Donnerstag, April 18, 2024

WKO Niederösterreich: UNIQA drängt in 24-Stunden-Betreuung

WKO Niederösterreich

Es herrscht Aufregung unter den 24-Stunden-Betreuungs- und Pflegeagenturen in Niederösterreich. Die Firma SanusX, hinter der die UNIQA steht, versucht Agenturen zu kaufen oder eine Kooperation anzubieten. Doch dahinter steht Robert Pozdena, für diesen Bereich zuständiger Fachgruppenobmann, selbst Betreiber der größten Agentur dieser Art in Österreich. Das ist nicht die einzige Verbindung zur UNIQA, die für Unmut sorgt.

Wien, 06. Jänner 2022 | Robert Pozdena, Fachgruppenobmann der Sparte Personenbetreuung und Personenberatung in der Wirtschaftskammer Niederösterreich, betreibt auch eine 24-Stunden-Betreuungsagentur. Dort ist im März 2020 die UNIQA über eine Tochterfirma mit 39 Prozent eingestiegen. Nur ein Jahr später erhält die UNIQA den Zuschlag für eine automatische Haftpflichtversicherung für Betreuerinnen, die nun in der Grundumlage der Kammer enthalten ist. Außerdem versucht Pozdena gemeinsam mit der UNIQA andere Agenturen aufzukaufen. All diese Zusammenhänge stellen aus Sicht Pozdenas kein Problem dar.

Einstieg der UNIQA

Alles beginnt Anfang 2020. Im März gibt die SanusX, eine Beratungsfirma im Gesundheitsbereich, die zu 100 Prozent der UNIQA gehört, bekannt, bei der cura domo Holding mit 39 Prozent Beteiligung einzusteigen. Man ist damit Partner und Co-Eigentümer, wie es in einer Pressemitteilung heißt. Die cura domo Holding ist die größte Eigentümer-geführte Agentur für 24-Stunden-Betreuung in Österreich und gehört niemand geringerem als dem Fachgruppenobmann der Sparte Personenberatung und Personenbetreuung der Wirtschaftskammer Niederösterreich, Robert Pozdena und seiner Frau Angelika.

SanusX kontaktiert nun seit einiger Zeit diverse 24-Stunden-Betreuungsagenturen, vornehmlich jene mit ÖQZ (Österreichisches Qualitäts Zertifikat) um ihnen zuerst eine Kooperation und dann einen Kauf der Agentur durch cura domo anzubieten. In Österreich gibt es derzeit 37 solcher ÖQZ-Agenturen, diese decken ungefähr 25 Prozent des Marktes ab. Rund 900 Agenturen sind es insgesamt.

Kooperationen und Kauf

Auf ZackZack-Nachfrage legt Pozdena großen Wert darauf, zwischen seinen beiden Rollen Fachgruppenobmann und Agenturinhaber genau zu unterscheiden. Als cura domo-Inhaber meint er zu dem Vorgehen von SanusX, man biete Serviceleistungen an, etwa im Bereich Logistik oder Qualitätssicherung. Bei Agenturen, deren Inhaber kurz vor der Pension stünden und die Nachfolge noch nicht geregelt sei, biete man natürlich auch einen Kauf an. Generell wolle man dazu einladen, ein Stück des Weges mit cura domo gemeinsam zu gehen, die Rückmeldungen wären durchwegs positiv.

Details, wie diese Kooperationen oder Übernahmen aussehen, wollte Pozdena nicht angeben. SanusX teilt zu Kauf und Kooperation Ähnliches mit. Gemeinsam mit cura domo wolle man „professionelle Betreuung anbieten und Innovation in die 24h-Stunden-Betreuung bringen,”um möglichst vielen Menschen ein selbstbestimmtes, würdevolles und sicheres Altern zu ermöglichen”. Auf die Frage nach Kooperation oder Kauf heißt es, dies sei ganz “unterschiedlich und individuell”.

Kritik an Pozdena und SanusX

Nach einem Rundruf von ZackZack zeichnet sich allerdings ein anderes Bild. Etliche Agenturen sprechen von großem Unbehagen, ausgelöst durch die Akquirierungsversuche der SanusX. Die Beschreibungen reichen von „eigenartig“ und „bissl eigen“ bis zu „unseriös“ und „so etwas würde mir nie einfallen“. Generell dürften die Umtriebe von SanusX und Pozdena für Unruhe in der Branche sorgen.

