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Helmut Elsner ist tot – 1935-2022

1935-2022

Ex-Bawag-Generaldirektor Helmut Elsner ist tot. Er verstarb im Alter von 86 Jahren, berichtet der “Standard”.

Wien, 28. Jänner 2022 | Der ehemalige Bawag-Generaldirektor Helmut Elsner ist laut einem Bericht der Tageszeitung “Der Standard” im Alter von 86 Jahren gestorben. Er verstarb demnach im deutschen Bad Reichenhall, wo er seine letzten Lebensjahre mit seiner Frau Ruth Elsner verbrachte. Wie die Zeitung online berichtet, wird er dort Freitagmittag bestattet.

Verurteilt wegen Untreue

Elsner war nach dem Auffliegen von gescheiterten Spekulationsgeschäften im Jahr 2008 wegen Untreue zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte 2010 das erstinstanzliche Urteil zwar teilweise gekippt, Elsners Strafe aber bestätigt. Nach viereinhalb Jahren hinter Gittern kam er im Juli 2011 wegen Haftunfähigkeit frei.

Über seine Zeit im Gefängnis sagte Elsner im APA-Interview 2015 zu seinem 80. Geburtstag, er habe ein reines Gewissen gehabt, dadurch habe er die Situation leichter ertragen. “Ich hatte nichts zu befürchten, ich wusste dass alles falsch ist, was man mir vorwirft.” Der Skandal selbst ließ Elsner nie los. Sofort nach der Haftentlassung habe er begonnen, den ganzen Akt durchzuackern. Dabei seien ihm zahlreiche “Ungereimtheiten” aufgefallen.

Die Vorwürfe der Anklage, er habe gegenüber der Bawag Untreue in Milliardenhöhe begangen, versuchte Elsner oft mit dem Verweis auf die Praxis in einer Großbank zu entkräften. Die Spekulationsgeschäfte der Bawag seien nicht riskant, sondern auch bei anderen Banken üblich gewesen. Tatsächlich kamen wenig später in der Finanzkrise auch hohe Spekulationsverluste anderer Institute ans Licht und blieben oftmals ohne Konsequenzen.

In den vergangenen Jahren bemühte sich der pensionierte Banker, eine Wiederaufnahme seines Verfahrens zu erreichen, um seine Verurteilung zu bekämpfen. Elsner behauptete, Wolfgang Flöttl habe die verlorenen Bawag-Millionen nicht verspekuliert, sondern gestohlen, was dieser stets zurückwies. Neue Munition sah Elsner in den 2017 publik gewordenen “Paradise Papers” über bisher unbekannte Firmen des Investors in der Karibik. Flöttl hatte im Gegensatz zu Elsner keinen einzigen Tag hinter Gittern verbracht, er wurde bei der Wiederholung des Prozesses rechtskräftig freigesprochen und lebt in New York.

Elsner sah sich auch vom Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) als “Bauernopfer” missbraucht. “Man hat den Eindruck, man wollte mich einfach verurteilen, das hat man gebraucht – um von Fehlern des ÖGB vielleicht abzulenken”, meinte er 2017. Seine Erkrankungen führte Elsner auf den Stress rund um den Bawag-Prozess zurück. Während des Prozesses habe er trotz starker Schmerzen, mit Atemnot und Sauerstoffgerät, den Verhandlungen folgen müssen. In Bad Reichenhall lebte er, wie er sagte, “wegen der Ärztedichte”.

“Flöttls Mann für das Grobe”

Helmut Elsner wurde am 12. Mai 1935 in Wiener Neustadt als Sohn einer Kastner&Öhler-Angestellten geboren. Sein Vater war im Krieg gefallen. Er wuchs in Graz auf, wo er die Handelsakademie besuchte. Mit 20 Jahren trat er in eine Filiale der Arbeiterbank ein, wie die Bawag damals hieß. Elf Jahre später war er deren Filialleiter. 1978 wurde er vom damaligen langjährigen Bawag-Chef, Walter Flöttl senior, in die Zentrale nach Wien geholt, wo er im Vorstand für das kommerzielle Großkundengeschäft verantwortlich war. Dort galt er bald als “Flöttls Mann für das Grobe”. Erst 1991 trat er in die SPÖ ein, im April 2006 wieder aus. Von 1995 bis 24. April 2003 war er Bawag-Vorstandsvorsitzender. In seinen fast 25 Jahren als Vorstand prägte er das Institut nachhaltig.

Nachgesagt wurde ihm ein “aufbrausender, egozentrischer und unnahbarer Führungsstil”, der keinen Widerspruch duldete. Aber sein luxuriöser Lebensstil wurde dem Chef einer Gewerkschaftsbank im Lichte der Öffentlichkeit durch den Prozess dann zum Image-Verhängnis: Das von der Bawag zum Schnäppchenpreis erworbene Penthouse in der Wiener Innenstadt, seine Villa in Südfrankreich. Die politischen Zurufe an die Justiz blieben nicht aus. So forderte etwa im Juni 2006 der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser – jetzt selbst in der Buwog-Affäre erstinstanzlich verurteilt -, dass angesichts des “schamlosen Missbrauchs” in der Bawag rasch “ein Exempel statuiert” werden müsse.

(bf)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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9 Kommentare

  1. Elstner hat auch die viereinhalb Jahre nicht hinter Gittern verbracht, bevor er im Juli 2011 wegen Haftunfähigkeit frei kam: Er war ziemlich bald nach seiner Verurteilung bereits in seinem eigenen Bungalow, in der schönsten Parkanlage des Wilhelminenspitals untergebracht. Unter Bewachung zwar, frei bewegen durfte er sich nicht, aber wie es halt ist in einem Sanatorium – in einer Kuranstalt darf man auch nicht den ganzen Tag lang frei rumlaufen: Gefängnis sieht anders aus.

    • Genau so sehe ich es auch.
      Dieser Mann mag einiges ausgefressen haben, aber das was man dann mit ihm gemacht hat um ihm die Schuld für etwas zu geben was er eben genau nicht gemacht hatte, war politisch schon von langer Hand geplant und ist für mich schwerer und grausamster Foltermord.
      Er ruhe nun hoffentlich in Frieden?
      Seiner Familie mein aufrichtiges Beileid
      Herr Flöttl jun. die Kraft, endlich die Wahrheit sagen zu können und hoffentlich nach dieser lange Zeit auch zu dürfen?

  2. gut, dass wir in diesen zeiten auch an sozialdemokratische korruption erinnert werden.
    egal welche farbe die sau hat, einmal am trog…..

    • Den BAWAG-Skandal mit der aktuellen Thematik rund um das “Regime” der ÖVP zu vergleichen, ist eine nur allzu übliche Verharmlosung.
      Abgesehen davon, daß es in jeder Partei, wie in jedem Betrieb, in jedem Amt auch schwarze Schafe geben kann, sogar in vielen Familien, handelt es sich bei der schwarzen Politik um das System der Machtausübung in Österreich, nicht um die privaten Machenschaften einzelner Funktionäre oder Amtsträger. In den BAWAG-Skandal war keine Partei involviert. Genausowenig kann man umgekehrt die Wehrmacht für unschuldig erklären, weil es auch anständige Soldaten gab. Und wer das nicht trennen kann, muß geistig beschränkt sein.

  3. Der ließ es sich noch gut gehn die letzten Jahre in Frankreich. Ein Witz damals, dass der Flöttl ungeschoren davon gekommen ist und zum Dank wurde die Bandion Ortner noch Justizministerin! Der eine hat zuwenig abgesessen und der Andere gar nichts!!!

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