Donnerstag, März 28, 2024

Wiener Anschlag: Weitere Anklage von Hinterbliebenen

Wiener Anschlag

Am Mittwoch wird im Zusammenhang mit dem Wiener Terroranschlag 2020 eine weitere Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich verhandelt. Geklagt haben die Eltern und der Bruder eines getöteten 21-Jährigen. In der Kritik stehen auch diesmal behördliche Versäumnisse.

Wien, 3. Mai 2022 | Im Zusammenhang mit dem Terror-Anschlag in der Wiener Innenstadt vom 2. November 2020 wird am Mittwoch am Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen (ZRS) eine weitere Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich verhandelt. Geklagt haben die Angehörigen – die Eltern und der Bruder –eines vom Attentäter getöteten 21-Jährigen. Sie stehen auf dem Standpunkt, dass der Anschlag verhindert hätte werden können, hätte es im Vorfeld nicht behördliche Versäumnisse gegeben.

Für den Rechtsvertreter der betroffenen Korneuburger Familie, den Wiener Rechtsanwalt Mathias Burger, besteht kein Zweifel, dass Fehler passiert sind, für die der Bund haftet, weil Organe in Vollziehung der Gesetze rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten gesetzt haben. Burger stützt sich dabei auf die Ergebnisse der sogenannten Zerbes-Kommission, die im Auftrag von Innen- und Justizministerium allfällige Versäumnisse im Zusammenhang mit dem behördlichen Umgang mit dem späteren Attentäter untersucht hatte.

Verfehlungen der Justizbehörden

Der 20-jährige Anhänger der radikalislamistischen Terror-Miliz “Islamischer Staat” (IS) war nach einer Verurteilung wegen terroristischer Vereinigung vorzeitig bedingt entlassen worden und in weiterer Folge nicht in den Fokus der Verfassungsschützer geraten, obwohl Warnsignale gegeben waren. So nahm der 20-Jährige etwas mehr als drei Monate vor dem Attentat an einem Treffen radikaler Islamisten in Wien teil und versuchte in der Slowakei Munition für ein automatisches Sturmgewehr zu kaufen. In ihrem Abschlussbericht zeigte die Zerbes-Kommission darüber hinaus weitere behördeninterne Pannen auf, etwa beim Risikobewertungsprogramm für Gefährder, bei der Datenverarbeitung sowie dem Informationsfluss zwischen dem damaligen Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und dem Wiener LVT.

Die Bereitschaft des Bundes, den Angehörigen des 21-Jährigen das erlittene Leid zumindest in finanzieller Hinsicht zu lindern, blieb überschaubar. Wie ihr Anwalt im Gespräch mit der APA erklärte, bekamen die Eltern und der Bruder zunächst je 2.000 Euro aus dem Verbrechensopfergesetz und 4.500 Euro für die Begräbniskosten zugestanden, die damit aber nicht abgedeckt waren. An Trauerschmerzengeld wurden erst nach Einbringung der Klage 10.000 Euro pro Person angeboten – “allerdings vorbehaltlich des Ergebnisses einer Prüfung, ob die Ansprüche zu Recht bestehen”, wie Burger sagte. Das angebotene Schmerzensgeld sei damit in Wahrheit nicht “anrührbar”, weil befürchtet werden müsse, dass es zurückgefordert wird.

Anwalt fordert höhere Zahlungen

Burger hält ein Trauerschmerzengeld von 30.000 Euro pro Person für angemessen. Darüber hinaus verlangt er von der Republik die Abgeltung der gesamten Begräbniskosten. Die Klage beinhaltetet auch das Feststellungsbegehren, dass die Republik für zukünftige Folgeschäden haftet. Speziell die Eltern hat es psychisch massiv beeinträchtigt, dass ihr 21-jähriger Sohn mit einem Schlag mitten aus dem Leben gerissen wurde.

