Das ist ein Unterüberschrift
Straßenhund Boji ist in Istanbul ein Star. Die Erdogan-kritische Stadtregierung nützt das für PR-Zwecke. Also versuchten Erdogan-Anhänger eine Verschwörung gegen den Vierbeiner.
Istanbul, 22. November 2021 | Straßenhund Boji kennt in Istanbul jeder. Der Streuner fährt am liebsten mit den Istanbuler Straßenbahnen durch die Stadt, gelegentlich steigt er auch auf eine Fähre um. Wenn zweibeinige Bewohner ihm begegnen, posten sie Fotos in den sozialen Medien, Boji wurde so zum Star.
Die Erdogan-kritische Istanbuler Stadtregierung stattete Boji mit einem GPS-Halsband aus, um seine Wege durch die Stadt verfolgen zu können. Außerdem bekommt Boji regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen – schon, damit er bei seinen unzähligen Begegnungen keine Krankheiten verbreitet.
Der Stadtregierung brachte das viele Sympathien ein, denn die Istanbuler sind stolz auf “ihren” gemeinsamen Hund. Anhängern des autoritären Präsidenten Erdogan ist das ein Dorn im Auge. Und so unglaublich es klingt: Sie starteten eine Verschwörung gegen Boji. Das berichtet der im Exil lebende ehemalige Chefredakteur der Oppositionszeitung Cumhuriyet, Can Dündar in seinem aktuellen Newsletter. Dündar, der mittlerweile den Exilradiosender “Özgürüz” (wir sind frei) betreibt, drohen in der Türkei Verfolgung und Haft.
Der belastende Haufen
Inhalt der Verschwörung gegen Boji: Der Hund erleichtere sich auf den Straßenbahnsitzen. Das behauptete ein regierungsnaher Account auf Twitter und postete zum Beweis ein Foto eines Hundehaufens aus der Straßenbahn.
Die Istanbuler fanden das verdächtig, denn das war noch nie passiert. Also wertete die Stadt die Überwachungsaufnahmen aus der Straßenbahn aus und siehe da: Sie zeigen einen Mann, der überprüft, ob er unbeobachtet ist, und dann jenen Haufen auf einem Sitz platziert, der später als Beweis gegen Boji dienen sollte.
Boji’nin tramvaya kaka yaptığı iddia edilmişti. Ama kameralar bize bu akıl almaz görüntüleri gösterdi, izleyin. pic.twitter.com/xLnDH7cjOb
— Murat Ongun (@Mrt_Ongun) November 20, 2021
Die Sache hat einen ernsten Hintergrund: Gefälschte Beweise gegen Regimegegner sind in der Türkei an der Tagesordnung. Immer wieder kommt es vor, dass die Polizei bei Hausdurchsuchungen belastendes Material selbst platziert.
(tw)
Titelbild: APA Picturedesk