Donnerstag, April 25, 2024

Stadtstraßen-Camp: Stadt Wien droht jungen Umweltschützern mit Klage

Stadtstraßen-Camp

Der Konflikt zwischen der Stadt Wien und den NGOs, die sich gegen den Bau der Stadtstraße wehren, spitzt sich immer weiter zu. Am Freitag gingen Anwaltsbriefe an mehrere Umweltschutzativisten raus: Die Stadt Wien werde klagen, sollte das Camp nicht umgehend geräumt werden.

Wien, 13. Dezember 2021 | Nach der Lobautunnel-Absage befindet sich Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) mit den Umweltschutzaktivisten endgültig im Clinch. Mittels Anwaltsschreiben hat die Stadt Wien am Freitag zahlreiche Umweltschutzorganisationen, Einzelpersonen und Initiativen aufgefordert, die Demonstrations-Camps gegen die Stadtstraße in der Donaustadt sofort zu räumen. Anderenfalls würden rechtliche Schritte eingeleitet und die “entstandenen Schäden” von den Aktivisten eingefordert werden. Zahlreiche NGOs verurteilten am Samstag die “Einschüchterungsversuche gegen die Zivilgesellschaft” sowie die Drohung mit Millionenklage.

Aktivisten harren in Camp aus

Um was geht es genau? Der Lobautunnel wurde zwar abgesagt, die Wiener „Stadtstraße“ soll dennoch kommen. Die 3,2 Kilometer lange Gemeindestraße mit Höchsttempo 50 soll die Seestadt Aspern mit der Nordostumfahrung verbinden und laut der Stadt auf jeden Fall gebaut werden. Doch auch das soll verhindert werden. Die großteils jugendlichen Aktivisten haben das Baustellenareal bei der U2-Station Hausfeldstraße besetzt. Im Protest-Camp “Wüste” harren sie auch bei Eiseskälte aus, ZackZack hat ihnen letzte Woche einen Besuch abgestattet.

Die Bagger sind im Camp “Wüste” bereits vorgefahren (Bild: Flo Bayer)

Anwaltsschreiben auch an Minderjährige

Bereits am Donnerstag war die Polizei im Camp und hat es für aufgelöst erklärt. Am Freitag folgte dann der Anwaltsbrief an die Aktivisten, in dem Rechtsmittel und Schadenersatzklage angedroht werden. Verfasst wurde das Schreiben von der Kanzlei des ehemaligen SPÖ-Abgeordneten und Justizsprechers Hannes Jarolim. Darin wird festgehalten, dass der Allgemeinheit durch das “rechtswidrige Verhalten und die Verzögerung der Bauarbeiten immens hoher Schaden” entstehe. Die Stadt Wien sei verpflichtet, “diese Schäden von den Verursachern einzufordern”.

Von den Klagsdrohungen betroffene NGOs wie Fridays for Future, Südwind oder Greenpeace kritisierten das Vorgehen Ludwigs scharf. Auch die Organisationen Jugendrat, System Change not Climate Change sowie Extinction Rebellion äußerten sich negativ über die Briefe, die zum Teil auch an Minderjährige verschickt wurden, was vor allem im Netz auf Empörung stößt.

Greenpeace: Ludwig soll “Eskalationskurs sofort stoppen”

Laut den NGOs erhielten auch Initiativen, die gar nicht an der Besetzung beteiligt sind, das Anwaltsschreiben. Ihnen allen werde “pauschal mit existenzbedrohenden Klagen in Millionenhöhe gedroht”, kritisierte Greenpeace. Die Aktivisten betonten, sich nicht einschüchtern zu lassen und weiter gegen die Stadtautobahn zu demonstrieren.

Die Umweltschutzorganisation forderte Ludwig auf, “seinen Eskalationskurs sofort zu stoppen und sämtliche Klagsdrohungen umgehend zurückzuziehen”. Außerdem müsse der Bau der vierspurigen Stadtstraße auf Eis gelegt und das Gespräch mit den Kindern und Jugendlichen gesucht werden.

Jarolim: Schreiben noch “gelindestes Mittel”

An die 45 Briefe seien rausgegangen, sagte Jarolim am Montag im Ö1-Mittagsjournal. Jarolim bestätigt, dass auch Personen, die die Besetzer lediglich zum Weitermachen motiviert haben, ein Schreiben “zur Information” bekommen hätten. Diese hätte man über Social Media ausfindig gemacht.

Doch warum droht man auch Personen, die nur als mentale Unterstützer fungieren, mit einer Millionenklage? Bei dem Schreiben handle es sich nicht um eine Millionenklage, sondern um das “gelindeste Mittel”, der Stadt bleibe sonst nur die Räumung durch die Polizei, argumentiert Jarolim.

