Donnerstag, April 18, 2024

Regierung will Aktiengewinne steuerfrei machen

Das ist ein Unterüberschrift

Wer mit Wertpapieren Gewinne macht, soll dafür künftig keine Steuern mehr bezahlen. Die Regierung sieht Vorteile für Sparer, Kritiker ein Steuergeschenk für Reiche.

 

Wien, 14. Jänner 2022 | Finanzminister Magnus Brunner kündigte an, dass Gewinne aus Aktien und anderen Wertpapieren künftig steuerfrei sein sollen. Das sagte er am Donnerstag gegenüber dem Magazin „Trend“. Damit zeigt sich die Regierung gewillt, eine langjährige Forderung der Finanzindustrie zu erfüllen.

Bisher fallen auf Gewinne auf Aktien  – egal ob Ausschüttungen oder realisierte Kursgewinne – 27,5 Prozent Kapitalertragssteuer (KESt) an. Das gilt unabhängig vom sonstigen Einkommen der Person, die Wertpapiere hält. Im Vergleich zu den oberen Stufen der Einkommenssteuer ist das wenig. Dort fallen für Einkommensbestandteile über 18.000 Euro pro Jahr 32,5 Prozent an, ab 31.000 42 Prozent und ab 60.000 48 Prozent Steuer.

Wer also über ein gutes Einkommen verfügt, kommt mit der (KESt) billig weg. Doch im Koalitionsvertrag haben ÖVP und Grüne vereinbart, dass Kapitaleinkommen ganz steuerfrei werden sollen. Ob es noch dieses Jahr so weit sein soll, ließ Minister Brunner gegenüber der APA offen.

Nur eine kleine Minderheit profitiert

Die ÖVP argumentiert die Abschaffung der Steuer auf Kapitaleinkommen mit einer Entlastung von Sparern. Sie will deshalb eine sogenannte Behaltefrist einführen. Wer Wertpapiere mindestens so lang in Besitz hat, wie die Frist andauert, soll keine Steuer bezahlen müssen, wenn er sie später mit Gewinn verkauft. Doch laut Nationalbank besitzen nur 13 Prozent der Österreicher Aktien. Die zehn reichsten Prozent halten den Löwenanteil der Aktien, nämlich 58 Prozent. Nur das reichste Prozent der Österreicher bezieht sein Einkommen großteils aus Kapitalanlagen. Das ergab eine Studie der Wiener Wirtschaftsuniverstität (WU) und des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) aus dem Jahr 2020.

Die geplante Steurreform nutzt also in erster Linie dem Top-1-Prozent der Reichsten im Land. Die allermeisten Sparer hätten von einer Lohnsteuersenkung mehr. Das kritisiert SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer: „Die ÖVP hat überhaupt keinen Genierer mehr in ihrer Politik für die Reichen und Superreichen.“ Auffällig: Der neue Finanzminister Magnus Brunner kündigte die Steuerreform am Donnerstag an. Nur einen tag zuvor war bekannt geworden, dass sein Vorgänger Gernot Blümel Chef beim Aktienhandelsunternehmen Superfund wird. Dessen Gründer Christian Baha gehört zur erweiterten türkisen „Familie“. Er chattete mit Thomas Schmid, dem er schon Monate vor dessen Bestellung zum ÖBAG Chef zum neuen Job gratulierte.

Gegenvorschlag

SPÖ-Krainer befürchtet die Steuerfreiheit für Aktiengewinne würde die „Schieflage im Steuersystem“ noch vergrößern. „Schon jetzt tragen Konzerne und Reiche sehr wenig zur Finanzierung der Staatsaufgaben bei“, sagt Krainer.

Attac Österreich fordert die Regierung auf, den umgekehrten Weg zu gehen. Steuerexperte Kai Lignau sieht in der geplanten Reform ein „riesiges Geschenk für die Reichsten im Land, da sie die höchsten Kapitalerträge lukrieren.“ Attac fordert daher, dass alle Einkommensarten steuerlich gleich behandelt werden. Kapitalerträge sollten „in die Einkommenssteuer eingegliedert und wie Arbeitseinkommen besteuert werden.“

(tw)

Titelbild: APA Picturedesk

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