Freitag, April 19, 2024

Warum Facebook-Nutzer auf der ganzen Welt nun Eva Glawischnig kennenlernen

Wer sich in den nächsten sechs Monaten auf Facebook einloggen will, wird unweigerlich mit dem Namen Eva Glawischnig konfrontiert – weltweit. Warum ist das so?

Wien, 02. Februar 2022 | Das Handelsgericht Wien hat Eva Glawischnig im von den Grünen initiierten Musterprozess gegen Facebook recht gegeben. Die Plattform muss die gegen ihre einstige Chefin gerichteten beleidigenden Kommentare einer Nutzerin wie auch sinngleiche Beiträge weltweit löschen. Facebook muss das Urteil zudem für sechs Monate auf der Startseite veröffentlichen und die Daten der Hassposterin herausgeben.

Facebook kam Löschung von Hasspostings nicht nach

Anlassfall war eine Klage, die Glawischnig noch vor ihrem Rücktritt als Chefin der Grünen 2016 gegen das soziale Netzwerk angestrengt hatte, nachdem sie in Postings beleidigt und unter anderem als “miese Volksverräterin” und Mitglied einer “Faschistenpartei” bezeichnet worden war. Es wurde eine einstweilige Verfügung beim Handelsgericht Wien angestrebt. Dieses verfügte die Löschung, allerdings kam Facebook dem nur für Österreich nach. Nach einem Zwischenstopp beim Obersten Gerichtshof (OGH) urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Vorabentscheidungsverfahren, dass auch nationale Gerichte eine weltweite Löschung – auch von sinngleichen Postings – verfügen können.

Im Hauptverfahren vor dem Handelsgericht Wien wurde das erstinstanzliche Urteil nun von Facebook anerkannt, da der Konzern keine Berufung einlegte, wie Glawischnigs Rechtsanwältin Maria Windhager der APA sagte. Sie sprach von einem “absolut sensationellen” Grundsatzurteil und einem “Sieg auf allen Ebenen”.

Glawischnig wird nun weltweit bekannt

Facebook muss das Urteil nun für sechs Monate weltweit auf der Startseite www.facebook.com “in dem Bereich, der bei Abruf der Startseite ohne Scrollen sichtbar wird, in einem fett linierten Rahmen, mit fett geschriebener mindestens 20 Punkt großer Überschrift ‘Im Namen der Republik!'” veröffentlichen. Das Gericht sieht dies als notwendig an, “um das Umsichgreifen der Meinung, man könne sanktionslos Hasspostings veröffentlichen, zu verhindern”.

https://twitter.com/maxschrems/status/1488867805265117186

Facebook veröffentlichte das Urteil bereits. Windhager äußerte allerdings Bedenken, ob dies formgerecht geschah. So dürfte es laut der Anwältin auf Österreich beschränkt sein und auch nicht in allen Browsern aufscheinen. Zudem gelange man nur über einen Klick zum gesamten zu veröffentlichenden Urteil. “Wir prüfen rechtliche Schritte”, so Windhager.

Als besonders wichtig erachtete es Windhager, dass Facebook dazu verpflichtet wurde, die Userdaten – Vor- und Zuname sowie die Anschrift – herauszugeben. Denn die Interessen der Klägerin an der Feststellung der Identität der Nutzerin seien laut dem Urteil evident. Facebook weigerte sich bisher, Userdaten preiszugeben und berief sich auf irisches Recht. Das Urteil stellt nun klar, dass hier österreichisches Recht zur Anwendung kommen kann. Facebook wurde darüber hinaus verpflichtet, 4.000 Euro Schadenersatz zu zahlen und rund 19.000 Euro Verfahrenskosten zu ersetzen.

Die Klubobfrau der Grünen, Sigrid Maurer, sah in einem der APA vorliegendem Statement einen “wichtigen Sieg vor Gericht gegen Facebook”. Die Urteilsveröffentlichung auf der Startseite zeige auf, dass die Plattformen für die Inhalte auf ihren Seiten haftbar seien und sich nicht aus der Verantwortung stehlen könnten. “Verstöße führen zu Schadenersatz und damit Kosten – offenbar verstehen sie nur diese Sprache”, so Maurer und merkte an, dass vor allem Frauen und bereits marginalisierte Personengruppen besonders von Hasspostings betroffen seien. “Wichtig für alle Betroffenen ist: Sie sind nicht alleine. Es gibt Mittel und Wege, sich zu wehren und sie wirken.”

