In Uvalde hat sich das schlimmste US-Massaker seit fast zehn Jahren ereignet. Ein schwer bewaffneter 18-Jähriger schoss wild um sich, bevor er laut Behörden selbst von Polizisten getötet wurde. US-Präsident Joe Biden fordert strengere Waffengesetze. Das Entsetzen weltweit ist riesig.
San Antonio, 25. Mai 2022 | Nach einem Massaker an einer Volksschule im US-Bundesstaat Texas steht das ganze Land unter Schock angesichts eines erneut verheerenden Gewaltausbruchs in den USA. Mindestens 19 Kinder wurden getötet, nachdem ein 18-Jähriger am Dienstag während der Unterrichtszeit das Feuer in der Robb Elementary School in Uvalde nahe San Antonio eröffnet hatte. Der Amokläufer wütete so lange, bis ihn Sicherheitskräfte laut Medienberichten erschossen.
Es ist eines der opferreichsten Schulmassaker in der US-Geschichte. Nur beim Shooting an der Sandy Hook Grundschule in Connecticut 2012 starben mehr Menschen.
Zwölf Stunden Ungewissen
Mehr als zwölf Stunden nach der Tat waren immer noch Angehörige im Unklaren über den Verbleib einzelner Schüler. Eltern mussten laut “New York Times” DNA-Proben abgeben, um ihre Verwandtschaft zu Opfern zu festzustellen. Viele Kinder waren mit schweren Verletzungen in umliegende Krankenhäuser gebracht worden.
Den Ermittlern zufolge betrat der Schütze am Dienstagnachmittag (Ortszeit) die Volksschule in der Kleinstadt und schoss um sich. Auch mindestens zwei Erwachsene wurden bei dem Vorfall getötet. Am Mittwoch war noch unklar, ob auch der Schütze zu den erwachsenen Todesopfern gezählt wurde.
Präsident Biden mit Rede an die Nation
Der gerade von einer mehrtägigen Asien-Reise zurückgekehrte US-Präsident Joe Biden wandte sich an die Nation. Begleitet von seiner Ehefrau Jill hielt er kurz nach seiner Landung eine emotionale Ansprache im Weißen Haus. “Als Nation müssen wir uns fragen, wann in Gottes Namen wir der Waffenlobby die Stirn bieten werden”, sagte er. Die Vorstellung, dass ein 18-jähriger Jugendlicher in ein Waffengeschäft gehen und zwei Sturmgewehre kaufen könne, sei einfach falsch.
Erick Estrada vom Ministerium für öffentliche Sicherheit in Texas schilderte im Gespräch mit dem Sender CNN die ersten Erkenntnisse zum Hergang der Tat. Der Verdächtige habe zunächst in der Wohnung seiner Großmutter auf die Frau geschossen. Sie wurde in ein Krankenhaus gebracht, ihr Zustand war laut CNN kritisch.
“I am sick and tired of it. We have to act,” President Biden says of mass shootings as he calls for gun reform while addressing the nation after Tuesday’s mass shooting at Robb Elementary School in Uvalde, Texas.
18 children and one adult were killed. https://t.co/oENT1Kbv27 pic.twitter.com/zAbM18IdrM
— CNN (@CNN) May 25, 2022
Tathergang
Anschließend sei der Schütze mit einem Auto zur Schule gefahren und habe dort einen Unfall verursacht, sagte Estrada. Der junge Mann habe dann das Auto verlassen und sei mit einer Schutzweste bekleidet sowie mit einem Rucksack und einem Gewehr in die Schule eingedrungen. Dort habe er das Feuer eröffnet. Der 18-Jährige sei dann vom Sicherheitspersonal der Schule gestellt worden. Estrada betonte, dass es sich um vorläufige Informationen handle.
Die Volksschule war nach der Attacke abgeriegelt und von Einsatzfahrzeugen umgeben. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Krankentragen aus dem Gebäude gerollt wurden. Eltern irrten auf der Suche nach ihren Kindern umher. Eine Frau, deren Nichte zunächst noch vermisst wird, wartete im Auto vor einem nahe gelegenen Krankenhaus. “Wir wissen nicht, wo sie ist”, sagte sie dem Lokalsender Kens5. “Es ist nicht typisch für meine Nichte, sich nicht zu melden. Ihr Telefon ist aus.”
