Mittwoch, April 24, 2024

Teil 1: Vorwürfe gegen Thomas Schmid rund um Steuerakte Sigi Wolf

Es gibt einen neuen Verdacht gegen Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid, der in seiner Zeit als Generalsekretär im Finanzministerium MAN-Investor Sigi Wolf 630.000 Euro Steuerschuld erlassen haben könnte. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Wien, 20. Dezember 2021 | Ein entsprechendes Verfahren hat die WKStA Anfang Juli eröffnet, schreibt die Wiener Wochenzeitung. Eine der Razzien soll demnach heute im Finanzministerium, eine andere im Finanzamt Wiener Neustadt stattgefunden haben. Gegenüber der APA war unbestätigterweise auch vom Finanzamt Baden-Mödling die Rede. Ein Sprecher des Finanzministeriums dementierte auf APA-Nachfrage eine dortige Durchsuchung. Er bestätigte: “Es gab eine Sicherstellung im Zuge der Amtshilfe in einem Finanzamt.”

In der Mitteilung der WKStA heißt es wörtlich: “Im Zuge dieser (aktuellen, Anm.) Ermittlungen fanden am 20. Dezember 2021 nach gerichtlicher Bewilligung Hausdurchsuchungen an mehreren Standorten statt. In einem Finanzamt wurde eine Sicherstellung im Wege der Amtshilfe vollzogen (das bestätigt der Sprecher von Finanzminister Magnus Brunner, ÖVP, Anm.). Die Ermittlungsanordnungen wurden nach Information an die Fachaufsicht vom Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) durchgeführt, wobei ein Staatsanwalt der WKStA die Amtshandlungen leitete. IT-Experten der Justiz unterstützten die Amtshandlungen. Im weiteren Verfahren werden die im Zuge der Ermittlungsmaßnahmen sichergestellten Beweismittel gesichtet und ausgewertet und weitere darauf fokussierte Ermittlungen durchgeführt.”

“Steuernachsicht”

Hintergrund der Ermittlungen ist laut WKStA jedenfalls ein Verdacht der “parteilichen Behandlung eines Antrages eines beschuldigten Unternehmers auf Steuernachsicht durch die damalige Leiterin des zuständigen Finanzamtes im Gegenzug für die Unterstützung bzw. Intervention im Bundesministerium für Finanzen im Zuge einer Bewerbung um die Leitung eines anderen Finanzamts.” Eine hohe Beamtin soll ein Auge zugedrückt und dafür die Karriereleiter erklommen haben.

Begonnen habe die Geschichte im Frühjahr 2019. Damals hätten die internen Prüfer des Finanzministeriums routinemäßig die Steuernachlässe durchgesehen. Dort soll ihnen der Name des Kfz-Managers und früheren ÖIAG-Aufsichtsratschefs Siegfried Wolf aufgefallen – und die Summe: 629.941 Euro. Die Prüfer hätten damals untersucht, wem die Republik im Jahr zuvor Steuerschulden nachgesehen hat. Der Staat hat – in einem restriktiven Rahmen – diese Möglichkeit beispielsweise, wenn ein Unternehmen in der Insolvenz steckt und das Finanzamt als Gläubiger zurücktritt

Thomas Schmid soll gegen Rechtsmeinung von Fachaufsicht vorgegangen sein

Die Wochenzeitung “Falter”, die als erster berichtete, schreibt davon, dass Akteineinsichten nahelegten, dass Thomas Schmid als Generalsekretär im Finanzministerium dem Investor einen Vorteil verschafft und eine Steuernachsicht durchgedrückt haben könnte. Bewiesen ist das freilich nicht und es gilt die Unschuldsvermutung. Schmid könnte in dem Zusammenhang auch gegen die Rechtsmeinung der eigenen Fachaufsicht im Ministerium vorgegangen sein, schreibt die Zeitung.

Dem Bericht zufolge forderte das Finanzamt Wiener Neustadt im Jahr 2016 von Wolf entgangene Steuern von gut 7 Mio. Euro und die Strafzinsen in Höhe von 686.736,44 Euro zurück. Wolf hatte offenbar Einkünfte aus einer Geschäftsführertätigkeit in der Schweiz nicht so versteuert, wie sich das seit einiger Zeit gehörte.

Daraufhin hätten sich Wolfs Steuerberater ans Finanzministerium gewendet und auf “sachliche Unbilligkeit” gepocht, schreibt die Zeitung. Man sei vom Finanzamt nicht darauf hingewiesen worden, dass ein schweizerisch-österreichisches Steuerabkommen (seit 2007) eine andere Versteuerung verlange, das Amt habe die Steuerbescheide in alter Form akzeptiert. Zumindest die Strafzinsen müssten gestundet werden, so die Ansicht der Steuerberater, die ihrerseits die ausschlaggebenden Änderungen im Doppelbesteuerungsabkommen laut “Falter” übersehen hatten.

Die Fachaufsicht im BMF habe eindeutig festgestellt: Eine Nachsicht könne auf Gesetzeswegen nicht erteilt werden. Die volle Summe sei zu zahlen.