(apa/bf)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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12 Kommentare

  1. Facebook,Twitter usw…. ist für mich das gleiche wie die Fellnergruppe! Würde mir nie einfallen da etwas zu lesen oder beitreten!
    Es ist schon traurig genug das auch die PolitikerInnen diese Sozialmedia benötigen!
    Aber egal ich bin ein rein demokratischer Mensch und wünsche denen viel Spaß!

  2. An sich sehr gut, dass FB da mal eine Grenze
    aufgezeigt wird. Praktisch jedoch ist hier (Thailand) weder am app für iPad noch auf http://www.facebook.com etwas davon zu sehen … Also FB nicht ans Bein pinkeln da man dort offenbar wünscht voll eingedunkt zu werden.

  3. Eine Politikerin muss sich den Ausdruck “Volksverräterin” oder “Mitglied in einer Faschistenpartei” schon gefallen lassen. Damit kritisiert man ja die politische Haltung der Betroffenen. Wenn das nun zensiert werden muss, tut man der Meinungsfreiheit keinen Gefallen. Die Geister, die man damit ruft, können in alle Richtungen tätig werden.

    • Als Politikerin muss man sich Hasspostings gefallen lassen?
      Hassposting ist Meinungsfreiheit!
      Was für ein unendlicher Blödsinn.
      Na dann, her mit Ihrem Klarnamen und wir ziehen Sie einmal ordentlich durch den Dreck.

    • Aufpassen, lieber Chris2012. Der Sigfried Maurer hat sich justitiell abgesichert, wenn Sie das dem Lauser vorwerfen, haben Sie mit einer Strafe zu rechnen.
      So kann Gerechtigkeit in Österreich auch aussehen…
      Es muss heller werden Österreich!

  4. Ein gefährliches Urteil mit möglichen, unerwarteten Folgen.
    Auch wenn es im Sinne von Glawischnig verständlich is, man öffnet mit dem Urteil Pandora’s Kiste zr allgemeinen Internetzensur. Ab jetzt kann immer, wenn sich ein Politiker beleidigt fühlt, die Zensur auf der ganzen Welt einschreiten.
    Außerdem, auch wenn man “miese Volksverräterin” als Beleidigung auffassen kann (eigentlich ist es eine Unterstellung), die Aussage “Mitglied einer Faschistenpartei” ist es sicher nicht )ist eine Meinung über die politische Orientierung einer Partei).

    • Und Sie meinen, eine Politikerin zu sein, rechtfertigt, sie mit Hasspostings, Diskreditierungen und Verleumdungen zuschütten zu können und das müsste sie hinnehmen.
      Was hat das mit Zensur zu tun, wenn sich jemand gegen Beleidigungen wehrt.
      Möchten Sie öffentlich durch den Dreck gezogen werden?
      Ich nicht, ich würde mich auch wehren. Und dieses Urteil ist schon längst überfällig.

  5. Ich gratuliere Maria Windhager und Eva Glawischnig zu ihren Erfolgen Es war sicher ein hartes Stück Arbeit und hat viele Nerven gekostet. Ich wünsche ihnen auch viel Glück für die restlichen Verfahren.
    Hoffentlich hat es auch für viele Andere eine positive Auswirkung.

    • nat. ist sie keine Verräterin wenn sie Novomatik anzeigt wegen div. Gluecksspielkonstrukten und dann selber in diese Abteilung Novomatic wechselt ! ………. eine kognitive dissonanc a la mirage ! sie ist eine gekaufte Politikerin, ich denke eine noch schlimmere Bezeichnung kann es nicht geben !

      • Falls Sie es nicht gecheckt haben. Es geht hier nicht um Politik. Mehr gibt’s dazu nicht zu sagen.

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