Wolf-Handy:
In Sachen Falschaussage wird es immer enger für Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Die WKStA hat auf dem Handy von Investor Sigi Wolf neue Beweise gefunden.
Wien, 12. April 2022 | Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz wegen Bestechlichkeit, Untreue und falscher Beweisaussage. In der letzten Sache gibt es jetzt neue Beweise. Sie stammen aus dem Handy von Investor Sigi Wolf. Die belastenden Chats liegen ZackZack vor.
Kurz hatte im Ibiza-Untersuchungsausschuss unter Wahrheitspflicht gesagt, er sei in die Vorgänge um den Umbau der staatlichen Beteiligungsgesellschaft ÖBAG nicht involviert, sondern allenfalls darüber informiert gewesen. Zum Aufsichtsrat, dessen Chef Wolf werden sollte, sagte Kurz, er wisse, dass es Gespräche gegeben habe. Die Entscheidung über den Aufsichtsrat der ÖBAG habe aber nicht er getroffen.
Auch Sigi Wolf sagte bei seiner Einvernahme durch die WKStA, er habe mit Kurz „nichts zur ÖBAG vereinbart.“ Das erscheint den Ermittlern angesichts der Handyauswertung „bemerkenswert“. Die WKStA glaubt, Wolfs und Kurz‘ Beteuerungen mit Chats aus dem Wolf-Handy widerlegen zu können.
Kurz und Wolf sprachen wiederholt über ÖBAG
Am 26. Jänner 2018 will Wolf von Kurz wissen:
„Sag, wann reden wir über die Beteiligungs AG? Ich kann den Thomas Schmid nicht erreichen. Oder machst du einen Termin – Du/FinMin/ich? Sigi“
Schon am nächsten Tag fixiert das Kanzleramt einen Termin. Zwei Tage nach Wolfs Frage nimmt sich Kurz für ihn Zeit.
Eine besonders verräterische Nachricht schickte Kurz am 20. September 2019 an Wolf:
„Freue mich, dass Du am 2. Oktober Zeit hast, dass wir uns treffen. Lass uns dann bitte das ÖIAG (eine Vorgängerorganisation der ÖBAG, Anm.) Konzept durchgehen, damit wir da alles fertig vorbereiten können. Al Sebastian“
Am Tag des Termins schreibt Kurz: „Lieber Sigi! Ist es dir recht wenn wir uns heute bei dir oder bei mir im Büro treffen. Können da etwas ungestörter reden denke ich. Könnte auch schon um 20 Uhr wenn das bei dir möglich ist. Al Sebastian.“
Sigi Wolf antwortet: „Alles klar 20:00 bei mir im Büro. Bin am Weg nach wien komme von Genf! Sigi“
Der „Doppelschlag“
Ein Grund dafür, dass statt Wolf am Ende Krankenhaus-Manager Helmut Kern Aufsichtsratschef wurde, könnte in der Unvereinbarkeit von Wolfs zahlreichen Aufsichtsratsmandanten liegen.
Die waren auch Thema in den Gesprächen zwischen Wolf und Kurz. Am 14. Jänner schrieb Kurz an Wolf: „Lieber Sigi! Schaffst du die Entscheidung Porsche diese oder nächste Woche? Wäre super! Lg“
Wolfs Antwort: „Guten Morgen Sebastian, Ich habe darüber gestern mit w. Porsche gesprochen – wir müssen prüfen ob ich – wenn vw kauft sicher nicht im Konflikt of interest bin.“
Kurz: „Lieber Sigi! Schau bitte ob du das mit Wolfi (Porsche, Anm.) einfach schnell machen kannst. Und dann gleich noch unsere Sache auch. Wäre super im Doppelschlag. Lg Sebastian“
Strache erinnert Kurz an sein „Versprechen“
Nachrichten des damaligen Vizekanzlers Heinz-Christian Strache an Wolf legen nahe, dass die Rolle Wolfs in der ÖBAG in der Koalition abgesprochen war. Am 01. Oktober 2018 schreibt Strache:
„Lieber Sigi! Habe Sebastian an sein Versprechen dir gegenüber erinnert und dieses auch eingemahnt. Er steht dazu! Lg Hc“ Am folgenden Tag schickt Strache Wolf die Kontaktdaten von Arnold Schiefer. Der sei „unser ÖBIB-Chefverhandler.“ (Die ÖBIB ist wie die ÖIAG eine Vorgängerorganisation der ÖBAG, Anm.)
Doch Ende des Jahres steht Kurz nicht mehr „dazu“. In einer Unterhaltung mit seiner Vertrauten Melanie L. (sie ist, wie ZackZack herausfand seit kurzem angeklagt), sagt der spätere ÖBAG-Chef Thomas Schmid: „Ich kann echt mit SW (Sigi Wolf, Anm.) auch leben.“ Doch Wunschkandidat Wolf ist politisch exponiert. „Kurz scheisst sich voll an“, erklärt Schmid. L.: „Ja dann soll er nicht SW zum AR Chef machen.“
Löger: Aufsichtsrat mit Kurz abgestimmt
Dass Kurz mit der Besetzung des ÖBAG-Aufsichtsrats nichts zu tun hatte, wird auch durch Nachrichten zwischen dem damaligen Finanzminister Hartwig Löger und Thomas Schmid in Zweifel gezogen. So schrieb Löger am 14. Jänner 2019 über die Aufsichtsratsbesetzung: „Werde morgen mit Sigi telefonieren und habe Vorschlag mit Sebastian wie vereinbart abgestimmt.“
Die Chats lassen auch Zweifel an Wolfs Aussage in seiner Zeugenvernehmung bei der WKStA aufkommen. Da hatte Wolf ausgesagt, er habe mit Kurz „nichts zur ÖBAG vereinbart“. Auch im Untersuchungsausschuss äußerte sich Wolf entsprechend. Auf ZackZack-Nachfrage erklärt die WKStA, dass sie derzeit nicht wegen falscher Zeugenaussage gegen Wolf ermittle.
Aktuell läuft ein Ermittlungsverfahren der WKStA gegen Sigi Wolf, weil der sich mit Hilfe des damaligen Generalsekretärs im Finanzministerium Thomas Schmid einen Steuernachlass organisiert haben soll.
ZackZack konfrontierte einen Sprecher Wolfs mit den Chats. Der erklärte: „Wir sehen keinen Widerspruch und geben ansonsten keinen Kommentar ab.“ Kurz‘ Anwalt Werner Suppan war für eine Stellungnahme bis Erscheinen des Berichts nicht erreichbar. Kurz vor Ablauf der Frist bat seine Kanzlei um eine erneute, schriftliche Anfrage. Für Kurz, Wolf und L. gilt die Unschuldsvermutung.
(sm/tw)
Titelbild: APA Picturedesk