Der erst unlängst mit einem Romy-Sonderpreis ausgezeichnete Osteuropa-Korrespondent Christian Wehrschütz wurde in “Wien Heute” auf seine problematische Vergangenheit bei einem rechtsextremen Magazin angesprochen. “Ich bereue nichts”, war die Antwort.
Wien, 31. Mai 2022 | Seit vielen Wochen versorgt der langjährige ORF-Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz täglich das Land mit Neuigkeiten aus dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Von Ö1-Morgenjournal bis abendliche Zeit im Bild berichtet der Journalist live von verschiedensten Orten im Kriegsgebiet. Erst im April erhielt Wehrschütz auf der Romy-Gala einen Sonderpreis für seine Ukraine-Berichterstattung.
Am Sonntagabend saß der gerade auf Heimatbesuch weilende Reporter dann allerdings im hiesigen Studio von der ORF-Sendung “Wien Heute”. Moderator Patrick Budgen interviewte ihn insbesondere zur Gefahr seines Jobs als Kriegsberichterstatter und den immensen Workload. Im Moment arbeite Wehrschütz nach eigenen Angaben um die 18 Stunden am Tag.
Von Reue keine Spur
Budgen sprach den 60-Jährigen bei diesem Anlass aber auch direkt auf jenes Thema an, das ihm schon seit Jahren immer wieder vorgehalten wird: So war Wehrschütz in der Vergangenheit FPÖ-Mitglied (er trat erst 2002 aus) und hat unter anderem für die rechtsextreme Zeitschrift “Die Aula” geschrieben , deren erster Chefredakteur NDSDAP-Politiker gewesen ist und die immer wieder mit holocaustleugnenden und antisemitischen Texten aufgefallen ist.
Die Reaktion von Wehrschütz in der ORF-Sendung löste bei vielen Historikern nun allerdings Stirnrunzeln und Kritik aus. In eher langatmigen Antworten führt Wehrschütz aus, die “Aula” sei zu seiner Zeit “damals” – also vor etwa 30 Jahren – nicht rechtsextrem gewesen. Daher gäbe es auch nichts zu bereuen. Er wundere sich vielmehr, wieso man darüber noch immer spreche. “Zu dem, was ich geschrieben habe, stehe ich”, fügte Wehrschütz trotzig an.
Der bekannte Rechtsextremismus-Experte Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) findet auf Twitter klare Worte:
Hab nachgeblättert. Wehrschütz schrieb v.a. in den 80ern in der AULA (die noch später wiederholt angab, W. habe bei ihr das journ. Handwerk erlernt). Eines seiner ersten Stücke: ein Interview mit dem brit. Geschichtsfälscher David Irving 1982 – mit bemerkenswerter Einstiegsfrage. pic.twitter.com/dcehOyv7fK
— Bernhard Weidinger (@bweidin) May 30, 2022
NB: natürl. ist der Interviewer nicht der Interviewte, Irving war '82 noch kein ausgewachsener Holocaustleugner & W. wird sich seither entwickelt haben. Aber wer 40 Jahre später meint, das sei damals alles unproblematisch gewesen, je regrette rien, wird mit Kritik rechnen müssen.
— Bernhard Weidinger (@bweidin) May 30, 2022
Budgen fragte im weiteren Verlauf noch einmal nach, ob es Wehrschütze störe, dass man ihn “dem rechten Lage zurechne”? Antwort: “Naja, schauen Sie, was ist ein rechtes Lager?” Und einen Atemzug später: “Was sagen derartige Schubladisierungen schon aus?” Vielleicht am Ende doch gar nicht so wenig.
(am)
Titelbild: Screenshot ORF/WienHeute