Die Ukraine rechnet offenbar mit einer Großoffensive Russlands im Vorfeld der EU-Abstimmung darüber, ob das Land Beitrittskandidat wird. Die Lage an der Ostfront sei „schwierig“.
Moskau/Kiew, 21. Juni 2022 | Die Ukraine hat Schwierigkeiten bei den Kämpfen im Osten des Landes eingeräumt. Der Gouverneur der Region Luhansk, Serhiy Gaidai, sagte, die Lage entlang der Front sei “extrem schwierig”. Russland habe einige Gebiete eingenommen und genügend Reserven für eine neue Großoffensive gesammelt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vermutet, dass Russland im Vorfeld des EU-Gipfels am Donnerstag und Freitag vorstoßen will. Die Nacht auf Dienstag ist laut Gouverneur Gadai allerdings relativ ruhig gewesen: “Es ist eine Ruhe vor dem Sturm.“
EU berät über Ukraine-Beitritt
Auf dem EU-Gipfel Ende der Woche soll entschieden werden, ob die Ukraine den Status eines Beitritts-Kandidaten erhält. Der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk war zuletzt durch die Union gereist und hatte um Zustimmung für das Ansuchen der Ukraine geworben. Denn es braucht einen einstimmigen Beschluss. Auch in Wien war er zu Gast und dankte Österreich für die bisherige Hilfsbereitschaft. Dem Beitritt stehen allerdings Korruptionsprobleme und fehlende Rechtsstaatlichkeit entgegen. Im „ZiB 2“-Interview hatte Stefantschuk Reformbedarf eingeräumt und betont, die die Ukraine hätte großes Eigeninteresse daran, diese umzusetzen.
Ukrainischer Widerstand torpediert Russlands Strategie
Nach Einschätzung britischer Geheimdienste hat der ukrainische Widerstand bisher auch erfolgreich verhindert, dass Russland Kontrolle über das an die Ukraine grenzende Meeresgebiet übernimmt. Dies habe das ursprüngliche Konzept der russischen Invasion untergraben, hieß es am Dienstag in einem Update des britischen Verteidigungsministeriums. Ursprünglich habe Moskau nämlich vorgehabt, die Region um den wichtigen ukrainischen Hafen von Odessa vom Schwarzen Meer aus anzugreifen.
Am 17. Juni sei es ukrainischen Kräften erstmals gelungen, mit Schiffsabwehrraketen aus dem Westen ein russisches Schiff anzugreifen, das mit hoher Wahrscheinlichkeit Waffen und Personal auf die strategisch wichtige Schlangeninsel im Nordwesten des Schwarzen Meeres habe bringen wollen, hieß es seitens der Briten. Die Insel ist von russischen Truppen besetzt. Die Zerstörung des Schleppers zeige, wie schwierig es für Moskau sei, Nachschub auf die Insel zu bringen.
(pma/apa)
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