Sonntag, September 8, 2024

UNO: Ungleichheit so groß wie seit 100 Jahren nicht

UNO:

Angesichts der weltweit wachsenden Armut hat die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, die reichen Länder zu mehr Entwicklungshilfe aufgefordert. Die Ungleichheit in der Welt sei nach einer Studie so groß wie seit mehr als 100 Jahren nicht mehr.

Genf, 14. Juni 2022 | Die ärmsten 20 Prozent der Weltbevölkerung hätten mit der Corona-Pandemie die größten Einkommenseinbußen erlitten. Das sagte die Bilanz der UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, am Montag zum Auftakt der Sitzung des UNO-Menschenrechtsrats in Genf.

Ärmere Länder ächzten zudem unter großen Schuldenbergen.  Entwicklungsländer müssten in diesem Jahr mehr als 300 Milliarden Dollar (283,61 Milliarden Euro) allein dafür aufbringen, Darlehen zu bedienen. Das Geld fehle dann, um in ihre Entwicklung zu investieren.

Reiche Länder sollen helfen

Zur Bewältigung der Schuldenkrise müssten neue Lösungen gefunden werden. Bachelet rief reiche Länder auf, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, um 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung für die internationale Zusammenarbeit bereitzustellen. Deutschland hat dieses Ziel nach Angaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit nach vorläufigen Berechnungen 2021 erreicht.

Menschenrechte in Bedrängnis

Bachelet erwähnte zahlreiche Länder mit Besorgnis erregenden Entwicklungen. Sie sprach über die verheerenden Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und die weltweiten Folgen. Sie kritisierte die Verhaftung von Kriegsgegnern in Russland und die Einschränkung der Presse- und Redefreiheit. Bei ihrer Reise nach China vor Kurzem habe sie Sorge über die Internierung von Uiguren und anderen muslimischen Minderheiten in Xinjiang zur Sprache gebracht und Menschenrechtsverletzungen gegen diese.

Die Hochkommissarin kritisierte Prozesse gegen Regierungskritiker in der Türkei wie Osman Kavala. Sie verlangte von Israel eine lückenlose Aufklärung über den Fall der vor einigen Wochen im Westjordanland getöteten Journalistin Shirin Abu Akle. Sie sei besorgt über Pläne der britischen Regierung, die Menschenrechtsgesetze zu beschneiden.

Bericht über Mariupol erwartet

Im Lauf der Woche will Bachelet ausführlich über die Lage in der von Russland eingenommenen ukrainischen Stadt Mariupol berichten. Die 47 Mitglieder des Rates erörtern in den kommenden vier Wochen die Menschenrechtslage in aller Welt. Die im Rat vertretenen Länder werden für jeweils drei Jahre von der UNO-Vollversammlung gewählt. Der Rat kann Verstöße anprangern und Untersuchungen beschließen. Konkrete Mittel, Menschenrechtsverletzungen abzustellen, hat er nicht.

Bachelet zieht sich nach erster Amtszeit zurück

Bachelet teilte am Montag überraschend auch mit, dass sie sich nicht für eine zweite Amtszeit bewirbt. Das Mandat der 70-jährigen Chilenin läuft im August ab. Sie machte persönliche Gründe dafür geltend. “Ich bin schließlich keine junge Frau mehr”, sagte die 70-Jährige Ärztin und ehemalige Präsidentin von Chile. “Nach einer langen und reichhaltigen Karriere will ich zu meiner Familie und in mein Land zurückkehren.”

Bachelet wies Spekulationen zurück, dass der Rückzug mit ihrer jüngsten scharf kritisierten Reise im Mai nach China zu tun habe. Sie habe UNO-Generalsekretär António Guterres bereits vor zwei Monaten – also vor der Reise nach China – mitgeteilt, dass sie für eine zweite Amtszeit nicht zur Verfügung stehe, sagte Bachelet. Sie bestätigte, dass ein seit langem zurückgehaltener Bericht ihres Büros über die Lage in Xinjiang noch vor Ablauf ihrer Amtszeit veröffentlicht werden soll.

(apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Markus Steurer

    Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.

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