Freitag, März 29, 2024

Wolfgang Brandstetter: »Tief getroffen von Vorwürfen«

ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss:

Ex-Justizminister und Ex-Vizekanzler Wolfgang Brandstetter betonte vor dem ÖVP-U-Ausschuss, niemals politische Ambitionen gehabt zu haben. Er sei Wissenschaftler und als solcher Querein- und Queraussteiger gewesen und nie politisch beeinflusst worden.

Wien, 31. März 2022 | Wolfgang Brandstetter war gekommen, um zu reden. Er schöpfte gleich einmal die maximale Dauer seines Eingangsstatements aus – 20 Minuten. Der Strafrechtsexperte schickte seiner Befragung voraus, sich niemals mit dem Grund möglicher Selbstbelastung der Aussage entschlagen zu wollen. „Es gibt nichts, was mich belasten könnte“, so Brandstetter. Die erste Fragerunde des ÖVP-Korruptions-U-Ausschusses an ihn war aufgrund seiner ausführlichen Antworten erst nach etwa dreieinhalb Stunden vorbei.

Uniprofessor Brandstetter teilte den Abgeordneten des U-Ausschusses eingangs auch drei Lese-Hausaufgaben aus, mit der Bitte, sie beizeiten durchzulesen, darunter ein Aufsatz aus einem Magazin zum Thema Medien und Recht, in dem es um Persönlichkeitsrechte in Verbindung mit Chatveröffentlichungen geht. (Der Presserat entschied übrigens, die Pilnacek-Chats seien von demokratiepolitischer Bedeutung und eine Veröffentlichung daher in Ordnung.)

Niemals politischer Einfluss

„Sie werden keine einzige Personalentscheidung von mir finden, bei der politischer Einfluss meine Entscheidung für oder gegen einen Kandidaten verändert hätte“, sagte Brandstetter wiederholt. Die Vorwürfe gegen ihn träfen ihn tief, er habe sich stets bemüht, seine Ämter nach bestem Wissen und Gewissen auszuüben. Seine Regierungsfunktionen habe er nie politisch gesehen, es sei ihm um die Sache gegangen und er habe gewusst, dass er sie nur so lange halten würde, solange er das Vertrauen der beiden Koalitionspartner (damals SPÖ und ÖVP) habe.

Bei Postenbesetzungen habe er immer darauf geachtet, die bestgeeignete Person auszuwählen. Eva Marek sei seiner Ansicht nach für die Leitung der Oberstaatsanwaltschaft die Bestgeeignete gewesen. Vorschläge der Personalkommission seien immer wieder kritisch zu betrachten – sie hatte Ilse-Maria Vrabl-Sanda für den Posten erstgereiht –, er habe immer sachlich bewertet. Er würde wieder so entscheiden. Für die Generalprokuratur sei Marek nicht geeignet gewesen. Ihre persönliche Enttäuschung damals habe ihm leidgetan und deshalb habe er ein persönliches Gespräch angeboten. Deal hätte es keinen gegeben und er sei irritiert über ihre Formulierung gewesen, dass alle seine Leute versorgt seien. ZackZack hatte die betreffenden Chats zwischen Marek und Brandstetter öffentlich gemacht.

„Information floss umgekehrt“

Brandstetter ist selbst Gegenstand einiger Verfahren. „Von irgendeiner Seite wird man immer geprügelt“, sagt er im U-Ausschuss. Unter anderem ermittelt die WKStA gegen Wolfgang Brandstetter wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch rund um eine verratene Hausdurchsuchung (HD) bei Michael Tojner. Es gilt die Unschuldsvermutung. Brandstetter sagt, der Informationsfluss sei nicht von Pilnacek über ihn zu Tojner gegangen, sondern die HD durch einen Tageszeitungsartikel an die Öffentlichkeit gelangt – etwa zwei Wochen vor der HD. Er habe sich dann, besorgt über ein Leak, an die Behörden gewandt.

Wieso er nicht einmal zwei Stunden vor der HD an seinen Mandanten Michael Tojner geschrieben habe, er solle kooperieren „wenn die heute kommen“? Er habe damit gerechnet, dass die HD bald passieren würde, habe aber nicht das genaue Datum gekannt.

