Sonntag, Dezember 8, 2024

Jetzt doch: EU einigt sich auf Öl-Embargo gegen Russland

Ein Großteil der russischen Öl-Importe in die EU wird sofort gestoppt. Ungarn hatte ein Embargo bisher blockiert und gab seine Zustimmung erst, nachdem eine Ausnahme verhandelt worden war.

Brüssel/Kiew/Moskau, 31. Mai 2022 | Die Europäische Union (EU) hat sich auf ein Öl-Embargo gegen Russland geeinigt. Das teilte EU-Ratspräsident Charles Michel am späten Montagabend nach Beratungen beim EU-Sondergipfel in Brüssel auf Twitter mit. “Einigkeit. Einigung auf ein Verbot des Exports von russischem Öl in die EU”, schrieb Michel. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) schrieb Montagabend auf Twitter: „Es braucht eine EU, die Maßnahmen im Kampf für den Frieden gemeinsam trägt – aber nicht um jeden Preis.“

Das Embargo ist Teil des mittlerweile sechsten Sanktionspakets gegen Russland im Zuge des Einmarsches in die Ukraine. Michel sagte, es würden 75 Prozent der Ölimporte gekappt, bis Jahresende sollen die Importe um 90 Prozent reduziert werden. Mit dem Embargobeschluss verliere Russland eine “riesige Finanzquelle für seine Kriegsmaschinerie”, betonte Michel. Man übe maximalen Druck auf das Land aus, den Krieg zu beenden. Nach Expertenberechnungen geben die EU-Staaten jeden Tag Hunderte Millionen Euro für russisches Öl aus.

Pipeline-Öl fließt weiter

Michel und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigten sich bei einer Pressekonferenz nach dem ersten Gipfeltag erleichtert über die Einigung. “Wir haben einige Wochen gebraucht, um diese Entscheidung zu erzielen und es gab schon Spekulationen, dass es uns an Einigkeit mangelt”, räumte Michel ein. Vor allem Ungarn hatte das Öl-Embargo wochenlang blockiert und Zugeständnisse gefordert. Nun ist die Druschba-Pipeline vom Embargo ausgenommen. Sie versorgt Ungarn, Polen, zwei deutsche Raffinerien, die Slowakei und Tschechien mit Öl.

Deutschland und Polen verpflichten sich allerdings freiwillig dazu, Pipeline-Ölimporte zu stoppen. Damit blieben nur noch Importe im Umfang von zehn bis elf Prozent, die über die russische Druschba-Pipeline nach Ungarn liefen. Michel verteidigte die Ausnahme mit der Begründung, es gehe darum, auch die Interessen von Binnenstaaten wie Ungarn zu schützen. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban sagte, ein vollständiges Importverbot für russisches Öl wäre für Ungarn “untragbar” und “wie eine Atombombe” gewesen“. Ungarn bekam bei den Verhandlungen auch Unterstützung von Bundeskanzler Nehammer, der Verständnis für die “Sorgen” des Nachbarlandes äußerte und darauf verwies, dass Österreich ähnlich abhängig von russischem Gas ist. Österreich hat sich eigenen Angaben zufolge schon im März gänzlich von russischen Ölimporten verabschiedet.

Alternativen in Arbeit

Von der Leyen trat auf eine Journalistenfrage Spekulationen entgegen, dass Budapest jetzt noch jahrelang am russischen Öl-Tropf hängen könne. Der kroatische Ministerpräsident Andrej Plenkovic habe beim Gipfel berichtet, dass durch einen Ausbau einer kroatischen Pipeline von der Adria auch Ungarn versorgt werden könne. Die entsprechenden Anpassungen würden nur “45 bis 60 Tage” dauern.

“Ungarn kann sich wirklich von russischem Öl entkoppeln”, betonte sie. Zugleich verwies sie auf eine Stelle in den Gipfelschlussfolgerungen, wonach sich der Europäische Rat “so schnell wie möglich” wieder mit der “vorübergehenden Ausnahme” für russisches Pipeline-Öl befassen solle.

Von der Leyen berichtete auch, dass die EU-Chefs am ersten Gipfeltag auch mit Beratungen über die künftige Energieversorgung Europas begonnen haben. Diese Gespräche sollen am Dienstag fortgesetzt werden. Dabei geht es auch um die vorübergehende Einführung von Preisobergrenzen, die unter anderem von Österreich unterstützt wird.

(apa/pma)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Pia Miller-Aichholz

    Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich

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