steht

Zwei Frauen an der Spitze

Nach dem KPÖ-Erdrutschsieg bei der Graz-Wahl Ende September stellte die neue KPÖ-Grüne-SPÖ-Koalition am Samstag ihr Programm vor. Mit Wahlsiegerin Elke Kahr gibt es in Graz erstmals eine weibliche Bürgermeisterin, Vizebürgermeisterin wird die Grüne Judith Schwentner.

Graz, 13. November 2021 | Knapp sieben Wochen nach der Grazer Gemeinderatswahl ist nun eine dunkelrot-grün-rote Koalition in Graz fix. Die künftige Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr von der KPÖ hat zusammen mit der designierten Vizebürgermeisterin Judith Schwentner (Grüne) und SPÖ-Klubchef Michael Ehmann die Einigung bei den Verhandlungen Samstagmittag im Rathaus offiziell verkündet. Kahr ist die erste Bürgermeisterin der steirischen Landeshauptstadt.

“Sozial. Klimafreundlich. Demokratisch.”

Die Koalition steht unter dem Titel “Gemeinsam für ein neues Graz. Sozial. Klimafreundlich. Demokratisch.”, schilderte Kahr im “ehrwürdigen” Stadtsenatssitzungssaal, wie sie es formulierte – umgeben von den Porträts bisheriger Bürgermeister der steirischen Landeshauptstadt. Die drei Parteien hätten im vergangenen Monat “intensiv gearbeitet”, sagte die künftige Bürgermeisterin. Nun liege das Arbeitsprogramm für die Koalition vor, “ganz ohne Spindoktoren” erstellt, betonte die KPÖ-Chefin schmunzelnd. Es eröffne ein “neues Kapitel in Graz” und sei “gegen Ungerechtigkeit und Ausbeutung”. Kahr, Schwentner und Ehmann unterzeichneten das Arbeitsübereinkommen vor den Augen der Medien.

Kahr unterstrich, dass das Programm “in der Tradition des Antifaschismus, der Friedensbewegung, der Frauenbewegung und der Umweltbewegung” stehe – “das ist unser Kompass.” Ziel sei es Graz freundlicher, sozialer, ökologischer und demokratischer zu machen. Es sei ein Arbeitsprogramm für jeden, “Kinder, Ältere, Frauen, Männer, hier Geborene und Zugezogene”, so Kahr.

Nicht nur innerhalb der Koalition auch den anderen Parteien im nach Proporzsystem geregelten Stadtsenat will man auf Augenhöhe begegnen. Weiters sollen in allen Aufsichtsräten der Stadt auch alle Parteien vertreten sein. Kahr selbst setzt sich für ihr Ressort Wohnen zum Ziel, den Bau neuer Gemeindewohnungen zu forcieren, die Wohnungslosenhilfe soll ausgebaut werden und auch den Kautionsfonds will sie ausweiten.

Vizebürgermeisterin will “Stadtbild mit mehr Grün und Platz”

Schwentner betonte, dass “Soziales, Klimaschutz und Demokratie” die “Eckpfeiler der Koalition” seien und fuhr fort: “Sie werden keine Denkmäler und keine Prestigeprojekte finden, wir wollen uns dem Lebensraum widmen.” Der Umbau des Griesplatzes stehe für sie ganz oben auf der Liste. Weiters soll der Bau der Südwestlinie der Straßenbahn bis 2025 auf Schiene gebracht werden. Ein weiteres Projekt sei die Idee, für jedes Kind ein Fahrrad bereitzustellen. Da sei sowohl eine Sozial- als auch eine Mobilitätsmaßnahme. Hinzu kommen Schwentners im Wahlkampf angekündigten “grüne Meilen” und auch die Überarbeitung der Planungsinstrumente in der Stadt, Stichwort Flächenwidmungsplan. “Was wird sich ändern? Der politische Stil, mehr Transparenz, ein offener Umgang, Bürgernähe und ein Stadtbild mit mehr Grün und Platz”, sagte die künftige Vizebürgermeisterin.

