Donnerstag, März 28, 2024

Gericht lässt Oligarch Firtasch abblitzen

Justiz-Paukenschlag: Der Antrag auf Wiederaufnahme des Auslieferungsverfahrens um den ukrainischen Oligarchen Dmytro Firtasch wurde abgelehnt. Er hat nun erneut die Option, Rechtsmittel einzulegen.

 

Wien, 21. März 2022 | Das Landesgericht (LG) Wien hat den Antrag des ukrainischen Oligarchen Dmytro Firtasch auf Wiederaufnahme seines Auslieferungsverfahrens abgelehnt. Der Beschluss ist am 16. März auch Firtaschs Anwälten zugestellt worden, berichtet die APA.

Nachdem der Oberste Gerichtshof (OGH) im Sommer 2019 Auslieferung des Ukrainers an die USA für zulässig erklärt hatte, hatte ein Wiederaufnahmeantrag damals eine drohende Überstellung verhindert.

Langes Verfahren, beste Verbindungen

Die Entscheidung des Landesgerichts hatte – bedingt durch die große Menge an eingereichten Beweismitteln, Corona-bedingten „Kommunikationsproblemen“ und Richterwechseln – vergleichsweise lange auf sich warten lassen. Die USA, wohin der Putin-nahe Oligarch ausgeliefert werden soll, vermuteten gar, Firtasch könnte die österreichische Justiz bestochen haben – was vonseiten der Justiz auf Nachfrage ausgeschlossen wurde. In einem Schreiben an Außenminister Antony Blinken äußerten Demokraten und Republikaner Sorge, und verwiesen dabei auf einschlägige Russland-Connections der österreichischen Politik. Dabei angeführt wurde auch ein von der „Kyiv Post“ zitierter ZackZack-Artikel zu Sebastian Kurz‘ Flug im Privatjet von Firtasch.

Der Oligarch hat einschlägige Kontakte in die ÖVP: er mietet eine Villa des ÖVP-Großspenders Alexander Schütz, beschäftigt Ex-Pröll-Sprecher Daniel Kapp als PR-Agenten und war in der Vergangenheit mit Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger in der „Agentur zur Modernisierung der Ukraine“ verbunden.

Firtaschs Anwälte haben nun erneut die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen und zumindest die Chance, eine Auslieferung ihres Mandanten erneut zu verhindern. Die Pläne der Verteidigung sind einstweilen jedoch unbekannt – Firtasch-Anwalt Rüdiger Schender von der Kanzlei Böhmdorfer Schender gab auf Anfrage der APA am Montag keinen Kommentar zur Causa ab.

PR-Aktion mit Fragezeichen

Keine formalen Schritte haben die Anwälte des Ukrainers jedenfalls bisher in Bezug auf jenen Ausreiseantrag gesetzt, den Firtaschs US-amerikanischer Vertreter Lanny Davis am 26. Februar angekündigt hatte. Die PR-Aktion war auch in hiesigen Medien lanciert worden. Firtasch wolle demnach temporär in der Ukraine zurückkehren, um zu der Verteidigung seiner Heimat beizutragen. Er würde die österreichischen Behörden um eine diesbezügliche Erlaubnis bitten, hatte es in einer Presseaussendung geheißen. “Ein Antrag auf Ausreise ist bis dato nicht gestellt worden”, informierte am Montag ein Sprecher des LG Wien.

Die USA beantragen seit 2014 die Auslieferung Firtaschs im Zusammenhang mit angeblichen Schmiergeldzahlungen an indische Politiker in Höhe von mindestens 18,5 Millionen Dollar bei einem nie realisierten Titangeschäft. Außerdem verdächtigt ihn das FBI, ein Statthalter Putins sowie der russischen Mafia in Europa zu sein. Firtasch bestreitet alle Vorwürfe vehement und gibt sich als Geschäftsmann, der politisch verfolgt wird.

