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Wie Wolfgang Rosam Professor wurde

Eine Anfragebeantwortung von Ex-Kanzler Schallenberg legt offen, wie der ÖVP-nahe PR-Berater Rosam zu seinem Professorentitel kam. Über eine spannende Verkettung von Naheverhältnissen:

Wien, 07. Dezember 2021 | „Falstaff“-Herausgeber Wolfgang Rosam ist Professor, habilitieren musste er dafür nicht. Wie das geht? Voraussetzung sind besondere Verdienste um die Republik. Ein Dritter muss die Verleihung anstoßen, bevor eine Behörde darüber entscheidet. Bei Rosam ist das passiert. Aber unter welchen Umständen?

Eine Anfragebeantwortung von Ex-Kanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) zeigt jetzt, dass die beteiligten Personen mit Rosam gut bekannt sind. Auch die Begründung für den Titel lohnt näherer Betrachtung.

Verleger mit großzügigen Inseratengeldern

So ist von Rosams publizistischer Tätigkeit die Rede, er sei eine wichtige Verlegerpersönlichkeit. Auch als Lektor des Lehrgangs „Public Relations“ an der Universität Wien habe er „viele Generationen von Absolventen und Absolventinnen an seinem Wissen und Erfahrungsschatz teilnehmen lassen“. Herausgehoben wird von Antwortgeber Schallenberg auch, dass Rosam mit der Übernahme und Rettung des „Falstaff“ erfolgreich gewesen sei.

Das stimmt insofern, als der ÖVP-nahe PR-Berater öffentlich mit der „Internationalisierung“ seines Genussmagazins aufhorchen lässt. Rosam habe damit zum Ansehen Österreichs „auch über die Grenzen hinaus“ beigetragen, heißt es in der Anfragebeantwortung weiter. Unerwähnt bleibt jedoch, dass der „Falstaff“ im 3. Quartal des Coronajahres 2020 von der Regierung eine Viertel Million Steuer-Euro für Inserate und Medienkooperationen ausgezahlt bekam. Im Vergleich zum Vorjahr 2019 ein Plus von 438%. Das ist ein viermal höherer Anstieg als bei der ungleich reichweitenstärkeren und tagesaktuellen Gratiszeitung „Heute“.

Man kennt sich

Wie kam der Österreichische Zeitschriften- und Fachmedienverband (ÖZV) auf die Idee, Rosam als Professor vorzuschlagen? Der ÖZV habe die Verleihung für Rosam mit einem Schreiben „angeregt“, so das Kanzleramt. Das Empfehlungsschreiben des Verlages ist datiert auf 1. Oktober 2020. Es fällt noch unter die Amtszeit von Schallenberg-Vorgänger Sebastian Kurz, der damit ein Gatekeeper für den Professorentitel Rosams war. Die beiden kennen und schätzen sich. Mal lud Rosam Kurz zu einem edlen Dinner mit dem mittlerweile inhaftierten Ex-Wirecard-Boss und ÖVP-Finanzier Markus Braun ein. Ein anderes Mal haute sich Rosam für Kurz öffentlich ins Zeug, etwa bei „Puls 24“-Duellen. Eine gute Voraussetzung also, auch wenn Rosam das nicht so sieht. Er führe den Professorentitel außerdem gar nicht. Warum er ihn dann angenommen hat? Das gehöre sich, so Rosam, der bereits vor unserer Kontaktaufnahme von den Recherchen erfahren hat und sich zunächst per SMS meldet.

Der ÖZV wiederum wird von Gerald Grünberger geleitet. Rosams „Falstaff“ ist Mitglied in seinem Verband. Laut Rosam stehe Grünberger in keiner privaten Beziehung mehr zu seiner Ex-Frau Silvia Grünberger, ihrerseits Partnerin von Rosam bei „Rosam.Grünberger Change Communications“. Sein Naheverhältnis zu Frau Grünberger habe gar nichts mit der Anregung des ÖZV zu tun, sagt Rosam. ÖZV-Chef Gerald Grünberger lässt auf Nachfrage ausrichten, dass er strikt zwischen Beruflichem und Privatem trenne. Der „angenommene Familienstand“ mit Silvia Grünberger bestehe nicht. Außerdem sei es langjährige Tradition des ÖZV, „verdiente Verlegerpersönlichkeiten für ihr langjähriges publizistisches Wirken mit sichtbaren Auszeichnungen zu bedenken“.

