Donnerstag, März 28, 2024

KPÖ-Kahr vom Gemeinderat als Bürgermeisterin gewählt

KPÖ, Grüne und SPÖ haben Elke Kahr (KPÖ) am Mittwoch zur neuen Grazer Bürgermeisterin gewählt. Die ÖVP bezweifelt bereits ihre Amtsfähigkeit.

Wien/Graz, 17. November 2021 | Die neue Grazer Bürgermeisterin – und Nachfolgerin des seit 2003 amtierenden ÖVP-Stadtoberhaupts Siegfried Nagl – heißt Elke Kahr von der KPÖ. Sie wurde Mittwochmittag von den Mandataren von der Koalition aus KPÖ, Grünen und SPÖ mit 28 Stimmen des 48-köpfigen Gemeinderates – der sich aus Covid-Präventionsgründen in der Grazer Messe konstituiert hatte – im ersten Wahlgang gewählt. Sie nahm die Wahl an.

Arbeitertochter und Kommunistin jetzt Bürgermeisterin

46 Stimmen wurden abgegeben (zwei Mandatare waren entschuldigt), 18 waren ungültig, dabei dürfte es sich um die Stimmen von ÖVP und FPÖ handeln. 28 waren gültig.

Pflegestadtrat Robert Krotzer (KPÖ) hatte zuvor den Wahlvorschlag für Kahr eingebracht, zitierte einige Bürgerreaktionen auf ihr Wirken und hob u.a. die rund 5.300 Vorzugsstimmen für sie bei der GR-Wahl am 26. September hervor. “Mit ihr wird eine Frau, eine Kommunistin und eine Arbeitertochter aus der Triestersiedlung Bürgermeisterin. Sie hielt sich nie für etwas Besseres und hat stets das Gespräch und den Kontakt zum Bürger gesucht”, sagte Krotzer.

Die Mehrheit der Grazer habe sich trotz aller Verteufelungen Kahrs nicht “verwählt”, sondern eine klare Entscheidung getroffen. Die Verteilung der Ressorts auf die Stadtsenatsparteien drücke eine neue politische Kultur aus, das sei in Vergangenheit nicht immer selbstverständlich gewesen. Er freue sich auf eine gute Zusammenarbeit aller Parteien.

ÖVP bezweifelt Amtsfähigkeit

ÖVP-Stadtrat Kurt Hohensinner sprach vom 26. September als einschneidendem Tag für die ÖVP und Graz. Er bedankte sich bei Nagl für seine langjährige leidenschaftliche Arbeit, man blicke ohne Groll auf den Wahltag zurück, es gehe nur um die Zukunft der Stadt. Man werde ein Gegengewicht zu einer „linkslinken Koalition“ sein, sagte Hohensinner, bevor er sich direkt an die KPÖ-Chefin wandte: “Liebe Elke, ich schätze dich als Mensch und dein soziales Engagement, aber was ich in den vergangenen Jahren erlebt habe, reicht nicht für die Gesamtverantwortung.” FPÖ-Klubchef Alexis Pascuttini bezeichnete die Situation als “wenig erfreulich”.

NEOS-Chef Philip Pointner kündigte an: “Eine Opposition der Unverfrorenheit werden wir nicht machen, ich grenze mich von meinem Vorredner ab”, spielte Pointner auf die zuletzt aufgekommenen Berichte über finanzielle Unregelmäßigkeiten bei der FPÖ an. Er sei leidenschaftlicher Europäer und wolle seinen Beitrag für u.a. das transparente, unternehmerische Graz leisten, als einzige wahre Oppositionskraft stelle man aber keine politischen Blankoschecks aus.

Die Grüne Gemeinderätin Manuela Wutte sprach von einem historischen Moment: Noch nie gab es zwei Frauen als Bürgermeisterin und Stellvertreterin, spielte sie auf Grünen-Chefin Judith Schwentner an. Sie könne Hohensinner beruhigen, diese Koalition verlasse den Weg der Mitte nicht und wolle alle im Gemeinderat einbinden.

Die SPÖ wähle Kahr für ihren Zugang zu Lösungskompetenzen, wegen ihrer Persönlichkeit, wegen der Schnittmengen im Programm. In der Koalition könne man nun auch mit den vier Gemeinderäten mitgestalten, als Basis gelte der Wertekompass der Sozialdemokratie, dieser sei auch Inhalt der Präambel des Koalitionsvertrags. Natürlich wäre eine sofortige Einführung des Gratiskindergartens gut, aber angesichts der Budgetlage – doch gebe es nun erste Schritte zur Entlastung der Eltern.

(apa/ot)

Titelbild: APA Picturedesk

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19 Kommentare

  1. Kahr ist eine Gefahr für das bestehende politische System, nämlich der Plutokratie (Herrschaft der Vermögenden).

    Seit Jahrzehnten wurde der Wille von vermögenden Interessensgruppen durchgesetzt. Die Aufgabe der Politik war/ist es dem Volk den Willen dieser Gruppen als politische Ziele und auch als persönliche Ziele des/der Einzelnen zu verkaufen (das Volk zu manipulieren). Ziel war/ist es, öffentliche Mittel möglichst in die privaten Kanäle zu leiten (und private Verluste möglichst auf die Öffentlichkeit abzuwälzen, s. HAA, Finanzkrise).
    Ein großer Teil des Volkes hat diese Prinzipien vollständig internalisiert: Der Staat ist schlecht, privat ist gut, Ausnutzen der Allgemeinheit ist gut…

    Kahr hat mit ihrer Politik tatsächlich am Willen des breiten Volkes gearbeitet. Die bisherigen Profiteure mit ihren Lakaien in VP, FP und auch tw. sehen ihr Geschäftsmodell in Gefahr. Zu recht.

