Das ist ein Unterüberschrift
Das Urteil gegen Julian Hessenthaler ist mehr als ein Justizskandal. Es ist auch eine deutliche Warnung an Aufklärer und Whistleblower.
Thomas Walach
Wien/St. Pölten, 30. März 2022 | Ibiza-Aufdecker Julian Hessenthaler wurde zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Außerdem ist er durch den Prozess finanziell ruiniert.
Angeblich ging es um Drogenhandel, es darf bezweifelt werden, dass das der Wahrheit entspricht. Die SOKO Ibiza unter ihrem Chef Andreas Holzer versuchte alles, um Hessenthalers als Regisseur des Ibiza-Videos habhaft zu werden.
Gesucht: Video. Gefunden: Kokain
Doch die Behörden im europäischen Ausland kooperierten nicht. Sie wollten Hessenthaler wegen des Videos nicht verfolgen. „Was sollen wir ermitteln?“ fragte der verzweifelte Chef der Wiener Oberstaatsanwaltschaft, Johann Fuchs, seinen Chef Christian Pilnacek. „Es gibt keinen Anfangsverdacht.“ Pilnacek darauf sinngemäß: Für den Anfangsverdacht seid ihr zuständig.
Ermittler der SOKO durchsuchten den Keller von Frau H. Sie ist die Geliebte von K., einem Drogendealer, der als V-Mann für die alte Abteilung von Andreas Holzer arbeitete. K. hatte auch für Hessenthaler gearbeitet. Im Keller seiner Geliebten suchten die Ermittler angeblich das Ibiza-Video. Sie fanden aber nicht das Video, sondern Kokain.
H. und K. sagten, das hätten sie von Hessenthaler bekommen. Und schon liefen die Ermittlungsmaßnahmen gegen den Ibiza-Regisseur. Bei Drogendelikten zeigten sich die europäischen Behörden kooperationsbereit. Hessenthaler wurde verhaftet und ausgeliefert.
Außer den Aussagen der beiden Belastungszeugen hat die Staatsanwaltschaft keine Beweise. K. bekam von Gert Schmidt, einem Detektiv im Sold der Novomatic, mehrere tausend Euro monatlich. Schmidt übernahm auch die Anwaltskosten von K. Der tappte in eine Telefonüberwachung in der er sagte, dass er belastendes Material gegen Hessenthaler brauche, sonst würde Schmidt ihn nicht bezahlen.
Der „Lügner“ als Belastungszeuge
H. sagte über ihren Geliebten vor Gericht: „Er ist ein Lügner. Er verkauft auch der Polizei falsche Informationen.“ Die Staatsanwaltschaft Wien, dieselbe Behörde also, die K. als Zeugen gegen Hessenthaler verwendet, ermittelt gleichzeitig gegen ihn wegen gewerbsmäßigen Betrugs. H. und K. widersprechen sich selbst und einander immer und immer wieder.
Am Ende urteilt das Gericht: Die Zeugen sind glaubwürdig. Hessenthaler wird zu dreieinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt.
Wenn das genügt – ein Drogendealer und V-Mann der Polizei, der mutmaßlich für seine Aussage bezahlt wurde und seine Geliebte, die ihm ständig widerspricht als Zeugen – dann kann jeder von uns für Jahre hinter Gittern verschwinden.
Die Justiz hat allen Aufklärern und Whistleblowern in Österreich ein überdeutliches Zeichen gegeben. Wer sich mit den Mächtigen anlegt, muss das Schlimmste befürchten.
Titelbild: APA Picturedesk