SPÖ ohne Sitz im Stadtsenat

SPÖ-Chef Ehmann wiederholte, warum sich die Sozialdemokraten ohne Sitz im Stadtsenat dennoch in eine Koalition mit der KPÖ und den Grünen begibt: “Es stellte sich die Frage, ob wir wieder Opposition, wohl ohne Bedeutung, machen. Aber wir wollten gestalten und daher tragen wir die Inhalte und das Programm mit. Es sind sehr viele sozialdemokratische Themen enthalten.” Er zählte unter anderem die Reduktion der Kindergartenbeiträge und die Absicherung pflegender Angehörige auf. “Wir wollen den Ausbau des öffentlichen Verkehrs ohne Märchenbahn, sondern mit Straßenbahnen”, bezog er sich auf die geplante Mini-Metro des scheidenden Bürgermeisters Siegfried Nagl (ÖVP). Weiters wird es eine Leerstandserhebung und -mobilisierung geben und “mehr Information als Marketing” in den städtischen Blättern.

Am Freitagabend hatten noch die Parteigremien getagt und ihre Zustimmung erteilt. Vor wenigen Tagen waren bereits die Ressortaufteilungen bekannt gegeben. Die Weichen sind auch für das Stadtparlament gestellt. Der Gemeinderat wird sich am Mittwoch, 17. November um 11.00 Uhr konstituieren. Die KPÖ hatte die ÖVP (25,91 Prozent, minus 11,88) überholt und sich mit 28,84 Prozent (2017: 20,34) auf den ersten Platz gereiht. Es folgten die Grünen, die FPÖ, die SPÖ und NEOS.

(apa/mst)

Titelbild: APA Picturedesk

Markus Steurer
Markus Steurer
Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.
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25 Kommentare

  1. KPÖ-Erdrutschsieg? Kommunismus steht für das Gemeinwohl. Wenn Graz es schafft, den Funktionären der KPÖ aufzutragen, die Allmacht demokratisch durchzusetzen, ist das ein guter Weg. Graz gibt Hoffnung und ich traue der neuen Bürgermeisterin zu, einen neuen Weg zu markieren!

  2. Dann wünsche ich Graz, dass es nicht Berlin wird.

    Wobei die Grazer KPÖ noch weit vernünftiger scheint als alles, was sich in Berlin in diesem Spektrum tummelt. Aber ähnlich wie Wien ist auch Berlin in D. eine “besondere C-Nummer”…..

    Lasst’s die Leute einfach leben und sorgt dafür, dass das so angenehm ist wie möglich. Das ist Euer Job, aber keine moralische oder sonstige Mission.

  3. Dieses ausgearbetete Regierungsp[rogramm sollte Vorbildwirkung auf andere Staedte ausueben.

    Herr Ludwig, lesen Sie mit ? Oder koennen Sie nur Covid Massnahmen.?

    • Parteinahme stört? Kahr wird Ihren Argwohn lügen strafen.
      “Volkspartei”: Türkise ÖVP und SPÖ (auch FP) sind mittlerweile Begriffe, für die sich Österreich schämen darf!

  4. Gratulation an Elke Kahr! Diese Frau kann den restliche Politiker*innen im Land ein Vorbild sein. Intelligent, ein Herz für die Anliegen der Menschen, bescheiden und sehr sozial. Ich wünsche Elke Kahr von ganzem Herzen gutes Gelingen in Graz.

    • Es ist auch nicht schwer. Aber wenn ich die Milliardäre anfüttern will, muss ich den Pöbel schröpfen. Das es umgekehrt auch geht, weiss niemand mehr, da man ja von den regierungstreuen Medien zugeschixxen wird.

  5. Ich wünsche denen eine gute und erfolgreiche Zeit. Wenn sie sich selbst treubleiben, wird das auch was. Elke Kahr beherzigt das Leitungsprinzip der “Führung durch Vorbild”. Die Leute brauchen so etwas nach dem ausufernden Nepotismus und Verschleierungsmanövern der ÖVP. Möge die Macht mit ihnen sein, sie aber nicht korrumpieren und hochmütig machen.