Aus Sicht etlicher Agenturen ist es fraglich, wie Pozdenas Funktion als Fachgruppenobmann damit vereinbar ist, über eine beteiligte Versicherung Kauf- oder Kooperationsangebote an Konkurrenz-Agenturen zu machen. Man fragt sich, warum er dies nicht selbst tue, sondern SanusX vorgeschoben werde. Pozdenas Doppelrolle in dieser Sache sieht man also kritisch.

Dass der Fachgruppenobmann, der bereits Eigentümer der größten Agentur Österreichs ist, hier noch weiter expandieren will, stößt auf wenig Begeisterung. Man lege bei den Agenturen viel wert auf Qualität und ein familiäres Verhältnis mit den zu betreuenden Personen. Das sieht man durch den Umstand, hier einen „Big Player“ schaffen zu wollen, in Gefahr.

Auch das Vorgehen von SanusX wird als teilweise unseriös empfunden. Manche Agenturen wurden trotz der Bekundung, kein Interesse zu haben, mehrmals kontaktiert. Auch wurde in vielen Fällen zuerst von einer Kooperation gesprochen, welche sich dann als Kaufinteresse herausstellte.

Weitere UNIQA-Verstrickung

Die Expandierungsgelüste von Pozdena und UNIQA sind aber nicht der einzige Punkt, der die Firmenpartner verbindet. 2020 wurde die Grundumlage für Betreuerinnen in Niederösterreich von 38 auf 90 Euro erhöht. Saftige Mehrkosten für die Betreuerinnen, was auch viele Agenturen kritisch sehen. Pozdena (in seiner Funktion als Fachgruppenobmann) rechtfertigt die Erhöhung unter anderem damit, dass nun in den 51 zusätzlichen Euros auch eine Haftpflichtversicherung enthalten sei.

Außerdem sei man mit den bis dahin 38 Euro am günstigsten in ganz Österreich gewesen. Die Versicherung, bei der die Wirtschaftskammer diese Versicherung für die Betreuerinnen, egal ob diese eine solche wollen oder benötigen, abgeschlossen hat ist kein geringerer als der neue Co-Eigentümer Pozdenas, die UNIQA. Dafür hat es, laut Pozdena, eine EU-weite Ausschreibung im Jänner 2021 gegeben. Die UNIQA habe sich unter zahlreichen Bewerbern aus dem In- und Ausland mit dem besten Angebot durchgesetzt. Auf ZackZack Nachfrage, ob diese Ausschreibung einsehbar sei, meinte Pozdena, sie sei öffentlich gewesen und man solle sich an die Wirtschaftskammer wenden.

Dort beruft man sich darauf, den vertraulichen Charakter aller bei der Durchführung eines Vergabeverfahrens ausgetauschter Informationen wahren zu müssen. Daher könnten keine Auskünfte über Bewerber gegeben werden. Der Ausschreibungstext sei „geistiges Eigentum“ der mit der Erstellung beauftragten Rechtsanwaltskanzlei und dürfe nur für den Zweck der Ausschreibung verwendet werden. „Eine Weitergabe an Dritte ist untersagt“, heißt es weiter, und „das BVerG schreibt klare Transparenzregeln vor, die eingehalten wurden“.

Wer in dem Gremium saß, dass schlussendlich der UNIQA den Zuschlag erteilte, bleibt unbeantwortet.

Robert Pozdena könnte aber bereits vor Beteiligung an seiner Firma und Zuschlag für die Haftpflichtversicherung der Kammermitglieder ein Naheverhältnis zur UNIQA gehabt haben. So wurde ZackZack berichtet, dass er schon vor dem Einstieg der Versicherung in seine Agentur immer wieder anderen Agenturen diese empfahl, falls Bedarf bestehe.

Wie kam Haftpflichtversicherung zustande?

Laut Pozdena (in seiner Funktion als Fachgruppenobmann) wurde die Erhöhung der Grundumlage inklusive Haftpflichtversicherung bei der Fachgruppentagung im Herbst 2020 vorgeschlagen und über alle Parteigrenzen hinweg einstimmig angenommen. Bei der Fachgruppentagung können alle Mitglieder teilnehmen, also rund 16.000 Betreuerinnen und 210 Agenturen. Wie viele der Betreuerinnen und Agenturen bei dieser Tagung dabei waren – ob nur eine Handvoll oder einige Tausend – und mitgestimmt haben, bleibt unklar. Pozdena konnte sich daran nicht mehr erinnern, seine Vorgesetzte in der Fachgruppe, Andrea Servus, ließ die Frage unbeantwortet.

