Dienstag, Oktober 8, 2024

Teil 17: Etappensieg für ZackZack in Ho-Verfahren

Gericht wies Antrag auf einstweilige Verfügung ab

Martin Ho wollte mit einer einstweiligen Verfügung gegen den ZackZack-Artikel „Die Ho-Kain Affäre“ vorgehen, gegen den mehrere Verfahren anhängig sind. In einem nicht rechtskräftigen Beschluss wies das Gericht Hos Antrag ab und bescheinigte ZackZack, sauber recherchiert zu haben.

 

Wien, 07. Februar 2022 | Martin Ho will eine Million Euro von ZackZack. Gegen den Enthüllungsartikel „Die Ho-Kain Affäre“ brachte der Gastronom mehrere Klagen und Anträge ein, weil er seinen Ruf beschädigt sieht. Bis zum rechtskräftigen Urteil wollte er darüber hinaus, dass ZackZack den Artikel von der Website nimmt. Konkret wollte Ho sein Lichtbild nicht im Zusammenhang mit der Berichterstattung sehen.

Jetzt hat das Handelsgericht Wien den Antrag auf einstweilige Verfügung abgewiesen. Der Beschluss ist nicht rechtskräftig.

Ho muss zahlen, Rechtsmittel aber möglich

Ho muss ZackZack knapp 1.500 Euro Kosten des Vorverfahrens (juristisch: „Provisorialverfahren“) binnen 14 Tagen erstatten. Er kann den erstinstanzlichen Beschluss allerdings bekämpfen. Ob er dies tun wird, wollte sein Anwalt Georg Zanger auf Nachfrage bis zum Erscheinen des Artikels nicht beantworten.

Das Hauptverfahren ist damit nicht entschieden, für ZackZack ist es aber ein Etappensieg. Es geht um viel: die von Experten als Einschüchterungsversuch gewertete Klage bedroht ZackZack in seiner wirtschaftlichen Existenz. Immerhin benötige Ho für die Wiederherstellung seines Rufes eine Million Euro. Das sagt zumindest der ÖVP-nahe PR-Berater Wolfgang Rosam, der für Ho ein entsprechendes „Gutachten“ erstellte.

Der 15-seitige Beschluss des Wiener Handelsgerichts geht penibel auf das Vorbringen des Klägers Ho sowie auf die Einwände der beklagten Partei ZackZack ein und kommt zum Schluss, dass es sich um eine rechtskonforme Berichterstattung handelt.

Zweifel an „Nulltoleranz-Politik“

Die Schilderungen von ZackZack-Redakteur Thomas Walach und einem weiteren, damals in der Pratersauna anwesenden Journalisten erscheinen dem Gericht glaubhaft. Die Aussagen seien „schlüssig und nachvollziehbar“. Bemerkenswert sind vor allem die folgenden zwei Sätze: „Voranzustellen ist, dass der Kläger in seinem Antrag die im Artikel beschriebenen Geschehnisse gar nicht (substantiiert) bestritt. Es gab aber auch keinen Grund, die Schilderungen anzuzweifeln.“ Für das Gericht ergibt sich, „dass sich dem Geschäftsführer der Beklagten (Anm.: Thomas Walach) aufgrund der Mitwirkung von Security-Mitarbeitern der Eindruck eines organisierten Drogenhandels bot“.

Umgekehrt werfe das die Frage auf, wie die Vorfälle mit der vom Kläger Martin Ho ausgesagten „Nulltoleranz“ gegenüber Drogenhandel in seinen Lokalen in Einklang zu bringen sei. Dazu hält das Gericht fest: „Aufgrund der bescheinigten Wahrnehmungen der Journalisten zur Interaktion von Security-Mitarbeitern und Dealern war aber jedenfalls der Schluss zu ziehen, dass es zumindest in der Umsetzung der ausgesagten Nulltoleranz-Politik gegenüber Drogen erhebliche Defizite geben muss“.

Journalistische Sorgfalt eingehalten

Anhand des bescheinigten Sachverhaltes zeige sich für das Gericht weiters, dass ZackZack bei der Recherche sauber vorgegangen sei. Schilderungen über den Drogenkauf des Recherche-Teams in der „Pratersauna“ entsprächen demnach den Tatsachen. Die journalistische Sorgfalt, „insbesondere durch Anfrage beim Pressedienst des Klägers zwei Tage vor der Veröffentlichung (‚Gegencheck‘)“, sei eingehalten worden. Ho hatte das Gegenteil behauptet.

Der Gastronom hatte ebenso beklagt, dass der Eindruck vermittelt worden sei, er selbst betreibe Drogenhandel. Das sieht das Gericht anders: „Auch der unbefangene Durchschnittsleser wird den Artikel ‚Die Ho-kain Affäre‘ nicht dahin verstehen, dass der Kläger selbst Drogenhandel betreibe, sondern vielmehr so, dass eine journalistische Recherche zu dem Schluss gekommen ist, dass in der ‚Pratersauna‘ auf offensichtliche Weise organisierter Drogenhandel stattfinde.“

ZackZack-Anwalt Volkert Sackmann fühlt sich durch die Entscheidung des Gerichts bestätigt: “Einschüchterungsklagen haben in unserer liberalen Demokratie keinen Platz. Es ist das Wesen kritischer Berichte, dass sie jemand nicht veröffentlicht haben möchte. Gerade deshalb ist der gerichtliche Schutz der Pressefreiheit zentraler Bestandteil der Menschenrechte”, so Sackmann.

(wb)

Update, 07.02.22, 16:50 Uhr: “Konkret wollte Ho sein Lichtbild nicht im Zusammenhang mit der Berichterstattung sehen.” Dieser Satz wurde eingefügt.

In eigener Sache: Die Millionenklagen von Kurz-Freunden gegen ZackZack mehren sich. Erst Casinos-Chefin Glatz-Kremsner, dann Benko, jetzt Ho. Wir brauchen eure Unterstützung für unabhängigen und kritischen Journalismus!

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Ben Weiser

    Ist Investigativreporter und leitet die Redaktion. Recherche-Leitsatz: „Follow the money“. @BenWeiser4

LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

105 Kommentare

105 Kommentare
Meisten Bewertungen
Neueste Älteste
Inline Feedbacks
Zeige alle Kommentare

Jetzt: Rechtsruck in Österreich

Nur so unterstützt du weitere Recherchen!