Samstag, Dezember 7, 2024

Nehammer war Mitwisser

Seniorenbund-Trick:

Seit vielen Jahren erschleicht sich die ÖVP mit dem Seniorenbund-Trick öffentliche Förderungen. Karl Nehammer wusste es und bekam für die Partei eine Strafe. Jetzt platzt die Affäre, weil sich sein Seniorenbund sogar bei den Corona-Hilfen bedient hat. Aber Nehammer duckt sich weg und schweigt.

 

Wien, 29. Mai 2022   Es beginnt in Wolkersdorf. Am 14. Dezember 2018 fällt der Unabhängige Parteien-Transparentsenat UPTS im Bundeskanzleramt einen Beschluss: Selbst wenn der Vertrag mit dem Verein, und nicht mit der örtlichen ÖVP-Teilorganisation „SeniorenbundWolkersdorf“ zustande gekommen wäre, ist die im Vertrag vorgesehene Zuwendung aus der Sicht der Spendenregelungen des Parteiengesetzes der Teilorganisation Seniorenbund zuzurechnen, zumal der von der ÖVP in ihrer Stellungnahme vom 6. Dezember 2018 dargestellte Sachverhalt die Einheit zwischen den beiden Organisationen bestätigt.“

Das klingt kompliziert, ist aber ganz einfach. Im niederösterreichischen Wolkersdorf hat sich der Seniorenbund bei der Miete für sein Lokal im Schloss Wolkersdorf von der ÖVP-Bürgermeisterin unter die Arme greifen lassen.

Strafe an Nehammer

Der Trick war derselbe wie jetzt bei der Corona-Hilfen-Affäre: Bei der öffentlichen Förderung kassiert der Seniorenbund als gemeinnütziger Verein. Dann zieht er sich um und ist wieder ÖVP-Teilorganisation. Aber im Dezember 2018 funktioniert der Trick zum ersten Mal nicht mehr. Der Rechnungshof ist der ÖVP beim Rechenschaftsbericht 2016 auf die Schliche gekommen und hat den Seniorenbund-Trick dem UPTS gemeldet. Der Senat stellt fest: 1. Der Seniorenbund hat gegen das Parteiengesetz verstoßen. 2. Die Strafe ist von der ÖVP und nicht vom Seniorenbund zu bezahlen. Die ÖVP wird zu einer Geldbuße von 4.000 Euro verurteilt.

Der UPTS lässt noch einmal Milde walten. Die Strafe fällt nicht höher aus, weil „ein vergleichbarer Fall vom UPTS bisher noch nicht entschieden wurde“. Am 14. Dezember 2018 ist erstmals klar, dass der Seniorenbund-Trick illegal ist.

Das Urteil wird dem Verantwortlichen zugestellt: „An Österreichische Volkspartei, z. H. Herrn Generalsekretär Abg.z.NR Karl Nehammer, MSc“. Karl Nehammer war für die ÖVP verantwortlich – und wusste seit Dezember 2018, dass der Seniorenbund-Trick illegal war.

Corona-Betrug?

Mitten in der COVID-Pandemie wurde die ÖVP zur Wiederholungstäterin. Aber diesmal geht es um mehr Geld. Mit dem Seniorenbund-Trick erschlich sich die ÖVP Millionen an Corona-Hilfen in Oberösterreich, Tirol, Kärnten, Wien und Vorarlberg.

Jetzt ist die Affäre geplatzt und die Aufklärung beginnt. Die ÖVP muss vor allem eines erklären: Der Großteil des Seniorenbund-Geldes fließt in Veranstaltungen. Aber mit COVID gab es nichts mehr: keine Pensionistenjausen, keine Senioren-Tanzabende und keine gemeinsamen Busfahrten. Nur die Gehälter von Funktionären und Mitarbeitern fielen noch ins Gewicht. Aber die durften nicht aus dem Corona-Topf des NPO-Fonds bezahlt werden.

Der ÖVP war das egal. COVID war für sie  ein prächtiges Geschäft. Der Seniorenbund sparte viel Geld und kassierte noch mehr.

Jetzt sind ÖVP und Seniorenbund ein weiterer Fall für den Staatsanwalt. Bis zum Betrug kommen schwerwiegende Delikte für die Täter und ihre Helfer an der Spitze der Partei in Frage. Bundeskanzler und Parteiobmann Nehammer wird eine Frage beantworten müssen: Warum hat er als Generalsekretär die Seniorenbund-Trickser in seiner Partei weitermachen lassen?

Anruf bei Putin

Nehammer ist in Not. Er stolpert von  Affäre zu Affäre und weiß nur eines nicht: über welche er stürzt.

Es gibt einen Hinweis, dass Nehammer die Nerven verliert: seinen spontanen Anruf bei Putin. Als die Cobra-Affäre mit der Personenschützer-Sauferei in der Nehammer-Wohnung platzte, fuhr Nehammer zu Putin. Kurz verdrängten die Schlagzeilen über den Gipfel in Moskau die Affäre in Hietzing. Jetzt, mitten im nächsten ÖVP-Skandal, versucht Nehammer ein zweites Mal die Putin-Nummer. Ein drittes Mal wird wohl bald kommen. Wahrscheinlich hebt Putin dann nicht mehr ab.

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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