Mittwoch, April 24, 2024

Übertragung des JVP-Parteitags brach ORF-Gesetz

JVP-Parteitag:

Der ORF übertrug den Parteitag der Jungen Volkspartei ohne jegliche journalistische Einordnung. Die Rundfunkregulierungsbehörde RTR stellte fest: Das war ungesetzlich.

 

Wien, 10. März 2022 | Zwei Stunden Livestream in der TVThek. Das war dem ORF der Parteitag der JVP am 15. Mai 2021 wert. Regie und Bilder kamen von der Jungen Volkspartei, JVP-Werbespot inklusive. Aus journalistischer Sicht sei das “völlig untragbar”, ließ der ORF-Redakteursrat wissen. Für die Übertragung habe es keinen journalistischen Grund gegeben. ZackZack hat ausführlich berichtet.

“Politische Wunscherfüllung” also? Dieser Eindruck entstehe jedenfalls, befürchteten die ORF-Redakteure. Verantwortlich für die Ausstrahlung war der Vizedirektor der technischen Direktion, Thomas Prantner. Er galt als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge von Andreas Wrabetz als ORF-Generalsekretär. Das Rennen machte schließlich ein anderer von der ÖVP favorisierter Kandidat, Roland Weißmann.

RTR sieht Rechtsverletzung

Wurde nicht nur ein politischer Skandal ausgelöst, sondern auch Recht verletzt, indem der ORF die JVP-Veranstaltung übertrug? Die Antwort: Ja. Das stellte die Rundfunkregulierungsbehörde RTR am Dienstag in einem 90-seitigen Erkenntnis fest.

Aus dem Entscheid der RTR. Der ORF muss über den Gesetzesbruch informieren.

Das ORF-Gesetz legt fest, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk online Berichterstattung liefern darf, die sich “auf die wichtigsten tagesaktuellen Geschehnisse” bezieht. Dazu zählt der Parteitag der ÖVP-Jugendorganisation nicht. Es handelt sich laut RTR auch nicht um einen “sendungsbegleitenden Inhalt” – ein solcher wäre erlaubt.

Kein sendungsbegleitender Inhalt

In den Sendungen des ORF spielte der Parteitag aber kaum eine Rolle – lediglich die Wahl der neuen JVP-Chefin, der heutigen Staatssekretärin Claudia Plakolm, wurde kurz vermeldet. Für die RTR war die kurze Meldung aber nicht ausreichend, da eine zugrundeliegende Sendung fehlte, die den zweistündigen Livestream rechtfertigen würde.

Die RTR erlegt dem ORF nun auf, auf der Website der TVThek die heutige Erkenntnis zu veröffentlichen. Das Erkenntnis ist noch nicht rechtsgültig, der ORF kann noch Beschwerde einlegen, dann müsste das Bundesverwaltungsgericht entscheiden.

„Rundfunk-Aufsicht funktioniert“

„Es ist erfreulich, dass die Aufsichtsbehörde nach den Bestimmungen des Rundfunkgesetzes funktioniert“ sagt Medienwissenschaftler Fritz Hausjell von der Universität Wien. Die ORF-Führung müsse sich schon länger den Vorwurf gefallen lassen, unter türkisem Druck in die Knie gegangen zu sein. „Das beste Beispiel ist die Wahl des jetzigen Generaldirektors Roland Weißmann“, sagt Hausjell. Dass der ORF die RTR-Erkenntnis nun auf der Website veröffentlichen muss, sei vor diesem Hintergrund „sicherlich nicht angenehm“.

„Die Entscheidung der RTR muss für Geschäftsführung und Entscheidungsträger ein deutlicher Hinweis sein, wo unabhängiger Journalismus aufhört und die Liebdienerei gegenüber Regierungspolitikern beginnt“, sagt Hausjell. Die politischen Parteien hätten „mehr als genug“ Plattformen, auf denen sie ihre Inszenierungen ausspielen könnten. Der ORF, mit seinen vielen kritischen Journalistinnen und Journalisten, gehöre nicht dazu.

(fb/tw)

Titelbild: APA Picturedesk

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32 Kommentare

  1. Lustig waren die Gemeindratswahlen in Tirol. Da nach diesem angerichteten Desaster kein halbwegs normaler Mensch ÖVP wählt, wissen sie selber. Die ÖVP-Listen (oft auch Nachfolgerlisten um den ersten Platz auf dem Stimmzettel einzunehmen) erwähnten ihre Partei mit keinem Wort. Es wurde schlicht verschwiegen oder gar geleugnet (parteiunabhängig”). Ob es aber ÖVP-Geldflüsse gab, wäre ein “Fall für Pilz”, denn am großen Steuer-Brunnen sind sie noch saugend angenapft. .