Gutachter mit späteren Firmenanteilen

Spannend ist auch die zweite Referenz für Rosams Professorentitel. Neben dem ÖZV ist das Marketing-Professor Dieter Scharitzer. Er lehrt an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU). Das Kanzleramt habe ihn mit einem Gutachten beauftragt, weil er Rosam „durch viele fachliche Berührungspunkte kenne“. Gegenüber ZackZack erwähnt Scharitzer zahlreiche Vorträge, Lehrgänge und Kampagnen als Beleg dafür, Rosam beurteilen zu können. Wie auch „bei anderen Stellungnahmen üblich“, habe es ein persönliches Gespräch mit Rosam gegeben. Dort sei auch ein aktueller Lebenslauf des Gourmet-Publizisten übermittelt worden. Aufseiten des Kanzleramtes habe er, so Scharitzer, nur mit der Stabsstelle für Medien korrespondiert. Das war damals der Verantwortungsbereich von Kurz’ Mediendompteur Gerald Fleischmann.

Auf die Frage, ob die WU über das Gutachten Bescheid wusste, sagt Scharitzer, er habe in seiner Rolle als Fachexperte „auf meinem Instituts-Briefpapier mit dem Logo der WU an das Bundeskanzleramt nach bestem Wissen und Gewissen“ geantwortet. Die gutachterliche Stellungnahme sei „völlig unentgeltlich“ erfolgt und „es war damit auch nicht irgendein anderer Vorteil von Dritten verbunden oder versprochen“. Zum Zeitpunkt des Gutachtens (Oktober 2020) habe überdies keine wirtschaftliche Verbindung mit Rosam bestanden. Das stimmt. Die beiden sind erst seit 2021 geschäftlich miteinander verknüpft. So ist Scharitzer Geschäftsführer der TQS Research & Consulting. Die Firma hält laut Firmenbuch 40% Anteile an der CR Change Research GmbH, während die anderen 60% auf die Agentur von Rosam und Grünberger fallen.

Scharitzer war vor seiner WU-Zeit übrigens Interimsmanager bei Karmasin Motivforschung, deren ehemalige Leiterin, Ex-Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP), Beschuldigte in der Inseratenaffäre ist. Karmasin, für die die Unschuldsvermutung gilt, kennt wiederum Rosam gut (siehe Titelbild). Die beiden hatten mit einem weiteren Partner die Sophie Karmasin Market Intelligence GmbH gegründet.

Rosams Erklärung: FPÖ-Kampagne

Rosam gibt im Gespräch mit ZackZack aber zu verstehen, dass „Gutachten von jemandem geschrieben werden, der einen kennt. Das ist ja die Voraussetzung.“ Der ÖVP-nahe PR-Spezialist hat auch eine Erklärung dafür, „warum das Thema überhaupt aufkommt“. Demnach sieht er sich als Opfer einer blauen Kampagne. Der Impfstreit mit Kickl sei laut Rosam das Motiv der Professoren-Anfrage von Michael Schnedlitz (FPÖ): „Der einzige Skandal ist, dass die FPÖ, Kickl und seine Schergen jeden (ihn, Anm.) verfolgen, der es wagt, den Impfstatus des Herrn Kickl zu hinterfragen.“

Dass es nicht um das vermeintliche FPÖ-Motiv, sondern um die Antworten Schallenbergs zur Titelverleihung geht, sieht Rosam nicht. Man müsse sich fragen, ob man sich als Medium instrumentalisieren lasse. Immerhin habe bis jetzt noch kein Journalist über die Hintergründe seines Professorentitels berichtet.

(wb)

Titelbild: APA Picturedesk

Ben Weiser
Ben Weiser
Ist Investigativreporter und leitet die Redaktion. Recherche-Leitsatz: „Follow the money“. @BenWeiser4
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