Es gibt neue Erkenntnisse in der “Cobra-Libre”-Affäre der Familie Nehammer. Die Personenschützer sollen anders als zuvor behauptet in der Kanzler-Wohnung zum Glas gegriffen haben. Der Promillewert wirft Fragen zum Ablauf auf.
Wien, 08. April 2022 | Der „Kurier“ brachte am Freitag eine neue Version der „Cobra-Libre“-Affäre der Familie Nehammer. Die Tageszeitung beruft sich dabei auf das Umfeld der Kanzlerfamilie. Katharina Nehammer soll demnach eingestanden haben, dass die Personenschützer – anders als bisher kommuniziert – in der Wohnung des Bundeskanzlers getrunken hätten. Und das in Abwesenheit der Kanzler-Gattin, wie behauptet wird.
Es lief doch ganz anders
Am 13. März soll Katharina Nehammer demnach den Dienst der Beamten zu Mittag für beendet erklärt haben. Der Dienst der Cobra-Beamten darf allerdings offiziell erst beendet werden, wenn der Dienstwagen in die Kaserne zurückgebracht wurde. Alkoholkonsum ist bis dahin strengstens untersagt.
Dazu ist es allerdings gekommen. Einer der beiden Personenschützer, die am frühen Abend den Unfall mit dem Dienstauto vor der Nehammer-Wohnung in Wien-Hietzing gebaut hatten, soll an diesem Tag Geburtstag gehabt haben. Bisher, so die Version von zuvor veröffentlichten Artikeln, ging man davon aus, dass sich die Personenschützer der Kanzlergattin nicht in der Nehammer-Wohnung betrunken hatten, sondern in einem umliegenden Lokal. Jetzt erscheint alles in anderem Licht.
Bier und G´spritzter in Kanzler-Wohnung
Die beiden Cobra-Beamten sollen demnach mit Katharina Nehammer in der Kanzler-Wohnung gewesen sein und jeweils zwei Bier zu sich genommen haben. Einer der beiden soll darüber hinaus noch zwei G’spritzte konsumiert haben. Im Laufe des Nachmittags soll sich Frau Nehammer für ein Telefonat in ein Zimmer zurückgezogen haben. Die Beamten seien währenddessen alleine in der Küche gewesen. Sie sollen selbständig zum Glas gegriffen haben.
Um 16:45 Uhr soll Katharina Nehammer die Wohnung dann in Richtung eines Heurigen in Fußnähe ohne Personenschützer verlassen haben. 45 Minuten später, um 17:30 Uhr, soll schließlich der Unfall der Cobra-Beamten vor der Nehammer-Wohnung geschehen sein.
Alkoholwert wirft Fragen auf
Der gemessene Alkoholwert eines der Personenschützer wirft allerdings Fragen auf. Der Fahrer hatte nach dem Unfall stattliche 1,2 Promille – ein Wert, der mit zwei Bier nicht erklärbar ist. Der zweite Cobra-Beamte soll sogar so tief ins Glas geschaut haben, dass eine Messung nicht möglich war.
Beispiel: Für einen 1,85 Meter großen und 90 Kilogramm schweren Personenschützer wäre der maximale Promillewert nach zwei Bier 0,64. Dieser Wert wäre auch nur bei einer Messung unmittelbar nach dem Konsum möglich, mit der Zeit würde dieser Wert sinken.
Nächstes Lokal kann Personenschützer-Umtrunk ausschließen
Somit bleiben nur zwei Optionen offen: Entweder die Beamten tranken bedeutend mehr in der Nehammer-Wohnung, oder in den 45 Minuten zwischen dem Aufbruch Katharina Nehammers zum Heurigen und dem Autounfall ging es feuchtfröhlich weiter. Gegenüber der “Presse” schloss die Kanzler-Gattin aus, dass die beiden Beamten bereits in der Wohnung betrunken gewesen seien. Bei der zweiten Option stellt sich die Frage, wo die Beamten weiter getrunken haben könnten. Das nächste Lokal im Umfeld der Nehammer-Wohnung ist rund sechs Minuten entfernt. Auf ZackZack-Nachfrage kann der Besitzer dieses Lokals die Anwesenheit der Cobra-Beamten an diesem Tag klipp und klar ausschließen.
Andere Lokale befinden sich in einer Entfernung von mehr als zehn Minuten Fußmarsch. Dies macht ein Betrinken sowie Hin- und Rückweg zur Nehammer-Wohnung unrealistisch. Das Innenministerium betonte noch am 5. April, dass die beiden Beamten „nach Dienstschluss“ zu Fuß in ein Lokal nahe der Nehammer’schen Wohnung gegangen seien und dann beim Ausparken des Dienstwagens andere Autos touchiert hätten.
Gegen die beiden Beamten läuft ein Disziplinarverfahren. Sie sollen bereits einvernommen worden sein, über Inhalte der Vernehmungen ist noch nichts bekannt.
(bf)
Titelbild: APA Picturedesk