Wolf und der türkise Machtzirkel

Daraufhin soll Wolf den Ball über seine Verbindungen in die früheren türkisen Machtzirkel genutzt haben. Der frühere Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz soll bei einer Befragung angegeben haben, er sei Wolf “freundschaftlich verbunden”, und dieser berate ihn in “wirtschaftspolitischen Fragen”. Als Generalsekretär im BMF saß Kurz-Intimus Thomas Schmid.

Am 26. April 2018 stellen Wolfs Steuerberater jedenfalls einen Antrag auf Nachsicht beim zuständigen Finanzamt. Von ihrer Argumentationslinie der “sachlichen Unbilligkeit”, der die Fachbeamten des Finanzministeriums widersprochen hatten, weichen sie nicht ab. Wenige Wochen später habe das zuständige Finanzamt in Wiener Neustadt dem Antrag tatsächlich zugestimmt. In der Begründung dafür folgen die Finanzbeamten weitgehend dem Vorschlag von Wolfs Steuerberatern, die einen ausgearbeiteten Entwurf Anfang Juli noch geschickt hatten. Dem Finanzamt sei ein Mitverschulden anzulasten, schließlich habe es den Methodenwechsel im Doppelbesteuerungsabkommen übersehen, steht da. Letzten Endes wurden Wolf zwar nicht die Strafzinsen, aber 25 Prozent der Gesamtsumme erlassen. Der Betrag änderte sich damit marginal auf 629.941 Euro, die Wolf weniger bezahlen müsste.

Mit der Fachsektion des Finanzministeriums hatten sich die Beamten im Finanzamt in Wiener Neustadt nicht mehr beraten. Das könnte angesichts der Summe zumindest den Gepflogenheiten der Finanzverwaltung widersprechen. Der Bescheid gründe sich auf eine “unrichtige rechtliche Beurteilung und hätte bei korrekter Vorgangsweise keine Zustimmung unsererseits gefunden”, schreibt ein hoher Fachbeamter nachträglich laut Zeitung.

Ein Jahr später haben die Prüfer mit Verweis auf Paragraf 299 der Bundesabgabenordnung die gesamte Summe fällig gestellt. Dieser Paragraf erlaubt es, den “Bescheid der Abgabenbehörde aufzuheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist”. Darauf hatte die Fachaufsicht schon zuvor verwiesen.

Auf die Nachfrage der Revisoren, antworteten die zuständigen Mitarbeiter, die ihre Unterschrift unter die Steuerstundung gesetzt haben, schriftlich: “Das Einvernehmen mit dem Herrn Generalsekretär wurde hergestellt”, schreiben sie im Juni 2019. Thomas Schmid sei “über die Besprechungen zwischen dem Finanzamt und dem Abgabepflichtigen (Wolf, Anm.) bzw. der steuerlichen Vertretung informiert” gewesen. Und dann auch noch: “die Entscheidung ad teilweiser Stattgabe” sei von diesem – also Schmid – “mitgetragen worden”.

Schmid wollte die Angelegenheit laut “Falter” nicht kommentieren. Das Geld ist laut der Zeitung immer noch nicht beim Finanzamt eingelangt. Wolf habe gegen den Spruch Beschwerde vor dem Bundesfinanzgericht eingebracht.

(bf)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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61 Kommentare

  1. Na echt jetzt! Da zahlt man eh schon 7 mio und dann noch dieses Gsums wegen lästiger 630k!

    Da kostet ja der Steuerberater mehr!

  2. Die Schlüsselfrage lautet jetzt wohl:

    Hat Schmid aus eigenem Antrieb der Finanzbeamtin sein „Einvernehmen“ gewährt, oder gab es jemanden Dritten, der das „bestimmt“ hat?

    P.S.: Hat sich Kurz Wolf nicht als ÖBAG AR Voritzenden gewünscht?

    Für alle Genannten gilt die selbstredende Unschuldsvermutung.

  3. Die Steuerakte; da wird jetzt ein ganzer Schwanz von Leistungsträgern nervös werden. Es gilt einen Berg abzutragen?

  4. Der Siggi beginnt auszuzucken, wegen der Rundumschlags-Klagsdrohungen meine ich nur … also schwimmen ihm anscheinend schon die Felle davon … auf den Moment hab ich schon lange gewartet, dass der Großkotz endlich vom hohen Roß geholt wird …

  5. Es gab Zeiten, dass “ausgezeichnete Vernetzung” bei Headhuntern begehrte Skills waren … dann hat es sich doch herumgesprochen, dass je mehr vernetzt, desto mehr Korrumpel … heute bedeutet mit jemanden gut vernetzt zu sein automatsch schon fast gemeinsam vor dem Kadi zu landen …

  6. Bin schon sehr gespannt wie lange diese Geschichte im Fokus bleibt und wie lange die gekauften Medien weiter darüber berichten werden? (Leider bleiben viele an die Medien zu hier schon herangebrachte Skandale einfach weiter ohne eine Berichterstatung!)

