Freitag, April 19, 2024

EuGH-Gutachten: Österreichs Indexierung der Familienbeihilfe unzulässig

EuGH-Gutachten:

Die Indexierung der Familienbeihilfe – Prestigeprojekt von Türkis-Blau – verstößt laut einem Gutachten des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gegen EU-Recht. Ein verbindliches Urteil folgt in den kommenden Monaten.

Wien, 20. Jänner 2022 | Arbeitnehmer aus anderen EU-Staaten müssen in Österreich unabhängig vom Aufenthaltsort ihrer Kinder die gleichen Beihilfen und steuerlichen Vergünstigungen wie österreichische Arbeitnehmer erhalten können, heißt es in den am Donnerstag veröffentlichten Schlussfolgerungen des EU-Generalanwalts Richard de la Tour.

Die Betroffenen würden schlussendlich in gleicher Weise zur Finanzierung des österreichischen Sozial- und Steuersystems beitragen wie österreichische Arbeitnehmer, argumentierte de la Tour.

Mit 2019 hat Österreich einen Mechanismus zur Indexierung der Höhe von Familienleistungen, Kinderabsetzbeträgen und anderen Steuervorteilen für Familien für EU-Bürgern eingeführt, die in Österreich arbeiten, deren Kinder aber im Ausland leben. Damit soll die Familienbeihilfe an die tatsächlichen Lebenshaltungskosten der im EU-Ausland lebenden Kinder angepasst werden.

Verbindliches Urteil folgt

Laut EU-Kommission widerspricht dies den EU-Vorschriften über die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Nicht nur verstoße die Regelung gegen geltende Vorschriften, sie sei auch noch diskriminierend, hieß es seitens der Brüsseler Behörde. Die Indexierung gelte schließlich “nicht für österreichische Staatsangehörige, die im Ausland für eine österreichische Behörde arbeiten und deren Kinder mit ihnen dort leben – obwohl ihre Situation vergleichbar ist.” Die EU-Kommission reichte im Mai 2020 Klage beim EuGH ein.

Die EuGH-Schlussanträge sind Gutachten, an die sich die EuGH-Richter bei ihrer Entscheidung nicht halten müssen. Meist tun sie es aber. Ein verbindliches Urteil folgt in den kommenden Monaten.

“Die Entscheidung des EuGH-Generalanwalts kommt für mich nicht überraschend. Ich war immer dieser Überzeugung und habe das deshalb auch so erwartet”, schrieb der ÖVP-EU-Mandatar und Erster Vizepräsident des Europaparlaments, Othmar Karas, auf Twitter. Auch für die Delegationsleiterin der Grünen im EU-Parlament, Monika Vana, kam der Schlussantrag “wie erwartet”. Die Indexierung sei “ein Angriff auf das Grundrecht der Freizügigkeit der Arbeitnehmer*innen”. Barbara Neßler, Grüne Familiensprecherin im Nationalrat, forderte von den zuständigen Ministerin Vorkehrungen für “die Rückzahlung der vorenthaltenen Summen aus den Beihilfen an die betroffenen Anspruchsberechtigten” zu treffen. Damit dies rasch nach einem EuGH-Urteil erfolgen könne.

Umstrittenes türkis-blaues Prestigeprojekt

Die Indexierung der Familienbeihilfe war ein von Anfang höchst umstrittenes Prestigeprojekt der türkis-blauen Koalition. Sowohl die Nachbarländer als auch Europaexperten hielten das Ansinnen schon vor Beschluss mit dem Europarecht für unvereinbar. Einsparen wollte Türkis-Blau mit der Indexierung 114 Millionen Euro jährlich. Gemäß einer parlamentarischen Anfragebeantwortung waren es 2019 freilich nur 62 Millionen.

(bf/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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28 Kommentare

  1. Wie kann sowas passieren, wo das Ministerium doch von der Juristin Raab geleitet wird?. Und der Verfassungsministerin ist auch nicht aufgefallen, dass das Gesetz nicht EU-konform ist. Sind das auch nur unfähige, steuerbare Weiber?

    • natürlich wussten sie es, diese ganzen aktionen sind reine polemik in richtung ausländerfeindlichkeit um im teich der F zu fischen

    • Das ist Deppenfang für die nächste Wahl. Genau wie deutsche Autobahnmaut nur für Ausländer – der wissenschaftliche Dienst des Parlaments hat gesagt geht nicht, der bescheuerte Verkehrsminister meinte geht doch. Und unterschreibt dann noch Verträge, die den beteiligten Konzernen etliche Mio Verdienstausfall garantieren, die haben doch auch von Anfang gewusst, dass das nicht durch geht. Aber die Deppen haben sich gefreut: wir Bayern zeigen’s denen in Berlin, wir Deutschen kassieren jetzt von den anderen für unsere Autobahnen. Deppen hat’s halt hie wie da genug.

  2. OT: Google Analytics jetzt in Österreich illegal; Weitere EU-Mitgliedstaaten werden voraussichtlich folgen. Die österreichische Datenschutzbehörde hat entschieden, dass österreichische Website-Anbieter, die Google Analytics verwenden, gegen die DSGVO verstoßen.

    Die meisten Seiten verwenden dieses Werkzeug, so auch ZZ.
    Derartige Werkzeuge sind für den Betrieb eines Webauftritt’s nötig, allerdings ist eine Lokale Lösung besser und sicherer.

    • Webauftritt geht auch ohne das, aber Firmen können sich so im Such-Ranking positionieren. Ich mache keine Seiten auf, die mir solche Cookies aufzwingen wollen, wie zB der Kurier.

