Besuch in Wien:
Der ukrainische Parlamentspräsident wirbt derzeit in Wien für den EU-Beitritt seines Landes. Das ukrainische Volk gebe derzeit sein Leben für die europäischen Werte, betonte er vor dem Nationalrat.
Wien/EU-weit, 15. Juni 2022 | Der Präsident des ukrainischen Parlaments, Ruslan Stefantschuk, wirbt derzeit in der EU für einen Beitritt der Ukraine. Am Dienstag hielt er eine Rede vor dem österreichischen Nationalrat und plädierte einmal mehr für eine EU-Annäherung seines Landes. ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS sprachen ihre Solidarität für das Anliegen aus. Ob die Ukraine den Beitrittskandidatenstatus erhält, wird beim EU-Gipfel am 23. und 24. Juni entschieden werden.
Die FPÖ boykottierte Stefantschuks Auftritt. Sie hatte diesen in einer Aussendung als „unglaublichen Tabubruch“ und „Schlag ins Gesicht unserer Neutralität“ bezeichnet. Stefantschuk sagte in seiner Rede: „Neutralität bietet keinen Schutz vor den imperialistischen Bestrebungen Russlands.”
Stefantschuk: „Ukrainer haben positive Entscheidung verdient“
Im „ZiB 2“-Interview mit Armin Wolf am Dienstagabend sagte Stefantschuk dann: „Das ukrainische Volk hat sich eine positive Entscheidung verdient, denn sie kämpfen für die europäischen Werte und zahlen dafür mit ihrem Leben.“ Fiele die Entscheidung negativ aus, wisse Putin, dass er ungestraft in Europa einmarschieren könne, so der ukrainische Parlaments-Präsident.
Den Vorschlag des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, eine eigene politische europäische Gemeinschaft mit möglichen zukünftigen Mitgliedern zu bilden, lehnte Stefantschuk ab mit dem Hinweis, dass das EU-Recht eine solche Gemeinschaft nicht vorsehe. Er sagte, die Ukraine wolle den „ehrlichen Weg“ gehen, ohne Sonderbehandlung. Die dafür notwendigen Reformen seien für die Ukraine selbst wichtig, damit sie gefestigte politische und rechtliche Institutionen bekäme, betonte Stefantschuk gegenüber Wolf.
Ukraine will „absoluten Sieg“
In der „ZiB 2“ legte Stefantschuk auch dar, welches Ziel die Ukraine im Krieg gegen Russland hat. Die Ukraine wolle einen „absoluten Sieg“. Dieser umfasse neben dem militärischen Sieg auch die Rückgabe aller international anerkannten ukrainischen Gebiete, die Anerkennung Russlands als Aggressor durch den Internationalen Gerichtshof und Reparationszahlungen Russlands an die Ukraine. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuletzt erklärt, auch die Krim zurückerobern zu wollen. Russland hatte die Halbinsel 2014 annektiert.
Dank an Österreich
In seiner Rede vor dem Nationalrat dankte Stefantschuk Österreich für die helfende Hand in Zeiten der Not und die Aufnahme von 70.000 Vertriebenen. “Wir werden das niemals vergessen”, sagte er und beschwor historische Beziehungen und emotionale Bande: „Tausende österreichische Familien haben nicht nur die Türen zu ihren Häusern und Wohnungen geöffnet, sondern auch die Türen zu ihren Herzen.” Österreich habe zudem eine wichtige Rolle bei der Verhängung von Sanktionen gegen den Aggressor Russland gespielt.
Er erinnerte daran, dass die Ukraine im Krieg mit Russland nicht nur die Grenzen seines Landes, sondern auch die des zivilisierten Europas verteidige. “Ich glaube, dass wir diesen Krieg gewinnen werden. Dazu muss man entschlossen und mutig sein”, unterstrich Stefantschuk.
(pma/apa)
Titelbild: APA Picturedesk