Donnerstag, April 25, 2024

Silber und Schampus von Bankier: Ermittlungen gegen Polizist eingestellt

Gegen einen Beamten der Sondereinheit AG Fama war wegen Bestechungsverdachts ermittelt worden. Im Fokus: ein illustres Geburtstagsgeschenk vom ehemaligen Commerzialbank-Chef Pucher. Jetzt wurden die Ermittlungen eingestellt. K. tat sich indes in einer anderen Causa hervor.

Wien, 24. Mai 2022 | Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat die Ermittlungen gegen einen Ermittler der Sondereinheit AG Fama im Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) eingestellt. Er stand zunächst im Verdacht der Vorteilsannahme zur Beeinflussung, Ex-Commerzialbank-Chef Martin Pucher soll ihn – auf gut Deutsch – „angefüttert“ haben. Zumindest ging die WKStA davon zu Beginn der Ermittlungen aus. K. selbst bestritt den Vorwurf.

Gegen Pucher wird weiterhin ermittelt, eine Entscheidung steht noch aus. Unter Hinweis auf das laufende Verfahren gibt Puchers Rechtsvertretung Norbert Wess derzeit keine Stellungnahmen ab. Für den Ex-Banker gilt die Unschuldsvermutung.

Eine besondere „Danksagung“

Im Dezember 2019 ist bei der burgenländischen Commerzialbank und ihrem Vorstandsvorsitzenden Martin Pucher zumindest an der Oberfläche noch alles in Ordnung. Pucher, zu diesem Zeitpunkt auch Obmann des Fußball-Bundesligisten SV Mattersburg, hat erst mehrere Jahre zuvor Untersuchungen der Finanzmarktaufsicht überstanden. Ein halbes Jahr vor dem endgültigen Zusammenbruch seines Geldhauses zeigt sich der Finanzboss gönnerhaft und schenkt dem früheren Mattersburger Jugendspieler K. einen 500 Gramm-Silberbarren und eine Flasche Champagner zu dessen 30. Geburtstag.

Im Juli 2020 ist die Party vorbei: Die Commerzialbank wird zwangsgeschlossen, Pucher gilt als Drahtzieher eines Betrugsskandals, der an die Wirecard-Affäre erinnert. Von 431 Millionen Euro sollen laut Insolvenzverwalter nicht einmal sieben Millionen echt gewesen sein, neben fingierten Zahlen seien auch Eigentümer und Kunden erfunden worden. Im August 2020 stellt auch der SV Mattersburg seinen Spielbetrieb ein. Das Geldhaus war Hauptsponsor des einstigen Europa League-Teilnehmers aus dem Burgenland, jetzt geht man zusammen unter.

Korruptionsbekämpfung und Geschenkannahme

Auch für K. hat die Affäre Folgen: Er habe, wie er gegenüber der WKStA erklärt, „nicht unerhebliche Spareinlagen“ verloren. ZackZack liegt seine Stellungnahme vor. Vor den Kollegen der staatsanwaltschaftlichen Korruptionsbehörde ordnete der Polizist die illustren Geschenke ein: für ihn seien das Silber und die Flasche Schampus eine Art „Danksagung für meine Leistungen für den SV Mattersburg und der langjährigen Geschäftsbeziehung mit der Commerzialbank“ gewesen. Alles rein privat?

Brisant war für die WKStA wohl auch, dass sein eigenes Haus gegen die Commerzialbank ermittelt, bei der K. in der Vergangenheit auch einmal Praktikant gewesen war. Auch K.s Bruder arbeitete dort, er soll ihm das Pucher-Geschenk übergeben haben. Womöglich aber auch nicht, denn „dies kann ich heute allerdings nicht mehr mit Sicherheit angeben“, so K. in der Stellungnahme. Pucher habe er nur zwei oder drei Mal persönlich getroffen, „vor etwa 12 oder 13 Jahren“.

Um K. den Prozess machen zu können, hätte zumindest ein Vorsatz dahingehend nachgewiesen werden müssen, dass sich K. durch diese „Geschenkannahme“ bei zukünftigen Amtshandlungen beeinflussen hätte lassen. Die bloße Geschenkannahme reicht nicht. Der Polizist beteuerte zudem, nie als eingeteilter Exekutivbediensteter im Bereich Mattersburg oder Umgebung tätig gewesen zu sein und „somit in meiner dienstlichen Funktion (Amtsträger) niemals Kontakt mit Herrn Pucher oder Mitarbeitern der Commerzialbank“ gehabt zu haben. Er, K., bezweifle stark, „dass Herrn Pucher bekannt war, welchen Beruf ich ausübe“. In der Causa Commerzialbank ist K. jedenfalls nicht der einzige Polizist, welcher im Verdacht stand, durch Pucher angefüttert worden zu sein, wobei dieser Geschenke quer durch alle Gesellschaftsbereiche sehr großzügig verteilte.

