Eigentlich haben sich die EU-Staaten schon auf ein Ölembargo gegen Russland geeinigt. Jetzt prescht Ungarns Populist Orban noch einmal vor und fordert Änderungen. Im Zentrum steht der umstrittene russisch-orthodoxe Patriarch Kirill:
Brüssel, 02. Juni 2022 | Erneuter Showdown in Brüssel. Ungarn verzögerte am Mittwochabend die Einigung auf ein Ölembargo gegen Russland. Das berichtete zuerst die französische Nachrichtenagentur AFP.
Putins bizarrer Komplize
Grund war, dass Ungarn die Sanktionen gegen den russisch-orthodoxen Patriarchen Kirill nicht mittragen wollte. Dessen Rolle im Krieg: Moskaus blutigen Feldzug religiös zu begründen. Gleichzeitig behauptet er, Russland habe noch nie ein anderes Land angegriffen. In der Coronakrise fiel er mit bizarren Predigten zur Stabilisierung der Kreml-Politik auf. Putin gilt als ängstlich, was das Virus betrifft. Im eigenen Land pochte man deshalb auf die Einhaltung der Maßnahmen, während man in Europa Coronademos anfachte. Kirill jedenfalls nimmt eine zentrale Rolle in Putins Propaganda-Apparat ein.
Obwohl es im katholischen Ungarn kaum russisch-orthodoxe Anhänger gibt, ist Orban auch beim Thema Kirill Putins verlängerter Arm in Europa. Schon im Mai hatte er gesagt: „Ungarn wird seine Zustimmung nicht dazu geben, dass man mit Kirchenführern auf eine solche Weise umgeht“. Eigentlich trafen sich die 27 EU-Botschafter, um nur noch den juristischen Feinschliff für die Sanktionen zu besprechen. Neben dem Patriarchen sollen 60 weitere Putin-nahe Personen sanktioniert werden. Drei Banken, darunter die wichtige Sberbank, sollen vom Swift-Zahlungssystem ausgeschlossen werden. Auch das Verbot von weiteren Nachrichtensendern soll kommen.
Ungarn blockiert Öl-Embargo seit Wochen
Betreffend Öl-Embargo war schon vorher eine ungarische Extrawurst reinverhandelt worden. Das Embargo sieht laut Plan vor, ab 2023 auf dem Seeweg kein Öl mehr in die EU zu lassen. Lediglich Ungarn, Tschechien und die Slowakei sollen aufgrund ihrer großen Abhängigkeit von Russland noch bis auf Weiteres russisches Öl importieren dürfen.
Dennoch wollte Orban am Mittwoch nicht zustimmen. Damit bleibt man bei der seit Wochen eingenommenen Blockadehaltung, die im Vorfeld von Österreichs Kanzler Karl Nehammer unterstützt worden war. Am Donnerstag werden weitere Gespräche auf Diplomatenebene in Brüssel erwartet.
(wb)
Titelbild: APA Picturedesk