Es ist nicht die erste Amtshaftungsklage, die nach dem Terror-Anschlag, der vier Passanten das Leben gekostet hat, am Wiener ZRS eingebracht wurde. Vor fast genau einem Jahr – am 17. Mai 2021 – wurde bereits eine Verhandlung eröffnet, die die Mutter einer deutschen Studentin angestrengt hatte. Diese hatte in einem Lokal in der Innenstadt kellneriert und wurde vom Attentäter vor der Bar erschossen. Seither hat sich nicht viel getan, berichtete der Wiener Anwalt Lukas Bittighofer (Kanzlei Wess Kux Kispert) der APA. Termine seien “verlegt und hinausgeschoben” worden, man habe die Mandantin aufgefordert, ihre Ansprüche dem – eigens eingerichteten – Terroropferfonds bekannt zu geben. “Es gibt aber gewisse Schäden, die vom Terroropferfonds gar nicht beglichen werden können”, hielt Bittighofer fest.

Nicht einmal Überführung finanziell abgedeckt

Die Mutter der ums Leben gekommenen 24-Jährigen hatte ebenfalls nach dem Verbrechensopfergesetz zunächst 2.000 Euro erhalten. Damit ließen sich nicht ein Mal die Überführung – die junge Frau stammte aus Bayern – und das Begräbnis bezahlen. Neben der Abgeltung der Kosten für Überführung und Bestattung macht die Mutter Trauerschmerzensgeld und Schockschaden geltend. Insgesamt begehrt sie rund 125.000 Euro. Die Finanzprokuratur – sie vertritt die Republik in allen Verfahren vor ordentlichen Gerichten – hatte die Ansprüche der Mutter nicht anerkannt. Eine außergerichtliche Lösung wurde abgelehnt.

(apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Redaktion
Redaktion
Die ZackZack Redaktion
LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

9 Kommentare

  1. Da wird lieber das Geld für PR Zwecke der schwarzen Brut hinausgeschmissen.
    Widerlich.
    Man sollte die Entscheider fragen, was sie für einen angemessenen Betrag halten , wenn es eines ihrer Familien Mitglieder getroffen hätte.
    Schleichts euch alle !

  2. hm

    des mitn migranten ziagt ned wenn der in mödling geboren und hier aufgewachsen ist

    oba fia so manchn trottl is des scho zhoch

  3. Die Finanzprokuratur unter dem arroganten Herrn Peschorn wird die Ansprüche der Hinterbliebenen selbstverständlich aus “vollster Überzeugung” zurückweisen.

    Österreichische Polizisten, Verfassungsschützer und hohe Beamte begehen keine Fehler. Sie sind höchstens grob fahrlässig und extrem schlampert in ihrer Berufsauffassung. Aber das ist eine der Grundeigenschaften des österreichischen Staatsdieners bis hinauf zum Minister und ist natürlich nicht klagbar.

    • Lieber Kritiker123, als Anwalt der Republik vertritt Peschorn natürlich in erster Linie die Interessen selbiger. Eher schädlich und schändlich ist die Tatsache, dass P. ein braver Soldat der Mafiafamilie ist. Er weis, wie er sich in dieser Causa zu verhalten hat…
      Es muss heller werden Österreich!

      • Aber von einem Spitzenbeamten in dieser hohen und verantwortungsvollen Position erwarte ich schon eine Rechtsansicht, die auch Fehlleistungen der Staatsdiener berücksichtigt und der die Angehörigen nicht noch rechtlich auflaufen lässt.

        Und Fehlleistungen gab es bei dieser Tragödie genug, von den Verfassungsschützern (in der unglaublichen Fehleinschätzung der Voraushandlungen des Attentäters) bis hinauf zum Minister (in der dürftigen Aufarbeitung dieses Skandals).

        • Lieber Kritiker123, wenn es um eklatante Fehlleistungen kleiner, unbedeutender Beamter geht, ist der Vorgesetzte selbiger, als letzte Instanz der Minister des jeweiligen Ressorts, zuständig. Handhabe bietet hier das Beamtendienstrechtsgesetz. Sollte selbiges kein Fehlverhalten feststellen, beruft sich letztendlich der Anwalt der Republik P., darauf und schmettert die Anliegen von Betroffenen ab. Sein Job ist in erster Linie der Republik, gegenüber etwaigen Anspruchsberechtigten, Geld sparen zu helfen. In dieser Causa beginnt der Fisch beim Kopf zu stinken und da wird sich der brave, devote Parteisoldat sicher nicht die Finger verbrennen…
          Es muss heller werden Österreich!

Kommentarfunktion ist geschlossen.

Jetzt: Polizeiäffäre "Pilnacek"

Denn: ZackZack bist auch DU!