“Bei allem Verständnis für Anliegen junger Menschen, aber hier geht es nicht um die Lobau, es geht um keine Autobahn, es geht schlichtweg um eine 3,2 km lange Gemeindestraße. Diese verbindet das neue Stadtentwicklungsgebiet Seestadt Aspern mit der Südosttangente. Die Straße ist behördlich in der Umweltverträglichkeitsprüfung als Auflage vorgeschrieben – ohne Stadtstraße kein Weiterbau in der Seestadt Nord, das sind die Fakten”, hielt auch Verkehrsausschussvorsitzender Erich Valentin (SPÖ) den NGOs entgegen. Wer die Stadtstraße verhindere, verhindere den Bau zigtausender leistbarer Wohnungen für Wien: “Und das kann die Stadt Wien nicht zulassen.”

Im Rathaus wird nun hektisch zwischen SPÖ und NEOS beraten, wie weiter vorzugehen ist. Wenn eine Räumung durch die Polizei verhindert werden will, bleiben wohl nur Dialog und Überzeugungsarbeit. Die jungen Umweltschützer werden jedenfalls nicht weichen, bis auch der Bau der Stadtstraße abgesagt wird, heißt es seitens des Protestcamps.

(mst)

Titelbild: Flo Bayer/APA Picturedesk

Markus Steurer
Markus Steurer
Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.
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30 Kommentare

  1. Liebes Forum, für mich war klar, wenn ZackZack beginnt im großen Ausmaß zu zensurieren, bin ich weg!
    Der Punkt ist erreicht!
    Die Objektivität in den Artikeln war schon lange tot, aber das Forum war noch ein großer Pluspunkt.
    Aber vorbei ist vorbei, jetzt gibt es keinen Grund mehr sich auf diese Seite zu verirren.

    Habt Spaß am Leben!
    Euer Zappadoing

    • Ich dachte schon, in naiver Leichtgläubigkeit, es läge vllt an igdeinem “Verbindungsfehler”.
      Sollte sowas nochmals vorfallen, werden PP, TW und Co. nicht nur mehr auf meine Wort” spenden” verzichten.

  2. Interessant wenn man bedenkt dass Google einer der größten Umweltverschmutzer der Welt ist über seine Serverfarmen. Eine blöde Anfrage über das Wetter morgen kostet soviel CO2 wie 22km Autofahrt und da wird aber gar nichts gesagt. Hinzu kommt bei der Geschichte noch die Herstellung der Hardware und deren Entsorgung da können wir Diesel tuckern bis ins Jahr 2600 bringen wir diese CO2 Bilanz nicht zusammen. Aber Internet Riesen sind Grün und Pharma ist grün und Grossaktionär ist grün und Globalisten sind grün, denn Faschisten sind grün. Gewessler geh Scheissen!

  3. Demokratie und Gesetze scheinen hier lediglich für Türkise und Impfunwillige zu gelten, wenn es jedoch um linksradikale Umweltschützer geht, gelten weder Gesetz noch Ordnung.

  4. Es können in Wien nicht alle in Bobostan wohnen, oder es sich vorallem leisten.
    Wien braucht mehr leistbaren Wohnraum und dazu braucht es auch Anbindungen.
    Wer z.B. jeden Tag über den Grünen Berg zur Arbeit in die SCS staut, weiß worum es geht. Oder haben die Menschen die in der Seestadt leben kein Recht ein Auto zu besitzen, in den Urlaub zu fahren etc. pp..bzw. dürfen dort keine Arbeitsplätze entstehen? Welcher Betrieb wird sich dort ansiedeln, wenn er nicht die Möglichkeit hat etwas mit dem Auto zu transportieren?
    Ich bin auch für Klimaschutz usw., solange es auch realistisch bleibt und nicht nur Bobos es sich leisten können. Ich habe in vielen Großstädten dieser Welt gelebt, aber in nicht viele gibt es eine so großartige Lebensqualität wie in Wien. Ich kann dieses Wien bashing nicht mehr hören.

    • Hm, ich muss mal einen Widerspruch einlegen.

      Durch das Pariser Klimaabkommen, das erst nach Planung zustande gekommen ist (leider), wird der Auto-Bestand auf etwa 50% von heute zurückgehen. Ist immer noch mehr als in den 70iger Jahren. Es gibt zwei Ursachen dafür: 1. Der Co2-Ausstoß muss reduziert werden, heizen wird man weiter (in Wien eben mit Gas) müssen, also kann man es nur beim Auto. 2. Die Autoindustrie geht davon aus, dass sie dauerhaft maximal 50% des heutigen Bestandes zur Verfügung stellen werden können. Drum wollten sie alle keinen Umstieg.

