»Verlogen«:
Die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch kritisiert ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner scharf. Ihre Aussage, die Staatsbürgerschaft würde entwertet, wenn sie an in Österreich geborene Kinder von Migranten vergeben werde, sei ein „Angriff auf die Demokratie“.
Wien, 17. Mai 2022 | SOS Mitmensch hat ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner aufgefordert, die „Herabwürdigung hier lebender Menschen sofort“ zu stoppen. Sachslehner hatte in einem Tweet die österreichische Staatsbürgerschaft als „hohes Gut“ bezeichnet, das nicht leichtfertig vergeben und damit entwertet werden dürfe. Die Staatsbürgerschaft müsse man sich verdienen, eine gelungene Integration sei dafür die wichtigste Voraussetzung.
Die Staatsbürgerschaft ist ein hohes Gut & darf nicht leichtfertig vergeben werden. Trotzdem startet die @SPOE_at – diesmal mit Hilfe der roten AK – einen neuerlichen Anlauf, den Wert der Staatsbürgerschaft zu schmälern und einen weiteren Pullfaktor für Migration zu schaffen.
— Laura Sachslehner (@l_sachslehner) May 16, 2022
Wie ZackZack berichtete, hatte die Arbeiterkammer (AK) bei ihrer Vollversammlung den historischen Beschluss in Sachen Staatsbürgerschaft gefasst. Die AK möchte sich zukünftig dafür einsetzen, dass Kinder, die in Österreich leben, unter bestimmten Umständen schneller und leichter die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen als bisher.
„Angriff auf Demokratie“
SOS Mitmensch hat auf Sachslehners Äußerungen am Dienstag mit einer Aussendung reagiert, in der sie deren „Entwertungsdiskurs“ als „Angriff auf die Demokratie“ bezeichnet. „Wenn Sachslehner die Vergabe der österreichischen Staatsbürgerschaft an hier geborene Kinder als ‚Entwertung‘ bezeichnet, dann ist das nicht nur ein Angriff auf Kinder, sondern auch auf unsere Demokratie“, sagt SOS-Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak. Ohne Einbürgerungsvorgang gäbe es kein Wahlvolk und keine Demokratie mehr. Pollak bezeichnete Sachslehners Äußerungen außerdem als „verlogen“. Österreich sei Schlusslich in Europa bei der Vergabe von Staatsbürgerschaften und das sei ein stetig wachsendes Problem für „unsere Demokratie“. Hauptursache sind laut SOS Mitmensch die im internationalen Vergleich hohen Einbürgerungshürden, etwa, dass selbst hier geborene Kinder über ihre Eltern ein Mindesteinkommen nachweisen müssten, um eine Chance auf Einbürgerung zu haben.
Gesprächsangebote
SOS Mitmensch bot „der Volkspartei und der gesamten Politik“ an, Gespräche darüber zu führen, wie in Österreich geborenen Kindern und Jugendlichen „rasch der Weg zur österreichischen Staatsbürgerschaft und damit zu voller Teilhabe und zu gleichen Chancen geöffnet werden“ kann. Laut Statistik Austria kämen pro Tag 48 Kinder in Österreich auf die Welt, ohne die hiesige Staatsbürgerschaft zu bekommen, obwohl ihre Eltern „zumeist schon viele Jahre hier leben“, so SOS Mitmensch. Das Resultat seien fehlende Rechte und fehlende Zugehörigkeit. „Darüber muss die Politik sprechen, anstatt, wie Sachslehner, hier lebende Menschen herabzuwürdigen“, fordert Pollak.
Auch die Arbeiterkammer meldete sich zu Wort und lud Laura Sachslehner ein, am 1. Juni in der AK Wien über Teilhabe und Demokratie zu diskutieren.
Liebe @l_sachslehner, reden wir über diese angeblich „leichtfertige“ Vergabe der #Staatsbürgerschaft an Menschen, die hier geboren sind und die ganze Schullaufbahn hier absolviert haben. Reden wir über #Teilhabe und #Demokratie. Am 1.6. in der AK Wien. Sind Sie dabei? https://t.co/oP6Jfyfo1D
— AK Österreich (@Arbeiterkammer) May 16, 2022
(pma)
Titelbild: Screenshot ORF Im Zentrum