»Kurz-Entlastung verhaltensoriginell«
Die Opposition sieht durch das Vernehmungsprotkoll der Meinungsforscherin Sabine Beinschab das “schwarz-türkise Selbstbedienungs-System” als bestätigt. Dass Kurz sich als entlastet sieht, wird als “verhaltensoriginell” bezeichnet.
Wien, 25. Februar 2022 | Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz sieht sich in der ÖVP-Inseraten-Affäre entlastet.
Ich habe immer gesagt, dass sich die Vorwürfe gegen mich als falsch erweisen werden. Jetzt ist es soweit. https://t.co/RzTtpLdTKs
— Sebastian Kurz (@sebastiankurz) February 25, 2022
Die Opposition sieht dies jedoch nicht, denn die Meinungsforscherin Sabine Beinschab belastet in ihrer Einvernahme einen seiner engsten Mitarbeiter, Johannes Frischmann. Frischmanns Anwalt weist die Vorwürfe zurück. Auch die ehemalige Familienministerin auf ÖVP-Ticket, Sophie Karmasin, wird von Beinschab belastet.
“ÖVP verhaltensorginell”
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch bezeichnete den “ÖVP-Freispruch für Kurz angesichts Beinschab-Aussagen” als “verhaltensoriginell“. Weiters sieht Deutsch die Beschuldigten-Einvernahme Beinschabs als „umfassende und schwerwiegende Bestätigung der Vorwürfe gegen das System Kurz im Zusammenhang mit missbräuchlicher Verwendung von Steuergeld für das von Kurz und seinem engsten Umfeld betriebene ‚Projekt Ballhausplatz‘.” Dass Kurz nicht von den Vorgängen gewusst habe bezeichnet Deutsch als “Märchen”: „Wer soll ÖVP-Märchen glauben, dass Kurz nichts über Beinschab-Tool wusste, mit dem er sich ins Kanzleramt hievte?“
Die FPÖ erachtet das “schwarz-türkise Selbstbedienungs-System auf Kosten der Bürger” als bestätigt – auch wenn sich “Beinschab sichtlich bemüht hat, das Spitzenpersonal der ÖVP in ihrer Aussage zu schonen”. Schwer belastet worden sei Ex-ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin – die die Studienaufträge vermittelt und dafür 20 Prozent Umsatzprovision erhalten haben soll. Sie sollte “die auf mutmaßlich illegale Weise erwirtschafteten Einnahmen umgehend zurückzahlen”, meinte Christian Hafenecker, der FPÖ-Fraktionsvorsitzende im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss, in einer Aussendung
Keine Entlastung für Frischmann und Schmid
Auch für Thomas Schmid und Johannes Frischmann seien Beinschabs Aussagen “alles andere als entlastend”. Hafenecker erinnerte an die Chats, in denen sich “die Architekten des ‘Projekt Ballhausplatz’ unter dem Begriff ‘Beinschab-Tool’ über den parteipolitischen Nutzen von Beinschabs Leistungen intensiv unterhalten haben”.
“Die Medienberichte über das Geständnis von Sabine Beinschab zeigen die nie zuvor dagewesene Dreistigkeit, mit der sich die türkise Familie an der Republik bedient und bereichert hat”, kommentierte NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper die Sache. Im Hintergrund stehe ein System, das das politische Leben in Österreich seit Jahrzehnten dominiere – nämlich dass sich “ÖVP und SPÖ in den Jahrzehnten der Großen Koalition das Land aufgeteilt haben – ungeniert und unkontrolliert”. Seit 2017 habe die ÖVP dann ein “Best Of” der Korruption “mit blauer und grüner Mithilfe” gespielt.
(bf/apa)
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