      Argument Arbeitsplätze: Für den Bau von Seilbahnen, Straßenbahnen etc. für den Personenverkehr werden ebenso viele Arbeitsplätze geschaffen/erhalten wie für die Straße. Eher sogar mehr. Für den Betrieb sind aber mehr Arbeitsplätze auf Dauer.

      Güterverkehr auf Schiene: Da könnte man statt des Lobautunnels (2 Milliarden € liegen nun rum, die der Bund schon verplant hatte) gut ausbauen.

      Auch beim Güterverkehr wird für Kleinunternehmer noch ne Menge Einsparung an KFZ sein. Auch betrieblich kann man sharen und tut es auch schon (aber nur sehr wenig).
      tadt
      Ich sehe da keine wirklichen Argumente für die Stadtstraße, denn es gibt sinnvollere Alternativen. Abgesehen davon, dass Frau Sima immer sagte: Ohne Lobautunnel ist die Stadtstraße sinnlos.

      Mich würde wirklich interessieren, wie man die Co2-Reduktion bis 2030 hinkriegt. Da habe ich noch keine Konzepte gesehen. Zudem ist die Stadtstraße in der Kalkulation von einer 30% Erhöhung des Verkehrs ausgegangen. Wenns die Autos nicht geben wird, dann stimmt die Kalkulation nicht mehr. Und bei 50% Bestandsreduktion wird die Stadtstraße zum Millionengrab. Wenn sich aber die Pariser Klimaziele ausgehen, wenn die Stadtstraße gebaut wird, dann denke ich nochmal drüber nach.

      Zum Bobo-Konzept: Bobos wählen ganz viel SPÖ. Und ja, die Stadtstraße nicht bauen und innerhalb des Gürtels den Individualverkehr verbieten (ausgenommen Transporte und Einsatzfahrzeuge) würde alle gleichermaßen treffen und die Klimaziele zu erreichen helfen, es wäre nur gerecht. Innerhalb des Gürtels ist eigentlich alles zu Fuß erreichbar: 6km Fußweg = 60 Minuten. Mit Öffis braucht man meist so 30 bis 40 Minuten dafür. Einkaufswagerl werden wieder florieren.

  5. “Wien muss wachsen! Wien muss wachsen! Wien muss wachsen!” Das ist die Wurzel allen Übels, in Wien und anderswo…

    • Na so eine Überraschung auch … die Bevölkerung explodiert und die Städte schrumpfen trotzdem nicht ?

  6. Die Weitsicht der Wiener SPÖ in Sachen Covid-Politik ist beeindruckend. Die Kurzsicht der Wiener SPÖ in Sachen Klimapolitik ist erschütternd.

    Wo Sima dahinter steht, da wird es ein Desaster? Vielleicht verstehen es viele in der SPÖ noch nicht ganz so richtig: Das wird euer Hainburg. Gebt euch geschlagen und baut die Öffis aus, lasst den Mumpitz und gut ist. Überlegt euch klimaneutrale Ausbauten. Mit jedem Tornado mehr wird die Glaubwürdigkeit an Autos sinken, wie mit jeder Welle die Glaubwürdigkeit sinkt, dass die Epidemie vorbei ist.

    Es geht um unser Steuergeld. Auch da.

    • Die selben Kursichtler demonstrierten gegen die Süd- und Westautobahn, gegen Speicher- und Flusskraftwerke, gegen die U-Bahn und gegen die Südosttangende … ewige Grüninnenverhinderer halt wie immer.

  7. Unnötige Fairness der Kommune ! Gedankt wird’s sowieso nicht, also warum nicht gleich mit der vollen Breitseite draufhalten …wegen der Prävention warrats … Respektlosigkeit vor fremdem Eigentum und Besitz … sollen sich erst mal selbst was schaffen, dann können se ja bei sich selbst zuschaun wie ein paar Gammler meinen den Kommusozialismus etablieren zu müssen …

  8. Seinerzeit in der Au hat der Benja die Gewerkschaftstruppen (Bauarbeitergewerkschaft) zur Unterstützung der gendamarie in die Au beordert um uns Studentenpack zu vertreiben.
    Da sind Anwaltbriefe als “Waffe” der Funktionäre schon beindruckend /sarc off.
    Politiker konmen zunehmend an ihre geistigen Grenzen. Die Junktimierung “Ohne Strasse keine 60.000 Wohnungen” ist bullshit. Genau wie der beliebte Ausspruch: “Das ist leider alternativlos”
    Wie wäre es mal mit Denken in Szenarien und Optionen, da würden vmtl zehn andere für alle Beteiligten (ausser den Lobbyisten) tragbare und gangbare Lösungen rauskommen. Das Szenario geht vom Extrem autofreier integrierter work/life-Stadtteil über einem Mix-Mode mehrerer Verkehrsträger bis zum mE verrücktem Szenario mit 90.000 Abstellplätzen/Garagen/Verkehrsflächen für die 60.000 Wohnungen. Aber Wien ist eben anders – weiter betonieren bis es kein Grün mehr gibt. (siehe Entwurf Wiener-Berg und IST-Zustand 2021)

