Donnerstag, September 12, 2024

Für Inklusion im Journalismus: »andererseits« sucht Unterstützung

Das ist eine Unterüberschrift

Auch Menschen mit Behinderung sollen unter fairen Bedingungen im Journalismus arbeiten können. Dafür hat das junge Medium “andererseits” jetzt ein Crowdfunding gestartet. 

Wien, 23. April 2022 | Obwohl 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung in Österreich mit Behinderung leben, gibt es kaum Menschen mit Behinderung, die im Journalismus arbeiten. Menschen mit Behinderung haben dadurch selbst kaum Anteil am öffentlichen Diskurs, wichtige Perspektiven fehlen in den Beiträgen.

Das muss sich ändern, findet die Redaktion “andererseits”, die sich genau deswegen vor zwei Jahren gegründet hat. Bei diesem Onlinemagazin erstellen Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam journalistische Beiträge: Online-Artikel, Podcasts, Newsletter, Videobeiträge und Illustrationen. Dabei geht es keineswegs “nur” um Inklusionsthemen und die Erfahrungen von Menschen mit Behinderungen, die Themenauswahl ist breit.

Vom Ehrenamt zum Unternehmen

“Alle dürfen mitreden”, sagt Redakteur Fabian Füreder. “Menschen mit Behinderungen können
auch Journalist:innen sein.” Mittlerweile besteht die Redaktion aus insgesamt rund 25 Menschen. Bisher war ihre Arbeit ehrenamtlich, jetzt soll daraus ein Medienunternehmen werden, das für alle Beiträge faire Honorare zahlt.

Am 20. April startete die Crowdfunding-Kampagne Das Projekt möchte 1.000 Menschen finden, die eine Mitgliedschaft abschließen. Die Hälfte des Geldes ist innerhalb der ersten drei Tage durch rund 300 Mitgliedschaften bereits zusammengekommen.

Und auch nach Erreichen des Ziels von 40.000 Euro ist es weiterhin möglich, das Projekt finanziell zu unterstützen. Auch in Zukunft will sich “andererseits” hauptsächlich durch Mitgliedschaften finanzieren, zusätzlich durch Förderungen und Stiftungen.

Gleichberechtigte Zusammenarbeit

Redaktion “andererseits” ist keine Lehrredaktion, in der Menschen ohne Behinderung Journalismus an Menschen mit Behinderung vermitteln. Es geht um gleichberechtigte Zusammenarbeit.

Wie gleichberechtigte Zusammenarbeit aussehen kann und wie sie funktioniert sei ein ständiges Ausprobieren, erzählt Mitgründerin Katharina Brunner. “Manche brauchen Unterstützung beim Schreiben, jemand erzählt dann seine Gedanken und jemand anderer macht einen Text daraus, oder aber es braucht Unterstützung bei der Organisation von Interviews.”

Manchmal bedeute das einfach nur, dass man die interviewten Experten und Expertinnen bitten muss, weniger kompliziert zu sprechen. “Im Endeffekt ist Inklusion immer für alle ein Vorteil, egal ob mit oder ohne Behinderung”, so Brunner.

Viel zu lernen für Menschen ohne Behinderung

Eine besondere Herausforderung für die Redaktion sei die Entwicklung von “ ganz neue Strukturen, die wir uns selbst bauen müssen, weil es fast keine Redaktionen gibt, von denen wir uns was abschauen können”, sagt Mitgründerin Clara Porák.

“In den meisten Redaktionen muss alles irrsinnig schnell passieren und inklusive Arbeitsschritte brauchen einfach Zeit, Ruhe und Kreativität. Jeder braucht etwas anderes. Hier ist viel Sensibilität gefragt und auch Bestärkung. “Menschen mit Behinderung sind meist aus dem Diskurs ausgeschlossen, weil sie nicht gefragt werden, Medien zu kompliziert schreiben, etc.”, so Brunner. “Es braucht Zeit Meinungen zu entwickeln.”

Mehr Teilhabe in Redaktionen

Was wäre wichtig, um Journalismus nicht nur bei “andererseits” sondern im Allgemeinen inklusiver zu machen? “Dass jedes Medium auch Menschen mit Behinderung zumindest für ein paar Stunden anstellt”, so Brunner. “Das heißt aber nicht, die Person einfach in die Redaktion zu setzen sondern Bedingungen zu schaffen, unter denen die Person gut arbeiten kann.”

(sm)

Titelbild: Redaktion andererseits

Autor

  • Stefanie Marek

    Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.

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