Freitag, März 29, 2024

EZB plant Ausstieg aus Pandemie-Krisenmodus

Geht es nach den aktuellen Plänen der EZB, dann soll der Geldhahn im Frühling 2022 zurückgedreht werden. Geldpolitisch wäre das der Ausstieg aus dem Corona-Modus.

Wien, 13. Dezember 2021 |Angesichts der starken Inflation im Euroraum will die EZB die mit Ausbruch der Corona-Pandemie eingeleitete große Geldflut allmählich eindämmen. Für die Zinssitzung am Donnerstag ist ein Beschluss des EZB-Rats zu erwarten, das als Kriseninstrument geschaffene Anleihenprogramm namens PEPP nach gut zwei Jahren ab April 2022 abzuschalten.

Raus aus aktuellem Modus?

Diese Liquiditätsschleuder mit einem Gesamtumfang von 1,85 Billionen Euro hat Wirtschaft und Finanzmärkte nach den Lockdowns über Wasser gehalten. Damit es nach Entzug der Krisenhilfe nicht zu Verwerfungen an den Märkten kommt, soll es einen reibungslosen Übergang geben. Dabei dürfte das kleinere Anleihenprogramm APP in neu justierter Form das Mittel der Wahl sein.

Wie Reuters von Insidern erfuhr, laufen die Überlegungen in der EZB-Führungsetage darauf hinaus, dass bereits im Oktober 2014 als Konjunkturstütze eingeführte Asset Purchases Programme (APP) im Umfang von zurzeit 20 Milliarden Euro pro Monat neu aufzustellen. Dabei will sich die EZB sowohl beim Umfang als auch für den Zeitraum der Zukäufe strikte Grenzen setzen und wohl keine Festlegung über 2022 hinaus vornehmen.

In jedem Fall dürften die Anleihenkäufe der EZB ab April deutlich geringer ausfallen als derzeit mit PEPP und APP zusammen. Als eine Option gilt, für APP einen Gesamtumfang – im Fachjargon Envelope genannt – für die Zeit bis Ende 2022 festzulegen oder aber das Programm aufzustocken. Laut Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer könnte die EZB nach dem Ende des PEPP über eine flexible Handhabung des APP weiter Anleihen im Wert von rund 40 Milliarden Euro pro Monat erwerben: “Damit wird sie wohl auch 2022 die gesamten Haushaltsdefizite der Euro-Staaten durch ihre Nettoanleihekäufe finanzieren.”

Der scheidende Bundesbankchef Jens Weidmann, der Ende des Monats vorzeitig abtritt, hat zu diesem Thema mehrfach mahnend den Zeigefinger gehoben. Die umfangreichen Anleihekäufe machten die Zentralbanken des Eurosystems zu den größten Gläubigern der Mitgliedstaaten. Dadurch seien Geld- und Fiskalpolitik enger miteinander verflochten worden und Anreize für solide Staatsfinanzen geschwunden.

Nur langsame Veränderung

Auch DWS-Volkswirtin Ulrike Kastens erwartet, dass die EZB den Geldhahn nächstes Jahr noch recht weit geöffnet hält. Längstens bis Ende 2022 sei zusätzlich zu den monatlichen Ankäufen im Rahmen des APP mit einem Envelope von etwa 150 bis 200 Milliarden Euro zu rechnen. “Dies könnte der EZB Flexibilität geben. Ohnehin dürfte die EZB an ihrer Praxis festhalten, für das jeweils kommende Quartal ein beabsichtigtes Ankaufvolumen zu avisieren”, so die Ökonomin. Alles in allem wäre dies aus ihrer Sicht ein erster wesentlicher Schritt heraus aus der sehr expansiven Geldpolitik. Die EZB hat signalisiert, dass zuerst der Ausstieg aus den Anleihekäufen abgeschlossen werden soll, bevor die Zinswende folgt.