    Bravo Frau Kahr! Machen Sie und Ihr Team weiter so! Seien Sie ein Rollenmodell für andere!

  2. Jetzt hab ich doch glatt gelesen, die ÖVP bezweifelt Kahr‘s Korruptionsfähigkeit…

  3. Hier sind jetzt alle begeistert über den Mitte-Kurs der “Linkslinken”!
    Im Artikel lese ich: Man “könne Hohensinner beruhigen, diese Koalition verlasse den Weg der Mitte nicht und wolle alle im Gemeinderat einbinden.”
    So gefällt mir das! Machen wir die Mitte stark. Es ist das Gebot der Stunde.

  4. Hohensinner, Sie haben sich mit dieser Abwertung gegenüber der amtierenden Bürgermeisterin gerade als schlechter Verlierer und armes Würschtl geoutet – und disqualifiziert. Vielleicht machen Sie doch besser wieder die Zivildienerverwaltung bei der Lebenshilfe? Dort waren Sie vielleicht besser geparkt, nachdem Ihre „schützende Hand“ und Mentor, der Sie in Nachfolgeposition gehievt hat, die Rechnung für seine verantwortungslose, katastrophale und fragwürdige Stadtpolitik bekommen hat.

  5. bravo elke kahr, herzliche gratulation!
    graz ist zur zeit der lichtblick in der österreichischen innenpolitik. ist auch wohlverdient nach jahrelanger schwarzblauer koalition, da hat sich bei vielen ein grosser frust angestaut.
    jetzt freu ich mich, als grazer, endlich wieder einmal über die lokale politische entwicklung. 🙂🙂🙂

  6. Aha die fleißigen Steuergeldabzweiger sehen das “nicht erfreulich”. Jo eh, ihr könnt euch nicht mehr Selbstbedienen!
    Und zur zurückgezogenen schützenden Hand, -war wahrscheinlich auch ein Code an die Effen die abgezweigten Gelder schnell zu zurück zu geben…

    Frau Kahr, mit diesen Rüpeln brauchen sie ohnehin keine Zeit verschwenden. Das sind destruktive Personen und völlig unwichtig. Aber das werden sie eh schon lange wissen.
    Ihnen alles Gute!

  7. “linkslinken Koalition” sagt die Partei, die gleichzeitig andere RegimekritikerInnen als “rechtsextreme CoronaleugnerInnen” bezeichnent.

    Also laut ÖVP ist die ÖVP der einzige Weg, alles andere ist entweder linkslink oder rechtsrechts.
    ÖVP, schleichts euch endlich aus unserem Land!

    Niemand will die ÖVP, weder die Linken noch die Rechten…

    • Die meisten Österreicher sehen sich allerdings in der politischen Mitte.
      Das scheint auch die “linkslinke” Koalition zu berücksichtigen:
      Man “könne Hohensinner beruhigen, diese Koalition verlasse den Weg der Mitte nicht und wolle alle im Gemeinderat einbinden.”

      Nicht unbedingt das, was die Wüteriche im ZackZack-Forum befürworten würden.

  8. Für die ÖVP ist doch nix Amtsfähig, das sich nicht mit heruntergelassener Hose bückt sobald der Geldbeutel scheppert.

  9. und jetzt ganz fest die daumen halten
    und unterstützen wo es möglich ist, dass diese stadtregierung halten kann, was sie sich vorgenommen hat.

    das könnte dann ein beispiel für ganz österreich sein.

    • Man “könne Hohensinner beruhigen, diese Koalition verlasse den Weg der Mitte nicht und wolle alle im Gemeinderat einbinden.”

      Also, die Linkslinken sind für eine Politik der Mitte.
      Wie ich auch.

      Wie Sie auch, hagerhard?

  10. Grosse Freude, Elke Kahr IST Bürgermeisterin von Graz! Toi. Toi, Toi dem Frauen-Duo!

    Und den Herren zum Trost: auch sie wurden von Frauen geboren, das kann ja sooo schlecht nicht sein, oder?

    • Sie sind jetzt auch für eine Politik der Mitte?
      Oben im Artikel lese ich: Man “könne Hohensinner beruhigen, diese Koalition verlasse den Weg der Mitte nicht und wolle alle im Gemeinderat einbinden.

  11. “Die ÖVP bezweifelt bereits ihre Amtsfähigkeit.”
    Eine bessere Empfehlung kann sich die Frau gar nicht wünschen.

    • Noch eine Empfehlung:

      Man “könne Hohensinner beruhigen, diese Koalition verlasse den Weg der Mitte nicht und wolle alle im Gemeinderat einbinden.”
      So gefällt mir das, Piedro. Machen wir die Mitte stark! Das ist das Gebot der Stunde.

  12. Gratulation an Elke Kahr! Die Grazer Bevölkerung hat Glück, dass sie Bürgermeisterin ist. Solche Leute wünsche ich mir überall.

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