Im März 2014 war er in Österreich festgenommen worden, aber gegen eine Rekordkaution von 125 Millionen Euro auf freien Fuß gesetzt. Das Geld war vom Chef des russischen Judoverbandes gekommen, dem Putin-Vertrauten Vasily Anisimov. In erster Instanz hatte das Landesgericht Wien gegen eine Auslieferung entschieden, weil die Anklage politisch motiviert sei. Das OLG dagegen erklärte im Februar 2017 die Auslieferung Firtaschs für zulässig, was schließlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) bestätigt wurde. Auch der damalige Justizminister Clemens Jabloner erteilte schließlich die erforderliche Zustimmung zur Überstellung, die jedoch durch eine Entscheidung des LG Wien im Zusammenhang mit Firtaschs Wiederaufnahmeantrag aufgeschoben wurde.

(wb/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Ben Weiser
Ben Weiser
Ist Investigativreporter und leitet die Redaktion. Recherche-Leitsatz: „Follow the money“. @BenWeiser4
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33 Kommentare

  1. Bei aller Abneigung gegen den Firtasch muss man doch auch sehen, dass die USA kein Rechtsstaat auf angemessenem Niveau sind, sondern ein Land, in dem Aufdecker von Kriegsverbrechen verfolgt werden (Assange; Manning), in dem Menschenrechtsakaktivisten lebenslang einsitzen (Leo Pelltier) oder Unschuldige in Guantanamo seit 20 Jahren ohne jede Gerichtsverhandlung in Käfigen gehalten werden. Darüber hinaus gilt dort immer noch die Todesstrafe etc.. Mit Hinweisen auf diese Situation und den Zustand des Rechtsstaates USA sollte man diese Auslieferung verweigern. Das wird aber nicht geschehen. Wobei mir der Firtasch selber nicht leid tut. Es geht ums Prinzip der Rechtsstaatlichkeit.

  2. 7 Instanzen, dazwischen 6 JustizministerInnen und 4 AußeministerInnen. Oder so ähnlich. Die Zahlen merk ich mir nicht mehr. Das Urteil steht 5 Jahre fest und die Auslieferung hat immer noch nicht stattgefunden. Ja, wenn man über Mafia-Bosse mit Unschuldsvermutung für diese obselbst unangenehme Entscheidungen treffen muss, kann es schnell gefährlich für Leib und Leben werden. So ist es kein Wunder, dass in Korruption durchsetzten Staaten die Minister wechseln wie die Fliegen am Fensterbrett in der Sonne. Niemand will diese unangenehme Entscheidungen mehr treffen, und so versteckt man sich hinter einer namenlosen Zahl von Nichtentscheidern, um am Ende nicht dafür büßen zu müssen.

    Welch todbringendes Aggressionspotenzial hinter solchen Machenschaften steckt, zeigt Putin gerade in der Ukraine. Rasche Minister- und Regierungswechsel sind also ein Zeichen für mit Todesangst verbundener Korruption.

    Die letzten 5 Regierungsjahre in Ö liefen genauso ab. Jetzt ist es politisch heraußen.

  3. Österreichische VOLKS PARTEI. Man fragt sich welches „Volk“? Würden die Damen und Herren bei der Wahrheit bleiben müssten sie sich längst schon umbenennen in

    TÜRKIS-SCHWARZE PARTEI der FAMIGLIA
    oder
    EINIGES TÜRKIS-SCHWARZ

  4. Nach Elsner, Kurz und Kneissl der nächste “politische Flüchtling”.
    So sad.

  5. Na geh , der Arme … der schaut doch so “lieblich und sympathisch” aus.
    Das ist doch sicher ein gänzlich untadeliger Mensch.

  6. 8 Jahre !!! braucht die österreichische Justiz, um über einen Auslieferungsauftrag der USA zu entscheiden?

    Sind die alle im Tiefschlaf?

  7. Dieser Firtasch ist ja nicht der einzige Oligarch über den die ÖVP dominierte Republik ihre schützenden Hände legt. Das hat sich auch beim Deripaska gezeigt, sowie bei der mangelnden Kontrolle der Exporte nach Russland. Die RBI nützt noch immer Swift für Überweisungen nach Russland.

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