So oder so: Der Beamte ist die Ermittlungen los und kann aufatmen. Denn K. selbst ist beruflich für Korruptionsbekämpfung zuständig. Als Mitglied der Sondereinheit AG Fama ist er mit dem Wirecard-Komplex befasst und jagt die vermeintlichen Hintermänner der BMI-Chats. Im Rahmen dieser Ermittlungen, welche jedoch in keinem Zusammenhang zur Causa Commerzialbank stehen, soll sich K. mit hinterfragenswürdigen Schritten hervorgetan haben.

AG Fama braucht Erfolgserlebnisse

Am 24. Jänner 2021 marschieren die Polizisten der AG Fama bei Egisto Ott ein. Der Ex-Verfassungsschützer wird der mehrfachen Spionage (Russland, Wirecard) verdächtigt, man vermutet ihn als Teil eines Netzwerkes, das auch der Quell des BVT-Konvoluts sowie der BMI-Chats sein soll. Die Ermittlungen haben exorbitanten Charakter – für Ott gilt die Unschuldsvermutung.

Am selben Tag wird Ott in der Wiener Wasagasse vernommen. Laut Otts späterer Darstellung – er lässt Einspruch wegen Rechtsverletzung erheben – sei ihm der Anwalt trotz mehrfacher Aufforderung verwehrt worden. Für die Behauptung eines Beamten, die Staatsanwaltschaft habe die Beiziehung eines Anwalts untersagt, verlangt Otts Anwalt Volkert Sackmann Belege. Derartige Belege können die Beamten jedoch nicht liefern. Und: laut dem Ott-Anwalt wäre eine solche Verfügung der Staatsanwaltschaft rechtswidrig. Der Anwalt wird folglich, freilich mit gewisser Verzögerung, zu seinem Mandanten gelassen. An dieser “Störaktion” beteiligt: BAK-Mann K. Der soll bereits zuvor ein „Vorgespräch“ mit Ott geführt haben.

Das Innenministerium, das zu personenbezogenen Fällen keine Anfragen beantwortet, hat mit dem Wegfall der Silber-Schampus-Causa immerhin ein Problem weniger. Die AG Fama von K. steht schon länger unter Druck, denn die Tatsache, dass die Sondereinheit im BAK angesiedelt ist, hat offensichtlich mit der Befangenheit dreier Beamter des Bundeskriminalamts zu tun. Unterdessen wächst der Fama-Ermittlungsakt in der Causa Ott immer weiter an, brachte aber trotz mittlerweile mehrjähriger Dauer bislang keine anklagetaugliche Grundlage hervor. Im U-Ausschuss kündigte Kriminalpolizist Dieter Csefan wohl auch deshalb baldige Erfolgsmeldungen hinsichtlich des Nowitschok-Leaks an.

(wb)

Titelbild: APA Picturedesk

Ben Weiser
Ben Weiser
Ist Investigativreporter und leitet die Redaktion. Recherche-Leitsatz: „Follow the money“. @BenWeiser4
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13 Kommentare

  1. Mit was man in Österreich alles durch kommt bei der verlotterten Justiz ist höchst verwunderlich. Anscheinend haben die einfach keinen Bock auf Arbeit. Verfahren einstellen ist offenbar weniger Arbeit, daher kommt man auch mit Champus und Silber für einen Beamten durch.

  2. Scheiß doch auf alles. Ich mache meine Steuererklärung heuer auch nicht. Kann ja nicht sein, dass ich mich abstrudle und mit meiner Steuer auch noch die zahle, die korrupt sind bis ins Mark.

  3. Noch immer für mich unfassbar, dass solche Berichte keine andere Öffentlichkeit kriegen
    Da muss man sich wirklich fragen, wie das möglich ist und vor allem warum das so ist

  4. Lehrer:innen trauen sich zum Schulschluss nicht einmal Blumen oder eine Schachtel Bonbons anzunehmen, aus Angst mit irgendwelchen Compliance-Vorschriften in Konflikt zu geraten. Was ist dagegen ein nebbicher halber Kilo Silber.

  5. Ich kriege von meiner Bank immer nur Kugelschreiber oder Taschenmesser mit Logo. Was mache ich falsch?

  6. In dieser Kausa wird wohl der Immuitätserlass verantwortlich sein, dass hier bisher alles weiter unter der Decke bleiben konnte?
    Allein aber, dass die hier mitverantwortliche FMA sich bezüglich der Opferverantwortung damit abputzen konnte, dass sie nicht für Opfer, sondern nur für den Finanzplatz verantwortlich gewesen sind (Damit für mich staatliche Vertuschungshelferbehörden), ist für mich ein MAGA Skandal, welcher wohl durch die bekannt gekauften Medien weiter verschwiegen wird, wie auch nur beispielsweise, dass die Wüstenroht Miteigentümer der CBB ist…

  7. Wird mit der Verhaftung vom Herrn Pucher so lange gewartet, bis der so viele Gutachten für eine Haftunfähigkeit beisammen hat? Ein Hendldieb wäre schon wieder nach verbüster Haft entlassen worden.

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