Dienstag, Oktober 8, 2024

Pressestimmen zum Ukraine-Krieg: »Welt muss auf Feuersturm vorbereitet sein«

Pressestimmen zum Ukraine-Krieg:

Zum Krieg in der Ukraine schreiben internationale Zeitungen am Samstag:

Kiew, 16. April 2022 |
“Süddeutsche Zeitung – SZ” (München):

“Dieser Krieg hat viele furchtbare Auswirkungen. Zu ihnen gehören Mordbrennerei, Zerstörung und Kriegsverbrechen. Aber er beendet auch eine leider trügerische Phase der Politik in Europa, von der viele hofften, sie könnte anders werden als die Ära der Blockkonfrontation. So wie es in Russland und in der Ukraine deutlich ist, sich aber auch in den USA und China, in Ansätzen sogar in Frankreich oder Ungarn abzeichnet, werden bewaffneter Nationalismus, ein rigides Verständnis von Souveränität und das Beharren auf Einflusssphären die Welt in Zukunft prägen. Sicherheit wird dies nicht bescheren. Es steht eine Ära der Unsicherheit bevor.”

“The Times” (London):

“Die Wut im Kreml wird sich auch in einer erneuerten Entschlossenheit niederschlagen, Mariupol völlig zu zerstören – eine Stadt in Trümmern, in der mindestens 10 000 Zivilisten gestorben sind und in der die Überlebenden ohne Nahrung, Wasser, Wärme oder Strom bald verhungern könnten. Es wird keine humanitären Fluchtkorridore mehr geben. Die russischen Streitkräfte, die durch Kriegsverbrechen in Dörfern rund um Kiew bereits abgestumpft sind, dürften kaum noch Skrupel haben, eine neue Runde von Massakern zu verüben, um die Zivilbevölkerung in Schrecken zu versetzen.

Das Hauptziel ist nun Odessa, eine Stadt von großer symbolischer und historischer Bedeutung, in der Russen und Ukrainer im Zweiten Weltkrieg Seite an Seite kämpften, aber dennoch nicht in der Lage waren, die große jüdische Bevölkerung vor den Nazis zu retten. Unter dem Vorwand, Odessa müsse von “Faschisten” gesäubert werden, wird Russland bald massive Zerstörungen auf den letzten verbliebenen Zugang der Ukraine zum Meer niederregnen lassen.”

“El Mundo” (Madrid):

“Der Krieg in der Ukraine ist an einem gefährlichen Scheideweg angelangt, und leider deutet alles darauf hin, dass das Putin-Regime seine Angriffe bereits verstärkt. Es ist wichtig, (den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr) Selenskyj weiter zu unterstützen. Auf dem Spiel steht die Verteidigung der Zukunft der liberalen Demokratie und des Humanismus gegen die kriminellen Ziele von Autokraten, die immer unersättlich sind. Die von den USA zugesagten 800 Millionen Dollar an hochmodernem Kriegsmaterial sind ebenso wie die Verschärfung von Sanktionen Ausdruck dieser Unterstützung.

Die bisherige Hilfe für die Ukraine war entscheidend dafür, dass Putins ursprüngliche Pläne gescheitert sind. Die Bedrohung des Donbass und die Südukraine ist jetzt umso größer. Die Welt muss auf einen Feuersturm in den kommenden Tagen vorbereitet sein, wie es ihn seit Beginn des Kriegs nicht mehr gab. Angesichts der absehbaren großen russischen Offensive schließt die CIA sogar den Einsatz von Atomwaffen durch Russland nicht mehr aus. In der dunkelsten Nacht steht die Achtung der Menschenwürde gegen den kriminellen Wahnsinn eines maßlosen Anführers.”

“Frankfurter Allgemeine Zeitung – FAZ”:

“Wenn es um Krieg und Frieden geht, wünscht man sich keinen Hitzkopf als Regierungschef. Doch droht Scholz die Diskurshoheit in der Koalition zu verlieren. Es ist sogar fraglich, ob er sie noch in der eigenen Partei hat. Die SPD quält sich sehr mit dem ukrainischen Wunsch nach schweren Waffen aus Deutschland. (…) Der Krieg in der Ukraine wird zunehmend zu einem Stresstest für den Zusammenhalt und die Handlungsfähigkeit der Ampelkoalition. In ihr trifft die “Zeitenwende” mit immer noch kaum zu glaubenden Positionswechseln auf altes, friedensbewegtes Denken, das sich nach dem ersten Schock langsam wieder sammelt. Doch Putins Krieg lässt Berlin keine Zeit für endloses Ausdiskutieren der eigenen Befindlichkeiten. Das Zaudern muss ein Ende haben. Auch diese Wende kann nur der Kanzler herbeiführen.”

(bf/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Benedikt Faast

    Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.

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