Es bleibt also im Dunkeln, wer im Herbst 2020 anwesend war, als die Erhöhung der Grundumlage um 52 Euro inklusive Haftpflichtversicherung der UNIQA beschlossen wurde. Von den rund 16.000 betroffenen Betreuerinnen in Niederösterreich dürfte es wohl keine gewesen sein.

(bp)

Titelbild: APA Picturedesk

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56 Kommentare

  1. selbst wenn unsere antipoden den smoker anheizen, riechen unsere schwarzen schon den braten und holen sich das größte stück.
    widerlich.
    nehmt endlich das christlich aus eurem parteiprogram
    nehmt stattdessen abstauber.

  2. Weil ich in meiner aktiven Zeit damit konfrontiert wurde: namhafte Schweizer Spitäler übernahmen in den vergangenen Jahren zuerst „verwandte“ Betriebe und wurden dann „in die Selbständigkeit“ überführt. Oftmals stehen ausländische Firmen (USA, Frankreich, etc.) dahinter, deren Interessen sind klar, bzw. „umsonst“ machen sie es nicht. Gesundheit/Krankheit ist längst zur Ware geworden, wie auch anderes, z.B. der Versuch, Lebensmittel (Weizen) patentieren zu wollen. Siehe auch „Das europäische Patentamt fördert die Biopiraterie“ von greenpeace.de

    • Der Neoliberalismus halt. Wer zurückbleibt ist der Patient der halt da durchgeschleust wird oft ohne Sinn und Verstand. Von einer Gesundheitsfürsorge oder gar Vorsorge sind wir auch in Österreich weit entfernt. Anschober hätte glaube ich das Zeug dazu gehabt hier was zu bewirken weil er den Blick von Außen auf das System gehabt hätte und ambitioniert war, leider ist daraus nichts geworden.

      • Das Problem ist die Politik. In meinem Beispiel war der zuständige Gesundheitsdirektor ein Vertreter der Schweizer Wirtschaftspartei. Ihm nachgeordnet waren die Verwaltungsdirektoren, die den Vorsitz hatten, ihnen nebengeordnet die ärztlichen und die pflegerischen Direktoren. Nach der Neuordnung: Gesundheitsdirektor, Verwaltungsrat „dazwischen“, statt Verwaltungsdirektor ein „CEO“. Das kostet. „Bezahlt“ von den dipl. Pflegenden, die „ausgedünnt“ wurden, indem die Anforderungen immer höher geschraubt wurden (Studium notwendig), anstelle der vormals dipl. Pflegenden neu „Fachangestellte Gesundheit“, die für die zu bewältigenden Aufgaben nicht adäquat ausgebildet sind und von den dipl. Pflegenden gecoacht werden (müssen). Viele und vieles bleibt da auf der Strecke. In einzelnen Einheiten wurden die Stellen der Pflegenden komplett gestrichen. Deren Aufgaben v.a. in Ambulatorien erledigen nun Ärzte
        (oder eben nicht). Florence Nightingale würde im Grab rotieren.

        Auslöser waren Lohnforderungen der dipl. Pflegenden, die den Lohn betreffend nicht mehr als gleich behandelt werden wollten als Polizisten. Der Kt. Zürich war in der Folge gerichtlich zu erheblichen Lohn-Nachzahlungen verurteilt worden. Nun sieht man, was die Wirtschaftspartei daraus gemacht hat.
        Fazit: es ist wichtig die zu wählen, für die ehrlich der Mensch im Zentrum ihres politischen Handelns steht.

        • Nachsatz: es lohnt sich, auch künftig zu beobachten, wofür Herr Sebastian Kurz lobbyiert. Sein neuer „Chef“ ist Herr Peter Thiel, Mastermind und Kapitalgeber hinter einer ganzen Reihe von „Unternehmen“. Herrn Kurz werden nach wie vor gute Verbindungen in Österreich nachgesagt.

          Siehe auch: Max Chafkin / Peter Thiel / wie der Pate des Silicon Valley die Welt beherrscht / FBV ISBN 978-3-95972-330-5

        • Gewisse dienste gehören in staatliche hand.
          Merkens ihnen das, dr lüssel und gleichdenkende.
          Wir brauchen keine privatisierung von diensten, die gemeinnützig sein sollen.