    Wenn ich dabei auch noch denke wie viele ähnliche Bomben hier auf ZZ bereits präsentiert wurden, aber anstatt dass diese ihre oft wahrlich enorme Sprengkraft schon lange entfaltet hätten, wurden sie meist wieder eingemottet und weiß man vielfach noch immer nicht einmal was hier bisher daraus geworden ist.
    Das System lebt leider noch immer und ist wahrlich stark und weiter unfassbar mächtig, wie mir auch erst kürzlich ein verdeckter Ermittler steckte.

      • Ja. Wie sagte schon Filzmaier: “Wenn Vorwürfe stimmen, ist Ibiza eine kleine Insel im Mittelmeer”. Wenn die Grünen aber die Mauer machen, bspw. den Ibiza-UA zudrehen, um den türkis-schwarzen Korruptionssumpf zudecken zu helfen, sie und ihr lieber grüner Freund (der langjährige Ex-Grünen Chef (und nunmehrige BP)) keinen Anlass sehen, neu wählen zu lassen (das Momentum, insb. für die Ampel, ungenutzt lässt und wartet bis Türkis-Schwarz neu erstarkt), dann dauert sie (die Koalition offiziell) eben bis Herbst 2024.

  7. Eine gute Nachricht habe ich noch für den Thomas:
    In den nächsten Jahren brauchst du keine 2500 Beidl-Pics speichern!
    Du hast sie live in deiner Anstalt!

  8. Ja die Beidlbuam und der neue Stil. Wie schon oft erwähnt, die Gerichte werden auf Jahrzehnte am Anschlag sein. Dagegen ist Grasser ein Ausbund an Ehrlichkeit…..

    • Es könnte einem glatt übel werden.
      Angeblich wurden die pics unter der aufsicht v wksta in seinem beisein gelöscht.

  9. Da wird der Wolf Spezi und ehemalige SPÖ Spitzenmann Josef Kalina aber wieder viel zu tun haben. Aber wir wissen seit Schröder und Gusenbauer: Geld stinkt auch für Sozi nicht!

  10. Ja wo ist er denn eigentlich hin, der Schmid? Ist in ganz Österreich eigentlich keine Zelle mehr frei? Gibt es die Flucht – und Verdunkelungsgefahr nicht mehr? Warum laufen die ganzen Beteiligten Unschuldsvermuteten eigentlich noch frei herum?

    • Ach das wird dem Gericht völlig egal sein. DIe sind solche Gschichtln gewohnt, schließlich sitzen ja nur lauter Unschuldige im Häfen. Daher für mich wirds der nächste Freudentag wenn diese Herrschaften ihr Urteil gesprochen bekommen.

    • Nein,aber ich würde es gerne wissen.

      Wenn er schlau ist,dann hat er sich ein nettes Attest schreiben lassen und lässt es sich in einer Privatklinik sehr,sehr gut behandelt.

  11. Es gibt einen neuen Verdacht?
    “Verdächte” sind das, wenn diese Namen (Benko fehlt?) im Bündel auftauchen. Ich will aber auch “die alten ÖVP-Do#eln” in die Verantwortung nehmen. Haben sie dem Generalsekretär im Finanzministerium freies Geleit gewährt?

  12. Steuern sind eher für unerwünschte und zum Abschuss freigegebene Bürgern gedacht, oder für Bürger welche man schon durch strafrechtliche Vorgänge raubzugmäßig geplündert hat?

    Denn noch mehr lohnt es sich hierbei aber, wenn das System bei enormen f Normalbügern kaum noch vorstellbare Planierungszahlungen, meist auch noch an den Opfern vorbei und gleich direkt an die zahlreichen Günstlichen gehend, sich auch noch die Steuer dabei spart.

    Hierbei sollen die geprellten Opfer von Straftaten dann auch noch systematisch mundtot gemacht worden sein?
    Aber auch zahlreiche politische Weisungen sind hier sehr oft noch zusätzlich notwendig, damit dass alles nachhaltig vertuscht und unter dem ewigen Teppich gekehrt werden kann und konnte?

    Aber “das System” arbeitet viel besser, effizienter und vor allem sicherer, als es bei einem sonst für solche Beträge üblichen Bankraubs- oder einem sonstigen Industriegroßverbrechen d Fall wäre?
    Ganz zu schweigen von den enormen weiteren Synergieerträgen

    • Sagenhaft. Mir wird schon wieder schwindlig bei den Schwindlichen. Ein Hin- und Hergeschiebe, damit die Allgemeinheit die Kosten übernimmt. Sowas nennt sich dann Leistungsträger. Ich denk mir immer mehr, dass Leistungsträger in Wahrheit der ist, der der Allgemeinheit am meisten abwälzen kann.

      • Oderauch dieser “Leistungsträger” noch, der der alles überhaupt erst mit seinen Vorleistungen ermöglicht hat, oder vielleicht noch besser, mit welchem man das alles überhaupt erst ermöglichen konnte?
        Das System hält ständig Ausschau nach solchen Möglichkeiten…

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