  6. Und jetzt noch die von Nagl installierten ,aus den Ämtern entfernen ! Das wäre sehr wichtig, sonst wird sich diese Freunderlwirtschaft nie aufhören !!

  7. Super! Endlich ein Hoffnungsschimmer für diese Stadt. Wie Nagl diese Stadt zubetoniert hat, ist ja zum Kotzen! Und dass er gleichzeitig ein Immobilienmaklerbüro in der Familie hat sollte auch mal durchleuchtet werden. Ich halte das für einen Interessenkonflikt. Für mich riecht das einfach stark nach Genehmigung und Gegengeschäft.
    Hoffentlich könnt ihr viel vom Programm umsetzen. Alles Gute und bleib dir treu, Elke!

  8. Ich denke mal, das medizinische Personal wird bei den nötigen Triagen sich wohl auch dafür interessieren, welcher Patient das seine dazu beigetragen hat, in die eine und in die andere Richtung. Und gut isses !

    • Das med. Personal führt keine Triagen durch sondern der Arzt der abwägt wer die besten Überlebenschancen hat. Da wird keine moralische Wertung durchgeführt so wie sie hier andeuten wollen. Welch eine kranke Idee.

  9. Nicht nur dass zwei Damen Graz in den nächsten Jahren führen werden. Es ist so wohltuhend, lauter geerdete Menschen zu sehen und nicht wie in der Bundesregierung lauter Schnösel in Slimfit und aufgesetztem Lächeln.

    Liebe Frau Kahr, ich wünsche Ihnen und ihrer Regierung von ganzem Herzen alle Gute!

    • Das mit wohltuend trifft auch auf mich zu. Das habens wirklich gut beschrieben mit einem respektvollen Ton den man von ihnen so gar nicht gewohnt ist. Nun ahne ich auch dass ihre uns gut bekannte Ausdrucksform vermutlich rein ihrem Schleim auf türkise Slimfitschnösel und gehirngeschredderte Obertussen geschuldet ist.

  10. Herzlichen Glückwunsch an Frau Kahr und „ihre“ Stadtregierung. Möge Ihnen alles gut gelingen zu Ihrem Wohl und zum Wohl aller Grazerinnen und Grazer!

  11. welch erfreuliche alternative zur aktuellen bundesregierung.

    ich halte ganz fest die daumen, dass sich diese zusammenarbeit bewährt und ein vorbild für notwendige veränderungen für ganz österreich wird.

  12. Herzlichen Glückwunsch Frau Kahr!

    Leider kann ich die möchtegern SozialistInnen von der SPÖ nicht mehr Ernst nehmen. Es gibt dort noch einige Stimmen der Vernunft wie Herrn Krainer oder Frau Herr, aber solange Leute wie Frau Rendi-Wagner das Sagen haben ist die österreichische “Sozial”demokratie unwählbar.

    Graz ist gefallen. Wie sehen die weiteren Pläne aus? Wann fällt das “rote” Wien, in dem Ludwig denkt er ist Kaiser und lachend die Parteilinie des ÖVP Regimes mitträgt.

    Sogar die KPÖ spricht sich gegen dem Impfzwang aus. Wenn die ÖVP (und SPÖ) mit dem Spalten und dem Hetzen so weiter macht dann braut sich bei uns eine handfeste Revolution zusammen. Liebes BVT, ich analysiere nur die aktuelle Innenpolitik, kein Grund mich als “linke Zelle” zu beobachten, danke. Ich liebe meinen Innenminister.

    Hoffentlich checkt auch Restösterreich, dass die SPÖ aktuell nicht die Interessen der ArbeitnehmerInnen vertritt, sondern eine neoliberale Partei wie die US “Demokraten” wurde.

    • PRW ist keine Quotentussi wie Kurz und ein Lichtblick in der aktuellen Regierung….
      Und diese ewige vorverurteilung für jemanden wie sie die sich sichtlich bemüht ist nicht besser als die ewige lobhuldigung anderer.
      Die müssen jetzt erst mal zeigen was sie können weil bei grün wird auch nur die grosse Wortglocke geschwungen….

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