          • „…gehören in staatliche Hand“. Das ist der Punkt. Und an die Spitze der Partei gehören ehrenwerte Menschen, die diesen Namen redlich verdienen. Mit „wirtschaftsfreundlichen Parteien“ ist kein Staat zu machen. Jedenfalls nicht der, der den Menschen gut tut.

        • Schön gesagt der letzte Satz. Nur leider fällt es manchen Menschen schwer zu erkennen, welche Partei wirklich den Menschen in das Zentrum ihres politischen Handelns stellt und welche nur vorgibt das zu tun.

    • Uniqua, da wo Kurz sein “Praktikum” machte und als Dank Uniqua Chef Löger zum Finanzminister machte? Diese Uniqa?

  3. Wer nicht offenlegen will, wie es zur Bestellung der Uniqa kam, hat vielleicht etwas zu verbergen. Mit einer entsprechenden Anzeige müssen die Informationen offen gelegt werden und es gilt wie immer die Unschuldsvermutung ;-))

  4. Das ganze hat nur einen plausiblen Hintergrund :
    Machterweiterung für die Familie.

  5. Es ist ohnehin ein Witz, dass diese Betreuerinnen als “Selbständige” unterwegs sind auf eigenes Risiko und die Betreiber solcher Betreuungsagenturen sich eine goldene Nase verdienen. Scheint wirklich ein Bomben Geschäft zu sein, wenn jetzt sogar versucht wird den Markt aufzukaufen um dann vermutlich die Preise und Bedingungen diktieren zu können. Im Bereich der mobilen Pflege gibts ebenfalls fragwürdige Bestrebungen zur Scheinselbständigkeit statt Anstellung. Auch da schießen die Agenturen wie Schwammerl aus dem Boden.

    • Rechtzeitig vor einer anstehenden pflegereform.
      Die uniqua ist ja sowas von situationselastisch.
      Zz, bitte dranbleiben.

    • für ~50,- Euro am Tag, – Versicherung, – Steuer, – Prämie für die Agentur….
      24 Stunden Dienst, 2 Stunden Pause….. für ein “Taschengeld”, das zwei Wochen bis zwei Monate durchgehend…., ein angehender Facharbeiter bekommt das in nichtmal 5 Stunden….

      • Mir tun diese Pflegerinnen sehr leid. Den meisten sieht man an, dass sie aus desolaten Verhältnissen kommen. Schlecht Zähne, gelegentlich auch gar keine mehr schon in jungen Jahren. Manche eingeschüchtert und alleingelassen mit Pflegeaufgaben die sie gar nicht bewältigen können. Manche die nicht genügen werden dann einfach über Nacht ausgetauscht. Eine habe ich kennengelernt die ist später an Covid verstorben. Und auch einige die sich in die “Dienste” des jungen Hausherren gestellt haben um eventuell in Österreich eine Zukunft zu haben.

        • ….. viele sind gut ausgebildet und Empathisch, noch mehr sind einfach Opfer Mafiöser Organisationen. Diese vergeben ganz unverbindlich kleine Kredite, die dann mit unglaublichen Zinsen zurück zu zahlen sind. Oft werden die dann in das “Geschäftsmodell” der Pflege getrieben, um dem “Nachdruck” zu verleihen, werden schon mal die Familien der Pflegenden (ja, es gibt auch Männer) bedroht…..
          Mit solchen Menschen hab ich schon seit mehr als einem Jahrzehnt immer wieder zu tun, es ist schier unvorstellbar was diese zu erzählen haben…..

          • Nicht umsonst hat amnesty dieses “Modell” angeprangert. Das ist eine Form moderner Sklaverei, die Menschen aus diesen Ländern sind zwar körperlich frei aber ökonomisch gesehen Slaven für die besser gestellten Länder. Ein trauriger Umstand der uns mit Ländern wie Saudi Arabien auf eine Stufe stellt die ihre Sklaven von den Philippinen holen.

          • …. wer das Geld hat, macht die Regeln, das sagte der alte Frank einmal.
            Genau das wird jetzt bis zur Perversion betrieben, von den Regierungen befeuert, einfach nur um das eigene Versagen, in Ausbildung und Organisation, zu verschleiern….😢

      • Es ist eine Bankrott-Erklärung und ein beispielloses Versagen der österreichischen Politik. Nein, Entschuldigung!, es ist das Verdienst der Leistungsträger, die früh aufstehen und nie schlafen.

        Manches Mal kann man Ungeheuerlichkeiten nur mit Spott begegnen.

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