Montag, September 9, 2024

CDU-Maaßen nach Bhakdi-Posting unter Druck

Ex-Verfassungsschutzchef Maaßen wird immer mehr zum Problem für die CDU. Der bei Rechtsextremen und Corona-Verschwörungserzählern beliebte Politiker beschwichtigt das Teilen eines Anti-Impf-Videos auf einer Trump-nahen Plattform, doch der Druck auf ihn wächst.

Berlin, 05. Jänner 2022 | Der gescheiterte CDU-Bundestagskandidat Hans-Georg Maaßen sorgt mal wieder für große Aufregung. Auf der Trump-nahen Plattform GETTR teilte er ein impfkritisches Video eines umstrittenen Mikrobiologen u.a. mit den Worten „Bewegender Appell“. Das führte zu Kritik in Partei und Zivilgesellschaft. So fordert der Zentralrat der Juden von der CDU eine deutliche Distanzierung, während Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien auf Maaßens Parteiausschluss drängt. Prien ist Mitglied des CDU-Bundesvorstands.

Maaßen pusht Verschwörungserzähler

Im von Maaßen geteilten Video erzählt Mikrobiologe Sucharit Bhakdi, dass die Impfung angeblich das Immunsystem zerstöre. Er fordert auch einen Stopp der Impfung. Gegen Bhakdi wird Berichten zufolge wegen Volksverhetzung ermittelt, weil er an anderer Stelle verstörende antisemitische Aussagen tätigte. Bhakdi gilt als Ikone und Stichwortgeber der Coronaleugner im deutschsprachigen Raum. Seine Postings sind vielfach von Experten kritisiert worden, da sie teils Fake-News beinhalten und irreführend seien.

Eigentlich ein Mann, an dem ein CDU-Politiker wie Maaßen niemals anstreifen sollte. Doch Maaßen, immerhin Ex-Chef des Bundesverfassungsschutzes, pendelt nicht erst seit gestern zwischen hartem Rechtspopulismus und Verschwörungserzählungen. So glaubt ausgerechnet der seinerseits autoritäre Politiker einen „Anfangsverdacht“ erkannt zu haben, wonach die Pandemie ein Plan sei, um den Staat autoritärer und weniger frei zu machen. Das macht Maaßen zum Idol in Verschwörer- und Rechtsextremenkreisen.

Druck wächst

Indes wächst der Druck auf den CDU-Politiker. Der Zentralrat der Juden fordert jetzt eine “deutliche Distanzierung und Verurteilung”, so der Vorsitzende Josef Schuster zum Fernsehsender n-tv. Die CDU dürfe “auf keinen Fall Signale aussenden, dass sie Äußerungen wie die von Hans-Georg Maaßen toleriert”. Dass die Partei über ein Parteiausschlussverfahren diskutiere, sei nachvollziehbar. Nicht zu verstehen sei allerdings das Schweigen der Parteispitze.

Maaßen gilt als Unterstützer des neu gewählten CDU-Chefs Friedrich Merz, seinerseits lange Frontmann des rechten Parteiflügels und Kritiker von Ex-Kanzlerin Angela Merkel. Aktuell ist Oppositionsführer Merz zwar mit milderer Tonalität unterwegs, zu Maaßens jüngsten Entgleisungen äußerte er sich aber noch nicht. Lange hatte Merz seinen Parteifreund sogar verteidigt, ehe er zaghafte Kritik übte. Entgegen der öffentlich bekannten Forderungen nach Parteiausschluss dürfte ein Teil der CDU-Spitze das Problem aber immer noch aussitzen wollen. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, sieht einen Ausschluss skeptisch, da demokratische Parteien ein hohes Spektrum an Meinungen aushalten müssten. Frei rät Maaßen allerdings, nicht noch weiter Öl ins Feuer zu gießen.

Am äußersten Rand der CDU

Davon unbeeindruckt, prescht Maaßen vor und wehrt sich. Mit einem Brief an die CDU-Mitglieder rechtfertigt der Politiker seine Haltung mit angeblichen Impfschäden aus seiner Jugendzeit. Covid-19 sei zwar eine schwere Erkrankung, weshalb Maaßen verstehe, wenn sich Menschen impfen oder boostern lassen. Der Staat sei jedoch verpflichtet, die Sorgen der Ungeimpften ernst zu nehmen. In der Ankündigung eines möglichen Parteiausschlusses sieht er einen Angriff auf die Meinungsfreiheit.

Maaßen ist für die CDU seit jeher eine umstrittene Personalie. In seiner Zeit als Chef des Bundesverfassungsschutzes, dem deutschen Inlandsgeheimdienst, geriet Maaßen immer wieder in die Schlagzeilen. Neben Wirbel um die Verwendung von NSA-Spionagetechnik oder Spekulationen um Edward Snowden, musste er sich den Vorwurf gefallen lassen, am rechten Auge blind zu sein. So soll er etwa die Ex-AfD-Chefin Frauke Petry getroffen haben, um mit ihr zu besprechen, wie die AfD eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz vermeiden kann. Vom Innenministerium wurden die Treffen grundsätzlich bestätigt. Dabei habe es laut Darstellung der Behörde aber keinerlei etwaige Ratschläge gegeben, wie zuvor von einer AfD-Whistleblowerin behauptet.

Nach etlichen Possen bat der damalige CSU-Innenminister Horst Seehofer Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im November 2018 schließlich um Maaßens einstweilige Versetzung in den Ruhestand. Bei der Bundestagswahl im September 2021 trat er als Direktkandidat in einem Thüringer Wahlkreis für die CDU an. Mit 22,3 % unterlag Maaßen deutlich dem Kandidaten der SPD, Frank Ullrich, der 33,6 % auf sich vereinigen konnte. Jetzt könnte der mandatslose Ex-Verfassungsschützer erst recht zum Problem der CDU werden.

(wb)

Titelbild: APA Picturedesk

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