So reagierte das Netz
Nach dem umstrittenen offenen Intellektuellen-Brief in der “EMMA” legte die deutsche Feministin am Donnerstagabend einen weiteren skurril anmutenden Auftritt im ORF hin. Sie behauptete, Waffenlieferungen seien “völkerrechtswidrig”. Experten kontern, das sei “Schwachsinn”.
Wien, am 6. Mai 2022 | Die deutsche Feministin Alice Schwarzer ist seit Tagen in den internationalen Medien, zu ihrem teils absurden Auftreten gesellte sich am Donnerstagabend ein weiterer in der “Zib2” (ORF) dazu. Die Feministin warnte im Gespräch mit Moderatorin Margit Laufer und Ex-Außenministerin Ursula Plassnik (ÖVP) davor, sich in einen Dritten Weltkrieg hineinziehen zu lassen. Jetzt sei nicht “die Stunde der Helden, sondern die Stunde der Nachdenklichen”, postulierte Schwarzer. Sie glänzte besonders dadurch, durchgehend allen Beteiligten ins Wort zu fallen.
In ihrer Zeitschrift “EMMA” hatte Alice Schwarzer in der vergangenen Woche einen von 28 “Intellektuellen” unterfertigten, offen Brief an den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) publiziert, in dem gegen die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine protestiert wird.
Plassniks Mimik sprach Bände
Im ORF-Studio forderte sie keineswegs Putin, sondern den deutschen Kanzler Scholz auf, den “Weg der Besonnenheit” weiterzugehen. Nun sei die Zeit für Verhandlungen, urgierte Schwarzer, die darüber hinaus meinte, dass der russische Präsident Wladimir Putin in eine Lage versetzt werden sollte, in der er nicht “sein Gesicht verliert”. Zudem warnte Schwarzer vor einer nuklearen Eskalation. Ex-ÖVP-Außenministerin Ursula Plassnik, deren Mimik über weite Strecken des Gesprächs Bände sprach, entgegnete, dass der Brief nicht an Scholz, sondern an Putin gerichtet hätte sein sollen. Sie betonte, dass jedem Land im Falle eines Angriffskriegs “Hilfe zur Selbsthilfe” geleistet werden sollte.
“Schwachsinn”
Besonders eine Aussage verstörte das Publikum: So konnte Schwarzer scheints unwidersprochen behaupten, Waffenlieferungen an die Ukraine seien “völkerrechtswidrig”. Völkerrechts-Experte Ralph Janik bezeichnete diese Feststellung noch in derselben Nacht via Twitter als “Schwachsinn” und verwies auf seinen Gastkommentar in der NZZ:
Bei der Kritik an Schwarzer geht es ja nicht nur um ihre Meinung. Die sei ihr unbenommen. Das Problem ist einfach, dass die Meinung – wie so oft – kein faktisch solides Fundament hat.
— Ralph Janik (@RalphJanik) May 5, 2022
Auch NZZ-Journalistin (und nebenbei Juristin) Meret Baumann echauffierte sich:
Warum kann Alice Schwarzer in der #ZIB2 unwidersprochen behaupten, Waffenlieferungen an die Ukraine seien völkerrechtswidrig? Das ist ja nicht ansatzweise eine umstrittene Frage, und mittlerweile ist doch allgemein bekannt, dass das völliger Unsinn ist.
— Meret Baumann (@MeretBaumann) May 6, 2022
Diverse Abgeordnete brachten via Twitter ihre Fassungslosigkeit zum Ausdruck:
„Wir wissen nicht, wie die ukrainische Bevölkerung denkt. Wir wissen nur, wie die Regierung denkt“, ist auch lupenreiner Verschwörungssprech. #zib2
— Henrike Brandstötter 🇪🇺🇺🇦 (@brand_rede) May 5, 2022
Es tut buchstäblich weh, mit welcher Selbstverständlichkeit #Schwarzer der #Ukraine Ratschläge erteilt, ja rhetorisch geradezu über sie verfügt #zib2
— Georg Bürstmayr (@buerstmayr) May 5, 2022
Gegenbrief an Scholz
Nach dem umstrittenen Offenen Brief wandten sich am Mittwoch Intellektuelle mit einem Gegenbrief an Scholz. “Es liegt im Interesse Deutschlands, einen Erfolg des russischen Angriffskriegs zu verhindern. Wer die europäische Friedensordnung angreift, das Völkerrecht mit Füßen tritt und massive Kriegsverbrechen begeht, darf nicht als Sieger vom Feld gehen”, hieß es in dem Aufruf, den die deutsche Zeitung “Die Zeit” veröffentlicht hatte. Inzwischen haben sich einzelne Unterzeichner des EMMA-Briefs öffentlich wieder davon distanziert, Schriftstellerin Katja Langenmüller teilte mit, es sei ein “Fehler” gewesen.
https://twitter.com/philbrokes/status/1522311983252520960
Unterzeichnet wurde der Brief etwa von der österreichischen Autorin Eva Menasse, dem deutsch-österreichischen Schriftsteller Daniel Kehlmann, Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller, dem russischstämmigen deutschen Autor Wladimir Kaminer, dem deutschen Publizisten und ehemaligen Grünenpolitiker Ralf Fücks, der früheren Leiterin der Stasi-Unterlagenbehörde Marianne Birthler, dem Verleger Mathias Döpfner oder dem österreichischen Migrationsforscher Gerald Knaus.
Die Berichte über Folter und besonders über schwerste sexuelle Gewalt sind erschütternd. Alice #Schwarzer, die in der #ZIB2 Fakten verdreht und meint die ukrainischen Soldat*innen sollen sich kampflos ergeben, macht mich sprachlos.
— Nicola Werdenigg 🦣 (@NicolaWerdenigg) May 6, 2022
größeren unfug als von schwarzer eben habe ich noch selten gehört 😧 #zib2
— Karl Arlamovsky (@karlamov) May 5, 2022
Das ganze Interview zum Nachsehen: tvthek.
(am/apa)
Titelbild: Screenshot “Zib2”