„An den Verfassungsgerichtshof zu gehen war ein Fehler“

Aufgrund der Ermittlungen schaute die WKStA auch in Brandstetters VfGH-Büro vorbei, mit einer Sicherstellungsanordnung. Weil er gemerkt hatte, dass die Vorwürfe gegen ihn nicht schnell ausgeräumt werden würden, habe er sich aus freien Stücken vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) zurückgezogen. Er sei zur Belastung für die Institution geworden. Dass nicht er selbst sein Handy der WKStA übergeben habe sondern jemand anderer habe damals gesundheitliche Gründe gehabt. Es sei nichts auf dem Handy „verändert“ worden, das habe dann auch ein Sachverständiger festgestellt.

Heute würde er nicht mehr so knapp nach seiner politischen Tätigkeit – etwa zwei Monate später – an den Verfassungsgerichtshof gehen. Er wäre generell dafür, Cooling-off-Phasen einzuführen. Er habe sich stets als parteilos gesehen, habe aber fehleingeschätzt, wie anders das in der Öffentlichkeit gesehen würde, wenn jemand, der zuerst auf ÖVP-Ticket in der Regierung war auf Vorschlag derselben Partei ohne Hearing an den VfGH wechsle. Das würde er heute nicht mehr so machen.

(pma)

Titelbild: APA Picturedesk

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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33 Kommentare

  1. Fassen wir mal kurz und knackig zusammen:
    Alle hinterfragten Kausalitäten, die logisch vernünftig ver-antwort-bar nicht in den Bereich “unvermutete Zufälligkeiten” zu schieben sind, können schlichtweg easy-cheesy als belanglos “vergessen” erklärt(?) werden. Und um der persönlichen Entrüstung zum Hinweis vermutet konspirativer Ko-Inzidenzen Ausdruck zu geben, wird “tiefe Betroffenheit” zu den (nur insinuierten?) Vorwürfen geäußert …
    Ich schlage hier daher höflich vor, in diesen Machtzirkeln einen “Demenz-Clown” zu installieren. Die – nur für Außenstehende erschütternd empfundene – Latenz faktenbasierter Erinnerungslücken könnte solcherart doch um einiges humaner ge-/erlebt werden! Sind doch alle schließlich nur verantwortungsüberladene, Kompetenz geknechtete Leistungsträger …

  2. “nach bestem Wissen und Gewissen”….unpackbar. Genau, Wissen und Gewissen nach ÖVP-Maßstäben. Wie sonst kann man die Chats interpretieren und die Warnung an Tojner? Wir reden nicht vom Cousin dritten Grades, sondern von Tojner.
    Also, lieber “Opa” Brandstetter, hoffentlich lässt sich die Justiz von ihren moralischen Bekanntmachungen nicht blenden.

  3. Wieso er nicht einmal zwei Stunden vor der HD an seinen Mandanten Michael Tojner geschrieben habe, er solle kooperieren „wenn die heute kommen“? Er habe damit gerechnet, dass die HD bald passieren würde, habe aber nicht das genaue Datum gekannt.

    Ist das ein Schauspiel Wie heißt diese Aufführung? Jedenfalls sehr Mutig diese Aussage, wenn ihm diese Aussage ein Richter glaubt, dann gute Nacht Österreich, dann wird es nichts mehr mit heller werden in Österreich.

    • so viel Licht gibt s in keiner Kernexplosion als was hier noetig waere ! Dieser korrupte, kriminelle, schmierige, gierige verachtende Tuerkis-Gruene-neos und teilweise spoe begleitete Unehrlichkeits- ,Kriminell- und Betrugsschleim wandert durch jede Ritze Oesterreichs bis in den letzten Winkel . Gebildet von von OBEN und geht bis in die tiefsten Stellen des Landes, und umspuelt seitlich sauber das ganze Land ! Unglaublich von welchen kriminellen Pack wir regiert werden ! ES REICHT !!@!!!!

  4. Wenn man beim Erblicken des Konterfei von über 50% der heimischen Spitzenpolitiker Verachtung empfindet, dann stimmt etwas nicht.
    Ich fürchte nur der Fehler liegt nicht bei mir.

    Mit ihren Aussagen und Handlungen spucken die sattsam bekannten politischen Akteure all jenen die ihr Leben für ein freies, demokratisches Österreich eingesetzt oder gar gegeben haben ist Gesicht.

  5. Der gemütliche, etwas rundliche, immer konziliant auftretende Brandstetter. Hinter der Maske des Biedermann versteckt sich ein aalglatter Parteisoldat, der jeden Befehl (und sei er noch so rechtswidrig) seiner Herren, bedingungslos ausführt. So ist er auch die Karriereleiter hinaufgefallen und die Dankbarkeit tut das Übrige.
    In Wahrheit hat er jede Rechtsnorm, auf die er angeeidet wurde, wissentlich gebrochen und in den Schmutz gezogen. Ein Blender der übelsten Sorte…
    Es muss heller werden Österreich!