  9. Eine kleine Nebenbemerkung zu den beiden armen Minderjährigen aus Mödling: “… Sie seien vom Jugendrat, der die Besetzung bei der Polizei mitangemeldet hatte, als Sprecherinnen genannt worden, sagte Jarolim zu Mittag gegenüber Radio Wien: „Es war sicherlich nicht die Absicht, 13- und 14-Jährige anzuschreiben. Das ist überhaupt kein Thema. Aber wenn die dann als Sprecher bekanntgegeben worden sind, ist es auf der anderen Seite wieder verständlich.“

    Tja, das müssen ich die beiden wohl mit Lena Schilling ausmachen.
    Vielleicht schwitzen aber gerade die Eltern dieser armen, minderjährigen “Kinder und Jugendlichen” aus Mödling.

  10. Man merke,
    Anwaltsschreiben an Minderjährige, GAAAANZ BÖSE!
    Verwaltungsstrafbescheide an Minderjährige, VOLLKOMMEN IN ORDNUNG!

  11. Der ist doch nett, da lässt er vorher wenigstens einen Brief schreiben. Bei Menschen, die für die Grundrechte campieren, kommt gleich die Abrissbirne.

  12. man bekritelt also, dass das schreiben auch an minderjährige ging – gegenfragen: warum treiben die sich dort überhaupt herum? wie sieht es mit der elterlichen aufsichtspflicht aus?

    • Kommen aus Mödling, wohnen wahrscheinlich in einem Einfamilienhaus mit Doppelgarage, brauchen keine leistbaren Wohnungen und stehen nicht jeden Tag im Stau. Wieviele Arbeiterkinder werden an dem Protestcamp beteiligt sein?
      Aus dem warmen Nest hinausspucken ist leicht, aber die andere Seite der Medaille sehen ist schon schwieriger.

    • Gebe ich Dir teilweise recht. Aber was soll er , Deiner Meinung nach, gegen die Camper tun?
      Sie da lassen? Das kostet echt viel Geld.
      Und irgendwann schaukelt sich das dann , unnötigerweise, hoch.
      Schwierig

      • man könnte in wien vernünftige verkehrspolitik machen.
        mehr öffis
        ausbau von carsharing
        eine gscheite city-maut
        usw.
        jetzt eine autobahn zu bauen, die in 10 bis 15 jahren niemand mehr braucht ist eher kontraproduktiv.
        das seh ich ähnlich wie den bau der 3. piste in schwechat.

        • Bei der 3. Piste bin ich bei Dir.
          Nur wenn da Wohnungen für 60.000 gebaut werden sollen, braucht es eine Straße dahin. Ob es eine Autobahn sein muss, bin ich mir auch nicht sicher. Selbst bei Ausbau der Öffis, bekommst Du niemals alle weg vom Auto.
          Das ist, leider, Realität.

          • es gibt auch keine autobahn zur grossfeldsiedlung.
            natürlich muss es eine ordentliche infrastruktur geben – aber eine autobahn?
            und 60.000 wohnungen?
            glaub ich einfach nicht.
            es gibt alternativvorschläge wie u-bahn, s-bahn usw.

            noch ist das auto das bevorzugte verkehrsmittel. aber ich glaub, das wird sich ändern bzw. es wird anders genutzt werden.

            und ich glaub, dass eine ordentliche – am besten europaweite – maut eine nutzungsänderung bewirken könnte. also gestaffelt nach uhrzeit, fahrzeug, anzahl der beförderten personen usw. – lässt sich technisch machen.

            und wenn ich mir anschau, dass jeden tag ca. 200.000 pkw von pendlern nach wien kommen, frag ich mich, wie lang wien das noch aushalten kann und wird.

          • Wie gesagt, Autobahn muss sicher nicht sein. 60.000 Wohnungen ist Info Gemeinde Wien. Obs stimmt?
            Ich weiß es auch nicht.

          • Lebst du in Wien?
            Wirklich leben und arbeiten/studieren … was auch immer.
            Ich vermute nicht.
            Wien war schon grün, da haben die Grünen noch nicht einmal einen grünen Buntstift halten können!

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