Wie das Heimatschutzministerium mitteilte, wurde ein Beamter der US-Grenzkontrolle bei dem Shooting verletzt. Demnach wurden Einsatzkräfte des in Uvalde stationierten Grenzschutzes zu Hilfe gerufen. Sie seien bei ihrer Ankunft in der Schule von dem Täter beschossen worden, der sich im Inneren des Gebäudes verschanzt hatte. “Ihr eigenes Leben riskierend, brachten sich die Grenzkontrollbeamten zwischen den Schützen und Kinder, um die Aufmerksamkeit des Schützen von potenziellen Opfern abzulenken und Leben zu retten”, sagte eine Sprecherin des Ministeriums auf Twitter.
Flaggen auf Halbmast
Erneut hinterlässt in den USA ein Massaker Fassungslosigkeit und die Frage nach dem Motiv, ausgerechnet in einer Volksschule nach Opfern zu suchen. Amokläufe, auch an Schulen, kommen in den USA mit trauriger Regelmäßigkeit vor. Präsident Biden ordnete an, bis einschließlich Samstag die Flaggen auf allen öffentlichen Gebäuden in den USA auf halbmast zu setzen.
Across the country, parents are putting their children to bed, reading stories, singing lullabies—and in the back of their minds, they’re worried about what might happen tomorrow after they drop their kids off at school, or take them to a grocery store or any other public space.
— Barack Obama (@BarackObama) May 25, 2022
Der frühere US-Präsident Barack Obama (60) sprach den betroffenen Familien auf Twitter sein Beileid aus und kritisierte die oppositionellen Republikaner: “Unser Land ist gelähmt, nicht durch Angst, sondern durch eine Waffenlobby und eine politische Partei, die keine Bereitschaft gezeigt haben, in irgendeiner Weise zu handeln, um diese Tragödien zu verhindern.” Das Massaker befeuerte umgehend die anhaltende Debatte um die legeren US-Regeln zum Waffenbesitz. Für weitreichende Gesetzesänderungen fehlen Bidens Demokraten die nötigen Stimmen im US-Senat. Viele Republikaner lehnen schärfere Regulierungen ab, und die US-Waffenlobby ist sehr mächtig.
Trauriger Amoklauf-Rekord
Schon vor knapp zehn Jahren hatte das Massaker an der Sandy Hook Volksschule in Connecticut besondere Erschütterung in den USA ausgelöst: Im Dezember 2012 hatte ein 20-Jähriger dort um sich geschossen, 20 Schulkinder und sechs Lehrkräfte wurden getötet. Und erst vor gut einer Woche hatte ein Schütze mit einem Sturmgewehr in Buffalo im Bundesstaat New York in einem Supermarkt das Feuer eröffnet, zehn Menschen erschossen und drei weitere verletzt. Den Ermittlern zufolge war die Tat rassistisch motiviert – elf der 13 Opfer waren schwarz.
Über den Hintergrund der Tat in Uvalde war zunächst wenig bekannt. Die Ermittler hielten sich bedeckt. Medienberichten nach soll der Schütze die bei der Tat verwendete Waffe vor rund einer Woche kurz nach seinem 18. Geburtstag gekauft haben. Ehemalige Schulkameraden ordneten dem Schützen laut CNN ein Instagram-Profil zu, auf dem vor wenigen Tagen ein Foto von zwei Gewehren gepostet worden war. Das Verhalten des Schützen habe sich zuletzt verändert, zitierte die “Washington Post” einen Jugendfreund. Er habe bei seiner Mutter und manchmal bei seiner Großmutter gelebt und sich in letzter Zeit aggressiv verhalten.
Wir haben weitere Reaktionen auf das Massaker aus dem Netz zusammengetragen:
GUN CONTROL NOW!
STOP THE SLAUGHTER OF THE INNOCENTS!— Stephen King (@StephenKing) May 24, 2022
„It’s pathetic. I’ve had enough!” Steve Kerr, Basketballtrainer der SF Golden State Warriors zum mass shooting in #Uvalde
— Bastian Brauns (@BastianBrauns) May 25, 2022
Fuck off!!
Their blood is on YOUR hands.
YOURS, Mitch!!
This is on you. https://t.co/q9aAa4Krtg
— Pam Keith, Esq. (@PamKeithFL) May 25, 2022
Filled with rage and grief, and so broken by the murders in Uvalde. By Buffalo, Laguna Woods and so many others. By the ways in which we, as a nation, have become conditioned to unfathomable and unbearable heartbreak. Steve’s words ring so true and cut so deep. https://t.co/Rb5uwSTxty
— Taylor Swift (@taylorswift13) May 25, 2022
(apa/red)
Titelbild: APA Picturedesk