  2. Mir ist aufgefallen, dass die Zeiten für Werbung seit Weihnachten 2021 länger geworden sind. Und das trotz Erhöhung der Gebühren. Werde mit den Stiftungsräten und der RTR Kontakt aufnehmen. Habe mir gestern eine Sendung von RTL angesehen mit weniger Werbung als zwischen “Wien heute” und der ZIB1 auf ORF2. 15 Minuten lang!

    • Ja! Man vergleiche auch die Sportübertragungen. Der ARD/ZDF bringt Interviews, der ORF schaltet Werbung. Sivester erklang die Pummerin schon Minuten vor zwölf (also nicht live!), um Punkt Mitternacht kam eine Juwelier-Werbung. Ein einziger Speibhaufen für unfassbare 700.000.000 €!

  3. Der Schaden ist angerichtet bzw. die versuchte Werbung für den nächsten potenziellen Kurz schon ausgestrahlt (ob mit viel Erfolg oder nicht).

    Die TVThek Info im Nachhinein werden die meisten nur als nervig wahrnehmen.

  4. Dieser Weißmann hat doch nach seiner Bestellung gleich mal verkündet dass er eine wöchentliche Sebastian Kurz Soap ins Programm einbauen möchte. Man sollte ihn daran erinnern.

    • Brauchen wir nicht mehr. Wir haben jetzt die tägliche Nehammer/ Schwürkisen7Verwelkenden Soap auf allen Kanälen.

    • Gute Idee. Der Lugner war ja auch im “Reality”TV. Bastl würde auch gut passen – wenn er nach der Haft noch halbwegs telegen ist. Der Lugner brauchte nicht telegen sein, da reichte deppert, und das waren noch andere Zeiten. Womöglich reicht es nach der Entlassung nicht mal mehr fürs Dschungelcamp. Tragisch.

      • Eine reality Häfn Soap wäre mal was neues. Würde den Protagonisten auch eine zusätzliche Einnahmequelle – zum Verdienst in der Gefängniswäscherei – sichern. Rainer Nikowitz hat z.B. schon einen Auszug eines eventuellen Drehbuchs veröffentlicht. “Orange is the new black” in der Hauptrolle S.Karmasin. Mannoman! wär wirklich ein Heuler!
        Man könnte auch dann wöchentlich abwechseln vom Männer zum Frauenknast. Rekordverdächtige Einschaltquoten wären garantiert.

        • Nicht zu vergessen, dass da noch mehr Protagonisten teilnehmen dürfen. Die über Österreich verteilt gibt schöne Impressionen.

          • Wäre auch mit einem sozialen Auftrag verbunden. Es ist ja an der Zeit dass auch den Strafgefangenen medial ein (telegenes) Gesicht verliehen wird. Sebastian Kurz und Blümel könnten dann z.B. demonstrieren dass nicht alle Sträflinge ausschauen wie potentielle Doppelgänger von Wolfgang Sobotka oder Harald Vilimsky.

  5. Und, wen hat der Gesetzesbruch gekümmert?

    Genau nach der Prämisse von Kurz wurde gehandelt: “Bis es eine Reaktion darauf gibt, ist alles schon längst wieder vergessen. Also weitermachen, macht euch Österreich untertan!”

  6. Weißmann dürfte sich den neuen Job auch angenehmer vorgestellt haben. Seine erwartete Allmacht in ORF dürfte sich ohne Rückendeckung einer allmächtigen türkisen VP nun etwas relativieren.

    • Die ÖVP hat ihn doch durchgeboxt. Jetzt hat er keine Rückendeckung mehr? Wissen Sie warum? Jedenfalls eine interessante Entwicklung.

      • Fernseher abmelden, keine GIS Zwangsbeiträge mehr zahlen und der Sauhafen Österreichischer Ratten Funk ist schlechte Geschichte. Würde ich machen bzw. habe ich vor Jahren schon gemacht.

  7. Der nächste idiotenhaufen der sein Handwerk nicht versteht aber ein schwarzes Parteibuch vorweisen kann. Echt peinlich diese Partei.

  8. “… in einem 90-seitigen Erkenntnis”: Respekt!
    Das wäre auch in drei Sätzen zu sagen; gut, dass der Bückling übergangen wurde.

  9. Wundert mich nicht. Die zynische Kurz-Message 2020 lautete: Bis das Gesetz vom VfGH aufgehoben wird, ist es eh nicht mehr in Kraft. Da war diese gesetzwidrige Übertragung eine leichte Übung.

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