Tweet zu »Oligarchen-Netzwerken«
Ex-BMI-Kabinettsmitarbeiter Christoph Ulmer hatte Peter Pilz wegen übler Nachrede geklagt. Im Fokus: ein Tweet zu „Oligarchen-Netzwerken“. Die Beschwerde wurde jetzt auch vor dem OLG zurückgewiesen.
Wien, 18. Mai 2022 | Peter Pilz gewinnt auch in zweiter Instanz gegen Ex-BMI-Kabinettsmitarbeiter Christoph Ulmer. Letzterer sah einen Tweet von Pilz als ehrenrührig an. Ulmer war der Ansicht, dass Pilz ihm unterstellt hätte, ein „Brückenkopf“ von Wladimir Putin zu sein. Damit sei laut Ulmer suggeriert worden, Ulmer sei ein Verbündeter bzw. Unterstützer des Aggressors Putin.
Ulmer hielt diese Unterstellung für nicht richtig, da der Unternehmer laut eigenen Angaben „einen einzigen Bezug zu Russland“ habe, nämlich seine Mitgliedschaft in der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft (ORFG). Dort war Ulmer von 2000 bis 2020 Mitglied, zeitweise sogar Vorstand. Das Landesgericht für Strafsachen Wien (LGS) hatte Ulmers Anträge aber zurückgewiesen, woraufhin Ulmer dann vors Oberlandesgericht (OLG) zog. Doch auch dort hatte der Ex-Mitarbeiter von Ernst Strasser im Innenministerium keinen Erfolg.
Gericht führt Definition zu Oligarchen-Netzwerken aus
Das OLG orientiert sich in seinem Beschluss an der Begründung der ersten Instanz. Dort hieß es, „die Behauptung, jemand sei Teil eines Oligarchen-Netzwerks (…) sei nicht mit dem Vorwurf eines unehrenhaften Verhaltens gleichzusetzen“.
Auch wenn Oligarchen durch ihren Reichtum weitgehende Macht über ein Land oder eine Region zu ihrem alleinigen Vorteil ausüben würden und mitunter in öffentlicher Kritik stünden, werde damit gemeinhin kein strafbares oder unsittliches Verhalten unterstellt. Weiters führte das LGS in seinem erstinstanzlichen Beschluss aus, dass „zahlreiche ‚westliche‘, auch ‚staatsnahe‘ Unternehmen enge wirtschaftliche Beziehungen zu russischen (Groß-)Unternehmen und -Unternehmern pflegten und immer noch pflegen“. Dass der Antragsteller, also Ulmer, selbst irgendeine Schuld im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Angriff gegen die Ukraine auf sich geladen habe, sei dem Tweet nicht zu entnehmen. Ein solcher Verdacht werde auch nicht zwischen den Zeilen erhoben.
Durch die Nennung von Sigi Wolf und Alexander Schütz, „beides prominente österreichische Wirtschaftstreibende“, werde ebenfalls hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es sich um wirtschaftliche Verbindungen mit Russland handle. Im Übrigen beinhalte die Aufzählung der „Brückenköpfe“ auch noch andere Organisationen wie etwa Banken oder Parteien. Pilz nannte in seinem Tweet beispielhaft die Raiffeisenbank, die für ihre Russlandgeschäfte bekannt ist.
Ulmer-Anwalt: Mandant nicht als „Brückenkopf“ festgestellt
Der Wunsch von Ulmer nach Unterlassung sei zwar subjektiv durchaus nachvollziehbar, befand das OLG. Eine Ehrenrührigkeit bei Pilz‘ Tweet war für das Gericht aber nicht erkennbar.
Das OLG stimmte dem Erstgericht zu, dass Pilz Ulmer keinerlei verächtliche Eigenschaft oder Gesinnung zugeschrieben habe. Deshalb sei die Verfahrenseinstellung des LGS nicht zu beanstanden „und der dagegen erhobenen Beschwerde ein Erfolg zu versagen“. Ulmers Anwalt Gerald Ganzger will auf ZackZack-Nachfrage ausdrücklich festhalten, „dass das OLG Wien nicht festgestellt hat, dass unser Mandant ein ‚Brückenkopf‘ Putins sei, sondern dass diese Äußerung von Herrn Pilz – unabhängig von deren Wahrheitsgehalt – lediglich nicht ehrenrührig sei“.
Ganzger betont auch, dass sein Mandant Ulmer „keinerlei Verbindungen, welcher Art auch immer, zu Russland und schon gar nicht zu Putin bzw. dessen Regime und den völkerrechtswidrigen Handlungen in der Ukraine“ habe. Wie man “keinerlei Verbindungen, welcher Art auch immer, zu Russland” haben kann, obwohl man sogar im Vorstand der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft war, erklärt der Ulmer-Anwalt freilich nicht.
Bemerkenswert sind die Entscheidungen jedenfalls insofern, als beide Instanzen nicht einmal den geltend gemachten Tatbestand verwirklicht sahen. Daher ließen es beide Gerichte nicht einmal zu einer Verhandlung kommen und sprachen – laienhaft ausgedrückt – aus, sich mangels rechtlicher Relevanz damit gar nicht näher auseinandersetzen zu müssen. Für Ulmer eine (juristisch) herbe Niederlage.
(wb)
Titelbild: APA Picturedesk