Donnerstag, September 12, 2024

Brandbeschleuniger

ÖVP ohne Law und Order:

Brandanschläge auf Polizei und Umweltschützer; Attacken auf Passanten und Krankenhauspersonal; antisemitische Hetzer auf Wiener Straßen – und politische Brandbeschleuniger von FPÖ bis ÖVP. Das Jahr 2022 wird gefährlich, weil die Regierung nicht weiß, was sie tut.

 

Wien, 2.1.2022. Am 14. November übergießen Jugendliche in Linz ein Polizeiauto und zünden es an. Sie bleiben auf freiem Fuß. Die „Burschen“ haben klare Pläne. Es sei „bereits angedacht gewesen, einen Polizisten mit Benzin anzuschütten und anzuzünden, sollte einer von ihnen festgenommen werden“. Im Dezember kommt heraus, dass die Gruppe einen Sylvester-Brandanschlag auf eine Polizeiinspektion vorbereitet. Erst da werden die Köpfe der Bande verhaftet. Ihr Motiv ist bekannt: „Ärger über die Einschränkungen durch die Coronavirus-Maßnahmen“.

In Wien attackieren Corona-Leugner Passanten und Journalisten. Videos zeigen völlig ausgerastete Schwurbler, die schreiend Menschen Schutzmasken vom Gesicht reißen und Polizeiabsperrungen niederreißen. In der U-Bahn singen und toben Schwurbler-Banden. Auch sie dulden keine Masken. Die Polizei schaut untätig zu. Der Polizeipräsident lobt den „Einsatz“ seiner Beamten.

Vor Spitälern in Salzburg, Oberösterreich und Niederösterreich bedrohen COVID-Randalierer Pflegerinnen und Ärzte. Einige von ihnen werden sich nach ihrer Demo-Selbstinfektion in genau diesen Krankenhäusern retten lassen. Wochenlang verzichten Polizei und Innenminister auf den Schutz des Gesundheitspersonals.

Die Führung der Randale haben die Profis aus der rechtsextremen Szene übernommen. Sie sorgen mit einem Mix aus Umvolkung und Judenhass für den richtigen Ton. Zum ersten Mal seit 1945 marschieren Rechtsextremisten und Neonazis mit Tausenden Mitläufern unter Polizeischutz durch Wien. Jetzt dokumentiert Puls24, dass eine Zelle mit bekannten Rechtsextremen bereits weitreichende Pläne bis zum Staatsstreich wälzt.

Der – vermutliche – Brandanschlag auf das Lobau-Camp deutet erstmals an, dass es nicht mehr ausschließlich um die Pandemie geht.

Vorspiel

Die Schwurbler sind keine geeichten Neonazis. Sie laufen „nur“ mit. Gerade das macht sie gefährlich. Sie zeigen an, dass etwas ausbricht. Es sind keine Parolen und Weltbilder, die sie antreiben. Es ist eine namenlose Wut, die sich gestaut und verdichtet hat. Jetzt will sie heraus.

Die Wut ist ebenso ansteckend wie die Pandemie, auf die sie sich bezieht. Mit der Impfpflicht droht jetzt der Notstand, der noch viel mehr rechtfertigt. In ersten Bekennervideos erklären Schwurbler, dass sie bereit sind, sehr weit zu gehen.

Niemand weiß, wie schnell vieles schon in wenigen Wochen eskalieren kann. Nur eines steht fest: Polizei und Verfassungsschutz sind nicht vorbereitet. Sie wissen nicht, was passiert und was sie tun. Das hat drei Gründe.

Der erste Grund heißt „Parteibuch“. Vom neuen Chef des BVT-Nachfolgers DSN über den Wiener Polizeipräsidenten bis zum Innenminister selbst sitzen an den Schaltstellen Parteibücher, die außer Parteibuchwirtschaft nicht viel gelernt haben. Sie sind Teil des Problems, sonst nichts. Unter ihren türkisen und schwarzen Nasen können Rechtsextreme und Islamisten nach wie vor ungestört ihre Anschläge auf Rechtsstaat und offene Gesellschaft vorbereiten.

Der zweite Grund heißt „Schwurbler in Uniform“. Ein Verfassungsschützer tritt als Redner auf einer Schwurbler-Demo auf. Polizisten marschieren mit. Einsatzleiter besprechen kameradschaftlich Demorouten mit Neonazis. Nicht nur in Wien sind Teile der Polizei bereits angesteckt.

Weder Law noch Order

Der dritte Grund ist entscheidend. Die Polizei „kann es“. Aber sie darf nicht. Warum?

Seit Innenminister Nehammer lautet die Botschaft der Exekutive an die Schwurbler-Banden: „Ihr habt nichts zu befürchten. Ihr könnt euch alles leisten.“ Um zu verstehen, was hier passiert, lohnt sich eine kleine Überlegung: Was wäre passiert, wenn „Linke“ Polizeiautos angezündet, einen Brandanschlag auf einen Polizeiposten geplant, Passanten und U-Bahn-Passagiere terrorisiert, antisemitische Parolen gegrölt und Polizeisperren niedergerissen hätten? Der Innenminister hätte wohl „volle Härte“ gegen den „linken Straßenterror“ angeordnet. Die Polizei hätte durchgegriffen, und die AUF der FPÖ hätte sie mit Getränken und heißen Würsteln versorgt.

Die FPÖ hat eine klare Entscheidung getroffen. Sie marschiert mit den Randalierern. Nur die ÖVP weiß nicht, was sie will. Zwei Jahre lang wollte sie auch die Stimmen der Schwurbler. Jetzt entwickelt sich der Protest zum Terror. Aber noch immer zögern Nehammer und Karner. Die alte Law and Order-Partei pfeift längst auf „Law“. Aber jetzt ist nicht einmal mehr bei der „Ordnung“ auf sie Verlass.

Ein vierter Grund ist denkbar: Wie beim politischen Islam könnte die ÖVP so lange zuschauen, bis alles eskaliert – und dann als Partei der Ordnung aufräumen und gewinnen. Ich glaube nicht, dass es einen derartigen Plan an der Spitze der ÖVP gibt. Wie beim Allerseelenanschlag in Wien deutet das meiste auf eine Mischung aus Inkompetenz, Verantwortungslosigkeit und politischer Taktik hin.

Eines ist jedenfalls klar: Die ÖVP ist keine Sicherheitspartei mehr. 2022 droht, ein gefährliches Jahr zu werden. Auf Dollfüßchen ist man ihm nicht gewachsen.

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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