  6. der spielt immer den lieber Großvater, hat es dabei aber sicherlich faustdick hinter den Ohren

    • und genau den lieben Großvater habe ich ihm abgenommen,also ich bin sicher mehr enttäuscht als er. Und ich nehme es persönlich,weil ich dachte echt,der ist anders,nein ist er nicht,ich hoffe er kriegt eine Strafe und 3 Monate extra drauf,als Geschenk für mich,weil selten,daß ich von jemandem so enttäuscht war,wie von dem.

    • Lieber nicht. Die wissen über alles am besten Bescheid. Kann für solche ein lukrativer Job sein bei der WKStA sauber zu machen.

  7. „Sie werden keine einzige Personalentscheidung von mir finden, bei der politischer Einfluss meine Entscheidung für oder gegen einen Kandidaten verändert hätte“, sagte Brandstetter wiederholt.

    Es geht nicht nur darum…das tiefschwarz Netzwerk wurde weiter ausgebaut und immer intensiver ..nur durch nichts tun und passive Hilfe konnten die immer stärker werden…

    Zadic geht den selben weg, wegsehen und wenn was passiert nutzt sie es für ihren vorteil…
    Kogler hat Pilnacek suspendiert aber alle glauben sie… Staatsanwaltschaft Innsbruck ermittelt gegen Sobi und sie verkauft es für ihren erfolg…
    In wirklichkeit stürzt und stärkt sie wie er das Kriminelle Netzwerk…
    Auch das ist beihilfe…

    • Hat sie auch auf Grund von Beihilfe den Fuchs suspensiert und lässt ihn anklagen? Also Beihilfe wie sie es interpretieren schaut anders aus. Auch Pilnacek wird Zadic nicht als seine Verbündete betrachten. Viel eher glaube ich dass er sich gerne mal an ihr rächen möchte. Aber vielleicht kommen sie ja mal drauf, dass sie sich über Gebühr an der Person Zadic abgearbeitet haben. Was ihr bei ihnen ungünstig in die Karten spielt ist vermutlich allein der Fakt dass sie der grünen Partei angehört.

  8. Wieder so ein Unschuldslamm das treuherzig darüber fabuliert wie sehr es schmerzt völlig schuldlos die Unschuld beteuern zu müssen. Moment! Das hatten wir doch schon.. Was schon öfter? Bestehen unsere ehemaligen Regierungen denn nur noch aus unschuldig Verdächtigten? Brandi schafft es aber vielleicht wirklich die Behörden davon zu überzeugen dass er viel zu dumm und naiv sei um Unrechtes zu tun oder zu erkennen. Natürlich durchschaute er keineswegs warum Kurz ihn gerne im VfGH sehen wollte. Er meinte natürlich dass Kurz von seiner Neutralität und Gerechtigkeitssinn so sehr überzeugt war dass er dem Staat damit nur dienen wollte in dem er diesen Transfer einfädelte. Und da er nur das Gute im Menschen sieht hat er auch nicht gezögert dem Tojner vor einer möglichen Haussuchung zu raten dass er dabei nur ruhig bleiben müsse, da er ja sicher nichts zu verbergen hat. Warum er aber den VfGH verließ um diesen nicht zu belasten, muss er uns noch genauer erklären. Auf Grund seiner Blödheit?

  9. Die Chats zeigen ein gutes Bild. Das richtige Parteibuch für Posten das war wohl wichtig. Außerdem zeigen sie wie in der Justiz unter Freunden kooperiert und Informationen austauscht werden. Nachrichten auf Diensthandy sind anscheinend Privat gemeint. Ich gebe allen Betroffenen zu bedenken, dass die Bevölkerung nicht dumm ist und nicht alles glaubt.

  10. “Wehmütig grüßt der, der ich bin den der ich hätte sein können.”
    Gregor v Rezzori

  11. Herr Brandstetter, mir kommen gleich die Tränen. Auch Sie sind leider ein Opfer von politisch-motivierten niedrigen Beweggründen. Sie können von den Vorwürfen gar nicht tief getroffen worden sein, da haben Sie sich vertan, Sie sind tief GESUNKEN! Karriere zu Ende dank der lieben Familie. Gut so.

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