»Lese generell wenig«
Aufregung in Waidhofen a. d. Ybbs: In einem Interview gab der FPÖ-Spitzenkandidat im Vorfeld der Gemeinderatswahl an, dass sein zuletzt gelesenes Buch „Mein Kampf“ von Adolf Hitler gewesen sei. Später ruderte er zurück.
Waidhofen (Ybbs), 19. Jänner 2022 | Im Vorfeld der am 30. Jänner in Waidhofen a. d. Ybbs stattfindenden Gemeinderatswahl hat ein Sager von FPÖ-Spitzenkandidat Josef Gschwandegger für Aufregung gesorgt. Der Lokalpolitiker hatte im Rahmen eines Wordraps der “Bezirksblätter” angegeben, als letztes Buch Adolf Hitlers “Mein Kampf” gelesen zu haben. Innegehabt haben will er die Hetzschrift jedoch nicht. “Ich habe das besagte Buch nicht und auch nie besessen”, betonte Gschwandegger am Dienstag auf APA-Anfrage.
“Lese generell wenig”
Im Rahmen des “Bezirksblätter”-Wordraps waren die Spitzenkandidaten der antretenden Parteien u.a. über Freizeitaktivitäten und Lieblingslieder befragt worden. In der Kategorie “Gelesen” antwortete Gschwandegger laut dem Medienbericht mit: “Das letzte Buch, das ich gelesen habe war ‘Mein Kampf’.” Auf erneute Nachfrage der “Bezirksblätter” erklärte der FPÖ-Politiker am Dienstag: “Ich habe ‘Mein Kampf’ schon vor längerer Zeit gelesen. Ich lese generell wenig, vielleicht ein Buch im Jahr.”
“Offensichtlich will man wieder einmal eine Woche vor einer Wahl in Niederösterreich mit Dreck werfen, um von den tatsächlichen Problemen – Stichwort Corona-Chaos – der Bürger abzulenken und versucht, eine Geschichte hochzuziehen, die keine ist. Das ist, wenn auch kein neues, dafür ein umso durchschaubareres Manöver”, hielt Gschwandegger am Abend in einer schriftlichen Stellungnahme fest.
“Der Versuch, mir hier einen Strick zu drehen, mag eine Woche vor einer Wahl aus der Sicht des erklärten politischen Gegners verständlich sein, ist es dennoch unrühmlich und abscheulich”, führte der Freiheitliche weiter aus. Festzuhalten sei, “dass ich die unfassbaren Menschheitsverbrechen und Gräueltaten der hinter diesem Buch stehenden Ideologie zutiefst ablehne”.
Eigentlich Hafenecker-Buch gemeint – Titel nicht eingefallen
Gegenüber dem “Kurier” gab die stellvertretende FPÖ-Landesobfrau Edith Mühlberghuber an, dass sie mit Gschwandegger gesprochen habe. Er habe ihr berichtet, dass seine Position in den Medien „verzerrt und verdreht worden ist“. Gschwandegger ist der Titel des Buches, dass er eigentlich meinte, das Buch von FPÖ-Abgeordneten Christian Hafenecker, nicht eingefallen. Seine Antwort “Mein Kampf” sei nicht ernst gemeint gewesen.
Bernhard Ebner, Landesgeschäftsführer der ÖVP Niederösterreich, fordert jedenfalls den Rücktritt Gschwandeggers: “Wenn es um die Ablehnung des Nationalsozialismus geht, gibt es bei allen politischen Parteien in unserem Land Konsens. Es kann deshalb nur eine Konsequenz geben: Den sofortigen Rücktritt von Josef Gschwandegger als Spitzenkandidaten der FPÖ Waidhofen a. d. Ybbs.”
Ähnlich äußerte sich Wolfgang Kocevar, der Landesgeschäftsführer der SPÖ Niederösterreich. Auch er stellte sich mit einer Rücktrittsforderung ein. “Zu erklären, ‘Mein Kampf’ sei das letzte Buch gewesen, das man gelesen habe, ist provozierend dumm. In unserem Land gibt es einen Konsens, der parteiübergreifend immer gilt: Nein zum Nationalsozialismus, dieser darf niemals verharmlost werden”, wurde in einer schriftlichen Stellungnahme festgehalten.
Aus Juristenkreisen hieß es zur APA, dass die Lektüre von “Mein Kampf” an sich nicht strafbar sei. Es bestehe aber die Möglichkeit, dass ein öffentliches Bekenntnis zum Lesen der Hetzschrift einen propagandistischen Wert haben könnte. Seitens der zuständigen Staatsanwaltschaft St. Pölten wurde mitgeteilt, dass in der Causa aktuell kein Verfahren zugrunde liege.
(bf/apa)
Titelbild: APA Picturedesk