Katharina Nehammer soll ihrem Mann Karl beratend zur Seite stehen. Kanzleramt und Kanzlergattin dementieren ein aufrechtes Dienstverhältnis. Wie die “dritte Gattin” im Staat in jüngster Zeit die Schlagzeilen bestimmt:
Wien, 13. April 2022 | Kanzlergattin Katharina Nehammer begleitete ihren Mann zuletzt bei einer wichtigen Dienstreise. Das ist unüblich und sorgt für Unmut in der Opposition. Während die NEOS Transparenz bei Regierungsberaterverträgen fordern, wittert die FPÖ einen „ÖVP-Familienbetrieb, wo die eigene Frau und von der ÖVP engagierte Berater die Marschrichtung vorgeben.“ In Zeitungsberichten hieß es, Nehammer habe ihre Berlin-Reise selbst bezahlt. Dort habe sie nur an einem informellen Termin mit Waldimir Klitschko teilgenommen – an der Hotelbar.
ZackZack berichtete bereits am 1. März über das Engagement der Berliner Lobbyagentur „Storymachine“ um die Ex-“BILD”-Leute Georg Streiter und Kai Diekmann. Die Agentur soll für die ÖVP einen Scherbenhaufen im U-Ausschuss verhindern und liefert offenbar das, was ihr Name verspricht: Geschichten. Folgt man dem Expertenecho zum Putin-Besuch, gelingt das aktuell eher schlecht als recht. Diekmann soll übrigens von Katharina Nehammer als Kanzlerberater an Land gezogen worden sein, wie unter anderem die „Kleine Zeitung“ schreibt.
Dementi aus dem Kanzleramt
Wer ist Katharina Nehammer? Die Frau des Kanzlers hat eine bemerkenswerte Karriere hinter sich. Sie war als Pressesprecherin von Ex-Innenminister Wolfgang Sobotka Verteidigungsministerin Klaudia Tanner tätig, später dann für den türkisen Stiftungsrat und PR-Berater Gregor Schütze. Der bestätigt auf Nachfrage: „Katharina Nehammer hat unsere Agentur im August 2021 auf eigenen Wunsch aus familiären Gründen verlassen. Bis dahin war sie als Senior Consultant bei uns beschäftigt.“ Seitdem sie dort nicht mehr arbeitet, soll sie Insidern zufolge regelmäßig am Ballhausplatz zugegen sein.
Stimmt das? Und auf welcher vertraglichen Basis arbeitet die hinter den Gattinnen Van der Bellen und Sobotka dritte Gattin im Staat? Das Kanzleramt (BKA) teilt dazu mit, dass „Frau Nehammer in keinem Dienstverhältnis zum BKA“ stehe. Dementiert wird auch, dass sie an vorbereitenden Ministerratssitzungen oder anderen internen Meetings teilnimmt. Auch Nehammer selbst sagt zu ZackZack: „Ich bin weder im BKA angestellt noch nehme ich an Kabinettssitzungen, geschweige denn an vorbereitenden Ministerratssitzungen teil.“
Drehscheibe BMI-Kabinett
In jüngster Zeit sorgte die Kanzlergattin eher unfreiwillig für Schlagzeilen. So hatte sie ein Kanu mit Kollegen aus dem Innenministerium (BMI) zum Kentern gebracht. Das nasse Handy von Ex-BMI-Kabinettschef Michael Kloibmüller bekam Füße, die Daten landeten über Umwege bei ZackZack. Darin zu finden sind mehrfache Hinweise auf mutmaßlichen Amts- und Machtmissbrauch im BMI. Als Sobotkas Pressesprecherin hatte Nehammer eine wichtige Funktion inne.
Ihr späterer Arbeitgeber Gregor Schütze wusste offenbar um die Macht des BMI-Kabinetts. So wandte sich der türkise PR-Berater zwar nicht an Katharina Nehammer selbst, dafür aber gleich an Kabinettschef Kloibmüller. Schütze wollte demnach eine „Idee“ präsentieren und sich nach dem Stand eines „Angebots“ zu erkundigen – ein zumindest ungewöhnlicher Vorgang. Am 04. Juli 2016 fragt Schütze beim Kabinettschef nach: „Lieber Michael! Würde dir gerne eine Idee präsentieren – darf ich mir in den nächsten Woche (sic!) von Anna einen 30 min Termin bei dir geben lassen? Lg und danke! Gregor“. Kloibmüller antwortet: „Sicher“. Mehr als einen Monat später fragt Schütze nochmal nach: „Hallo Michael! Darf ich mal neugierig nachfragen wie unser Angebot bewertet wurde? Danke! Lg Gregor“, so Schütze an Kloibmüller. Letzterer antwortet, er müsse erst „mit meinem Mann im kbm (Kabinett des Bundesministers, Anm.) reden.“ War es im BMI seinerzeit üblich, sich auf diesem Wege über mögliche Auftragsvergaben auszutauschen? Weder Kloibmüller noch Schütze wollen sich dazu äußern.
Klar ist: Man kennt sich. Nehammer, die in dieser Konversation nicht vorkommt, war mit Kloibmüller wohl eine der einflussreichsten Mitarbeiterinnen jenes Ministeriums, das unter Sebastian Kurz dann ihr Mann Karl anführte.
„Cobra Libre“-Affäre zieht weite Kreise
Derzeit steht Katharina Nehammer auch wegen der „Cobra Libre“-Affäre im medialen Fokus. Personenschützer der Kanzlerfamilie hatten nach einem Umtrunk in der Nehammer-Wohnung einen Unfall gebaut. Weil ZackZack, Ö1 und Co. nachhakten, wurde immer klarer, dass der Vorfall zunächst augenscheinlich unter den Teppich gekehrt werden sollte. Medial wurden – angeblich aus dem Nehammer-Umfeld – stammende, sich teils widersprechende Versionen der Geschichte durchgestochen. Laut Staatsanwaltschaft Korneuburg werde in alle Richtungen ermittelt, etwa auch hinsichtlich Amtsmissbrauch.
Für den Kanzler kommt das zur Unzeit, wollte sich Karl Nehammer doch zuletzt gerade in Bezug auf Russland von Vorgänger Kurz abgrenzen. Ob die Strategie aufgeht, darf Stand jetzt bezweifelt werden, was nicht zuletzt auch an der viel kritisierten Reiseroute Wien-Kiew-Moskau liegt. Vor den Kanzler-Beratern dürfte jedenfalls viel Arbeit liegen – mit oder ohne Kanzlergattin in Beratungsfunktion.
(wb)
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