Die auf Preisstabilität ausgerichtete EZB sieht sich zurzeit mit einem in der Geschichte der Eurozone nie da gewesenen Inflationsproblem konfrontiert: Kräftig gestiegene Energiepreise haben die Inflation im November auf ein Rekordniveau von 4,9 Prozent getrieben. Die neue Coronavirus-Variante Omikron bereitet weiteres Ungemach. Laut EZB-Vizechef Luis de Guindos, der sich nach einem positiven Corona-Test am Wochenende in Selbstisolation begeben hat, erhöht die neue Mutante die Unsicherheit bei der Wirtschaftsentwicklung. Vertreter einer eher straffen Linie dringen angesichts der vielen Unwägbarkeiten darauf, dass sich die EZB nicht über das kommende Jahr hinaus festlegt.

Inflation wird sich nur langsam beruhigen

Laut Insidern ist es nun aber nötig, die Eckpfeiler für APP zu setzen. Auch eine Entscheidung zum Abschalten des im März 2020 beschlossenen Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) ab dem Frühjahr sei unausweichlich. Doch will man sich wohl eine Hintertür offen lassen: Die EZB dürfte signalisieren, dass das PEPP für den Fall unerwünschter Marktturbulenzen wieder aktiviert werden könne. Immerhin bleiben in dem riesigen Arsenal über den 31. März hinaus wohl noch rund 100 Milliarden Euro an ungenutzter Munition im Kampf gegen die Folgen der Krise übrig.

Der österreichische EZB-Ratsvertreter Robert Holzmann geht davon aus, dass sich bei der Inflation möglicherweise erst Mitte nächsten Jahres zeigen wird, wie stark sie zurückgeht. Die Geldpolitik bewege sich praktisch auf eine Nebelwand zu und müsse daher auf Sicht fahren. KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib verweist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der anstehenden neuen EZB-Prognosen, die erstmals bis 2024 reichen. Vor allem auf die mittlere Frist, also die Jahre 2023 und 2024, werde es ankommen. “Nähern sich die Inflationsraten hier nachhaltig den von der EZB anvisierten zwei Prozent, ergibt sich daraus möglicherweise ein Zeitfenster für Zinsschritte und eine schrittweise Einstellung der Kaufprogramme”, so die Ökonomin. 2022 ist es laut EZB-Chefin Christine Lagarde für die Zinswende aber wohl noch zu früh – eine Anhebung sei sehr unwahrscheinlich, betonte die Französin mantra-artig.

(apa)

Titelbild: APA Picturedesk

LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

10 Kommentare

  1. Ein gefährliches Spiel, dass die (nicht demokratisch legitimierte) EZBChefin da spielen muss. Einerseits bevorteilt die Nullzinspolitik die schwer maroden Staaten bei der Bewältigung ihrer Schuldenlast-gleichzeitig mit dieser Maßnahme und der Beibehaltung der ungehemmten Geldflüsse, steigt die Inflationsgefahr. Bezahlen muss wie immer der Pöbel, die Spirale dreht sich jedoch gefährlich schnell nach unten. Den Eliten kann,s egal sein, denn sie profitieren (noch viel mehr) auch in Krisenzeiten.
    Gute Nacht Europa!

  2. Noch mehr und noch länger Umverteilung von unten nach oben……
    Blutsauger!

  3. Die Teuerung ist schön langsam wirklich atemberaubend bei manchen Dinge und dazu noch die Nullzinspolitik seit vielen Jahren auf Sparvermögen. Es ist ein Witz wie wir ausgenommen werden.

  4. was jetzt?

    ist plandemie vorbei..
    oder
    …eh ned so gefährlich?

    – ich frag nur so wg der impfpflicht…

    • Wenn eine EZB Oberste sagt, die auch schon die EZB super im Griff hat, die Covid Pandemie ist vorbei, dann hat das jeder zu Glauben. Und Aus.

  5. ich bin schon neugierig auf die nun kommenden postings der zackzack-forumsspezialisten.

    wer aller vom virologen zum geldfachmann mutiert.
    und wer beides gleichzeitig in vollendung ist mit der alleinigen wahrheit.

    ich hab da ein paar der üblichen verdächtigen auf der liste.

    • Ich weiß, das Österreich bald 9,2 Milliarden für CO2 Zertifikate rausballern muß (anstatt für erneuerbare Projekte in Österreich) weil die Klimaziele nicht erreicht werden. So als “Geldfachmann” gesprochen.

Kommentarfunktion ist geschlossen.

Jetzt: Polizeiäffäre "Pilnacek"

Denn: ZackZack bist auch DU!