Donnerstag, April 25, 2024

Who is Who im U-Ausschuss: Auskunftspersonen am elften Befragungstag

Who is Who im U-Ausschuss:

Der ÖVP-U-Ausschuss widmet sich heute dem System Pilnacek und dessen mutmaßlicher Beeinflussung von Ermittlungsverfahren. Geladen sind der suspendierte Justizsektionschef selbst und dessen Vertrauter, der Oberstaatsanwaltschaft-Wien-Leiter Johann Fuchs.

Wien, 3. Mai 2022 | Die sechste Woche im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss startet mit zwei schwergewichtigen und umstrittenen Auskunftspersonen: Zuerst wird der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien Johann Fuchs befragt werden. Er ist enger Vertrauter des suspendierten Justizsektionschefs Christian Pilnacek. Direkt danach soll der Justizbeamte selbst zu jenen Chats und Vorwürfen politischer Einflussnahme befragt werden, die ihn Anfang 2021 seine langjährige Machtposition im Ministerium kosteten – zumindest vorübergehend.

Johann Fuchs

Johann Fuchs hatte ab 2018 als Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien (OStA Wien) die Dienst- und Fachaufsicht über die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Es wurden Chats öffentlich, in denen sich Fuchs mit Justizsektionschef Christian Pilnacek offensichtlich darüber unterhalten hatte, einen WKStA-Mitarbeiter überwachen lassen zu wollen. Das sollte laut Chats und laut Aussage von Staatsanwalt Bernhard Weratschnig mithilfe des damaligen SOKO-Ibiza-Leiters Andreas Holzer und des Hessenthaler-Anklägers Staatsanwalt Bernd Schneider passieren. Nach Bekanntwerden der Absprachen wurde Fuchs kurzzeitig suspendiert. Zudem wurde sein Handy beschlagnahmt. Darauf fanden die Korruptionsermittler Chats, die wiederum nahelegen, dass Fuchs über die damalige WKStA-Staatsanwältin Linda Poppenwimmer regelmäßig Behörden-Interna erfahren hat. Aus den Chats geht auch hervor, dass ZackZack Poppenwimmer und Fuchs augenscheinlich ein Dorn im Auge war. Man witterte eine Art „Verschwörung“ zwischen ZackZack und der WKStA.

Fuchs ist von der Staatsanwaltschaft Innsbruck wegen Falschaussage vor dem Ibiza-U-Ausschuss und Verletzung des Amtsgeheimnisses angeklagt. Die Vorwürfe: Er habe dem mittlerweile suspendierten Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek verraten, dass die WKStA eine Anzeige gegen eine „Presse“-Redakteurin vorbereitete. Bei seiner Befragung im Ibiza-U-Ausschuss hatte er außerdem gesagt, er könne sich daran nicht erinnern, ob er Aktenteile an Pilnacek weitergegeben habe. Für Fuchs gilt die Unschuldsvermutung.

Christian Pilnacek

Als Chef der Strafrechtssektion des Justizministeriums (BMJ) hatte Christian Pilnacek über zehn Jahre lang die Kontrollmacht über die lokalen Staatsanwaltschaften (StA), die vier Oberstaatsanwaltschaften (OStA) und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). 2020 beschnitt Justizministerin Alma Zadić seine Macht, indem sie die Strafrechtssektion zweiteilte. Pilnacek war folglich für die Rechtsgestaltung zuständig, die Aufsicht über Verfahren ging an eine andere Person. Diese Teilung kam wohl nicht von ungefähr: Pilnacek musste sich den Vorwurf gefallen lassen, er nütze seine Position, um politischen Einfluss auszuüben – etwa zugunsten der ÖVP, zu der er beste Verbindungen hat. Zadić nannte als Grund für die Teilung, einen möglichen „Generalverdacht“ von politischer Befangenheit in der Justiz ausräumen zu wollen.

Als Anfang 2021 Chats öffentlich wurden, die die Vermutung nahelegen, dass Pilnacek eine Hausdurchsuchung bei Investor Michael Tojner verraten hatte, wurde er suspendiert. Es sollte nicht der letzte Vorwurf gegen Pilnacek bleiben, wonach er seine einflussreiche Position in der Justiz zugunsten von Vertrauten ausgenützt habe. Als er von der bevorstehenden Hausdurchsuchung beim damaligen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) im Zuge der CASAG-Affäre erfahren hatte, fragte er etwa bei dessen Kabinettschef nach: „Wer vorbereitet Gernot auf seine Vernehmung?“ Anfang 2022 berichtete unter anderem der „Falter“ von Chats, in denen Pilnacek und Fuchs darüber gesprochen hatten, einen Ermittler der WKStA überwachen zu lassen – mutmaßlich um Ibiza-Ermittlungen zu blockieren. Eine erste Anklage wegen Amtsgeheimnis-Verletzung gegen Pilnacek wurde in erster Instanz für den Sektionschef entschieden. Die StA hat aber gegen das Urteil Berufung eingelegt. Seit März ermittelt die StA Innsbruck wegen Verrats von Amtsgeheimnissen im Eurofighter-Verfahren gegen Pilnacek. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

(pma)

Titelbild: APA Picturedesk

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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7 Kommentare

  1. Die GESICHTS-VERMUMMUNG der Befragten im UA sollte untersagt werden! Denn die Reaktion der Mimik ist ein wichtiger Bestandteil der Körpersprache, anhand der man Rückschlüsse und Hinweise gewinnen kann, ob der Betreffende lügt oder die Wahrheit sagt.

  2. Danke für die Programmvorschau! Informativ, übersichtlich, ganz nach meinem Geschmack.

  3. Wenn Pilnacek und Fuchs nicht vom Entschlagungsrecht Gebrauch machen, werden sie sich vermutlich nicht mehr erinnern. Das schlechte Gedächtnis und die kriminelle Energie sind wohl essentielle Eigenschaften der ÖVP-nahen Unschuldsvermuteten ;-))

  4. Um Ibiza Untersuchungen zu boikottieren!! Das lässt für mich den Schluss zu, die wissen wer der Auftraggeber war! Komisch, Boris Becker wurde wegen Verschleierung seines Vermögens zu einer Haft verurteilt und unsere Boys sind immer noch in Freiheit!!

  5. Heute tritt also wieder die Präpotenz in Person des Herrn Pilnacek auf, dem der neutrale Vorsitzende ganz gewiss wieder zur Seite stehen wird und alles unternehmen wird, um die Befragung zu stören. Auch der Fuchs wird sich auf den Sobotka verlassen können.

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