      • geht auch ohne, nur nicht lange.
        Da geht es nicht nur um die Positionierung bei Suchanfragen, es ist wichtig zu erfassen Wer oder Was sich am Server herum treibt, ohne dieses Wissen ist der Auftritt ziemlich schnell eine Spamhalde, Virenschleuder oder Quelle eines ToS Angriffs, wenn nicht gar Teil eines BotNet.
        Cookies sind ansich ein gutes und sicheres Werkzeug um Benutzer wieder zu erkennen und auch gezielt Services bereit zu stellen. (z.B. Anmeldung merken)
        Sie kritisieren, zurecht, die vielen Third-Party-Cookies, diese verbleiben im Browser und ermöglichen allen angesurften Webseiten Profile über das Surfverhalten zu erstellen, gezielt Werbung zu platzieren, oder im schlimmsten Fall ein Angriffsziel zu markieren.
        Meine kleine Seite läuft seit Juni letzten Jahres, Suchmaschinen sind ausgesperrt, Zugriff haben die nur über Umwege. In dieser Zeit hatte mein Server mehrere Millionen illegale Zugriffe (Angriffe) abzuwehren, Angriffe die ich ohne solche Werkzeuge nicht erkennen hätte können. Mitthilfe dieser Tools hab ich schon mehrere 100tausen IP-Adressen isolieren und sperren können, zur Sicherheit der Besucher die hier vorbei schauen.

        PS: warum berichtet keiner darüber, zumindest hab ich bisher nichts gefunden?

          • @piedro heute können Sie im Forum live sehen was ich oben gemeint habe.
            Bei einem solchen Spamüberfall nützt auch kein Wort Filter mehr, da braucht man schon eine Software die auf Meta/Phrasen Ebene arbeitet.
            Es ist niemand sicher vor sowas, es hilft nur permanente Überwachung der Systeme, macht man das nicht selbst, kostet es….

          • Ich hätte das Link verändert und auf eine Datingseite für Senioren geleitet. Spätestens beim dritten Mal hört das dann von selbst auf.

          • 😂 ziemlich gute Idee, leider ist das nicht wirklich umsetzbar….
            ZZ hat einen Informatiker angestellt, der Server ist gehostet und Gemanagt.
            Der eine Mensch hat keine Chance jeden der Posts zu manipulieren, der hat ziemlich gut zu tun das “Loch” zu finden wo der rein schneit und das zu stopfen. Dieser Angreifer war kein Mensch, das war ein Script das die User schneller angelegt hat als die gelöscht werden konnten.
            Es war ein “Probeballon” um die Effizienz der Informatik zu testen, da ging es wahrscheinlich gar nicht um den Link, dieser war ziemlich sicher auch kompromittiert und versucht Rechner zu übernehmen.
            Es klingt lästig, könnte aber ein Ernsthafter Angriff sein der mehr will.

          • Eine gewisse Harneckigkeit kann man diesem Spamer nicht absprechen. Klickt doch eh keiner an, bis auf Samui. Und der hat doch schon. 🙂

  3. “Familienbeihilfe an die tatsächlichen Lebenshaltungskosten der im EU-Ausland lebenden Kinder angepasst“ versus “österreichische Staatsangehörige, die im Ausland für eine österreichische Behörde arbeiten und deren Kinder mit ihnen dort leben “: Der Hahn soll lieber nach Spanien jagen gehen und dort bleiben auf der Hacienda seiner Lobbyisten, wenn ihm der Unterschied nicht auffällt. Und den EU-Generalanwalt Richard de la Tour gleich mitnehmen. Es geht ja um die Lebenssituation der Kinder. Denn so ist ja der Österreicher diskriminiert, dem von seiner Familienbeihilfe bei dem hier für die Kinder nötigen Aufwand nichts übrigbleibt.

    • Der Sinn ist eigentlich nicht, dass was über bleibt, sondern dass ein Großteil des Mehraufwands erstattet wird. Wenn das für die Österreicher nicht reicht, könnte erhöht werden. Und nicht vergessen: den ärmsten Österreichern wird das noch zusammen gestrichen. Als das Kindergeld massiv gekürzt wurde, wenn ich das richtig im Kopf habe für das dritte Kind schon gar nix mehr, wer hat sich da aufgeregt? Keiner, der jetzt mit dem Finger auf Kinder im Ausland zeigt. Die einzigen Wortmeldungen, von denen ich weiß, kamen von der SPÖ. Nachzulesen bei kontrast.at.

  4. Und wenn dann die Lastwagenfahrer aus Polen das Land verlassen dann schaut man blöd. Hauptsache man hat ein par Stimmen von Unzufriedenen gewonnen die nicht kapieren, dass es ihnen um nichts besser geht wenn sie auf Schwächere hinhauen.

  5. Vermutlich haben sie für Berater mehr ausgegeben als sie eingespart haben. Die Rechtswidrigkeit war von Anfang an klar. In D-Land wurde das auch schon mal aus einschlägigen Kreisen gefordert. Die rechtliche Bewertung schlug in diesen Kreisen hohe Wellen, raus aus der EU, Unterdrückung, bla bla… Kennt man ja. Nix auffe Pfanne, nix Kopp, aber Welle machen wollen.

    • was hat man sich erwartet, zb von edstadler, die ja gemeint hatte, man müsste gesetze nach fb umfragen machen
      bzw nach automarken und tierumfragen

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