Welche Parallelen gibt es zwischen Weißbüscheläffchen und Menschen? In einer neuen Studie präsentiert ein Forscherteam der Universität Wien verblüffende Erkenntnisse zum Zusammenhang von Persönlichkeit und Lernerfolg – ein Geschlecht ist dabei klar im Vorteil.
Wien, 10. Mai 2022 | Weißbüschelaffen
– in der Fachsprache Callithrix jacchus genannt – sind in ihrer Persönlichkeit durchaus unterschiedlich, haben unterschiedliche kognitive Fähigkeiten und sind auch in ihrer Fähigkeit, Neues zu erlernen, verschieden flott. Ein Verhaltens- und Kognitionsbiologen-Team um Vedrana Šlipogor von der Universität Wien unterzog 22 Weißbüschelaffen einer Reihe an Persönlichkeitstests und präsentierte ihnen Lernaufgaben. Die Ergebnisse sind verblüffend.
Dominas
Weißbüscheläffchen leben in Gruppen zusammen. Wie aber die Persönlichkeit und der Lernerfolg bei den in vielerlei Hinsicht den Menschen ähnlichen Tiere zusammenhängen, haben die Forscher nun erstmals analysiert. Das Fazit: Die Mutigen sind klar im Vorteil. Bei Weißbüscheläffchen gelten Weibchen als die dominanten Geschöpfe. So paaren sie sich auch stets mit mehreren Männern.
Bei den Lerntests ging es unter anderem darum, eine neue Bewegung zu lernen oder nach Regelmäßigkeiten beim Zuordnen von Objekten zu suchen. Auf die Persönlichkeit schlossen die Wissenschaftler etwa, in dem sie die Tiere mit neuem Futter oder einer Spielzeugschlange konfrontierten. Dann dokumentierten sie, wie rasch sich die weniger als ein halbes Kilogramm leichten Äffchen annäherten.
Die Weibchen lernen flotter
Dabei wurde deutlich, dass sich die Individuen in ihrem Lernverhalten deutlich unterschieden. Insgesamt präsentierten sich die Weibchen als schnellere Lerner, schreiben die Wissenschaftler in der Arbeit. Sie gingen in der Untersuchung von der These aus, dass entdeckungsfreudigere und mutigere Vertreter ihrer Art sich auch mit dem Lernen leichter tun.
Die Tiere treffen oft auch ihren Eigenschaften entsprechend in Gruppen zusammen bzw. freunden sich eher mit ähnlichen Persönlichkeiten an, hieß es am Dienstag in einer Aussendung der Uni Wien. In der Studie von Šlipogor und Kollegen spielten diese Faktoren ebenso eine Rolle: Einerseits lernten Individuen mit mutigerem Auftreten schneller, andererseits machte es auch einen Unterschied, aus welcher Familie die Tiere stammten. Das deute auf eine Verbindung zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und Lernfähigkeit sowie zusätzlich auf einen Einfluss der Gruppenzugehörigkeit hin. Letzterer könnte neben genetischen Faktoren auch damit zusammenhängen, dass sich Familien mit erlebnisorientierteren Mitgliedern eher in komplexere Umwelten wagen, in denen eine höhere Intelligenz fürs Überleben wichtiger ist.
Auch noch musikalisch
In weiteren Studien wollen die Forscher nun herausfinden, “ob sich diese Ergebnisse auch durch andere Aufgaben bestätigen lassen, die vielleicht ein wenig kognitiv herausfordernder sind, und ob dieser Effekt auch bei anderen hochsozialen Tieren mit ähnlichen sozio-ökologischen Eigenschaften auftritt”, so Šlipogor. In der Vergangenheit wurden schon andere Kuriositäten publiziert: So besitzen Weißbüscheläffchen sogar ein beachtenswertes Musikverständnis und können zusammenhängende Töne erkennen.
(apa/am)
Titelbild: Vedrana Šlipogor