Donnerstag, April 25, 2024

WKO-Lernplattform erinnert an »Kaufhaus Österreich«-Flop

Ab Herbst sollen österreichische Unternehmen Zugang zu einer Lernplattform der WKO kaufen können. Die hohen Kosten dafür und die bisher verfügbaren Inhalte wecken Erinnerungen an den „Kaufhaus Österreich“-Flop.

Wien, 21. Juni 2022 | Im Herbst möchte die Österreichische Wirtschaftskammer (WKO) die Lernplattform „wîse up“ für Unternehmen präsentieren. Diese steht nun im Verdacht, die Fortsetzung des teuren „Kaufhaus Österreich“-Flops zu werden. Denn wie der „Falter.morgen“ berichtet, kostet das Projekt laut internen Aufzeichnungen bereits 5,2 Millionen Euro anstatt der offiziell angegebenen 4,3 Millionen. Die WKO spricht gegenüber ZackZack von einer “Zukunftsinvestition der Wirtschaftskammern für die heimischen Betriebe und ihre Mitarbeiter:innen”.

Finanziert wird das Ganze durch die Wirtschaftskammer-Pflichtbeiträge. Unternehmen müssen aber “pro Anwender” dennoch ein kostenpflichtiges Abo abschließen. Verfügbar sind derzeit aber zu einem beträchtlichen Teil Inhalte, die sonst ohnehin kostenfrei verfügbar wären. Seit Jänner läuft die Pilotphase, in der 900 Testuser aus 80 Unternehmen die „wîse up“ testen.

De facto Dreifachfinanzierung durch Unternehmer

Die Plattform richtet sich laut WKO speziell an Ein-Personen-Unternehmen und kleinere Betriebe, die keine eigene IT-, Rechts- oder Personalabteilung haben. Einen kostenlosen Zugang bekommen die Unternehmen aber nicht automatisch durch ihre Wirtschaftskammer-Mitgliedschaft. Sie zahlen für eine Standard-Mitgliedschaft 14,90 Euro im Monat für das „Netflix für Weiterbildung“, wie WKO-Präsident Harald Mahrer (ÖVP) es ausdrückt. 30 Tage können sie kostenlos testen. Auf ZackZack-Anfrage heißt es aus der WKO, dass Unternehmen mit mehreren Mitarbeitern günstigere Abo-Konditionen bekommen. Die genauen Konditionen werden dann individuell ausverhandelt.

Insgesamt sind derzeit laut Website „mehr als 15.000 Online-Kurse“ verfügbar, entweder als Video, als Text, als Webinar oder als Quiz. Auch eigene Inhalte sollen User hochladen können. Derzeit stammen die Inhalte aber großteils von LinkedIn Learning, Studyflix und Anton. Von den drei Lernplattformen ist nur LinkedIn Learning kostenpflichtig. Anton wurde sogar mit EU-Mitteln gefördert. Werbung soll laut „Falter.morgen“ bei externen Inhalten dennoch eingespielt werden. Nur wenige Inhalte habe die WKO selbst produziert.

Schweigen über Kosten

Auskünfte über die genauen Kosten wollte die WKO dem „Falter“-Newsletter nicht geben: weder zur genauen Kostenaufstellung der bisher ausgegebenen Pflichtbeiträge noch zu den Lizenzkosten für die LinkedIn-Inhalte. Die Qualität der Plattform soll vom Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft geprüft werden, das von der WKO selbst und von der Industriellenvereinigung 1975 gegründet wurde.

Ein zweites Kaufhaus Österreich?

Das Projekt lässt Erinnerungen an das als österreichische Antwort auf Amazon geplante „Kaufhaus Österreich“ wach werden. Die damalige Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) kooperierte dafür mit der WKO. Was eine Onlinehandel-Plattform werden sollte, wurde zur Lachnummer im Netz, nicht zuletzt, weil die Produktsuche nicht funktionierte. Nach drei Monaten war das digitale Kaufhaus Geschichte und wurde zu einem Verzeichnis für Handelsunternehmen bei Fragen rund um E-Commerce degradiert. Gekostet hatte das Ganze rund 1,3 Millionen Euro, fast doppelt so viel, wie das Ministerium offiziell angegeben hatte.

UPDATE: Dieser Artikel wurde um 14.46 Uhr um angefragte Zusatzinformationen der WKO ergänzt. 

(pma)

Titelbild: APA Picturedesk

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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24 Kommentare

  1. Es ist an der Zeit, ALLE Zwangs-Mitgliedschaften in Österreich umgehend zu beenden. Es ist eigentlich unglaublich, was in einem freien, demokratischen Staat alles möglich ist 👎👎👎

  2. Abschaffung der Zwangskammerbeiträge.
    Gilt auch für den Arbeiterkammerbeitrag. Da hört solch ein Unfung sofort auf.

    • Bei der Arbeiterkammer sehe ich das nicht so.

      Hier geht es vor allem um die rechtliche Unterstützung der Arbeitnehmer bei ungerechter und betrügerischer Abzocke durch die Arbeitgeber.

      Und glauben sie mir, diese Delikte weden rapid zunehmen, je umkämpfter der Markt wird und je geringer die Gewinnspannen für die Unternehmen ausfallen.

      Dann hört sich nämlich der Anstand bei MANCHEM Firmenchef auf!

      • Besonders bei den Arbeiterkammern in denen der “Präsident” ein Tiefschwarzer ist, wie zum Beispiel der Z(W)angerl in Tirol.

  3. Solange sich die ÖVP affinen Unternehmen sich ohne Murren von Mahrer abzocken lassen, ist dies völlig in Ordnung.

    Aber es ist alles relativ!

    Im Gegenzug werden genau dieselben Unternehmer von der Wirtschaftskammer über die unkontrollierten Covid Entschädigungszahlungen überproportional versorgt und umhätschelt.

    Da rechnet sich jede kleine Zahlung an die Wirtschaftskammer, ganz gleich, um welchen Schei.. es sich dabei handelt!

    • Sie sollten nicht vergessen, daß diese Zahlungen an die Wirtschaftskammer nicht freiwillig erfolgen sondern unter Zwang. Und es gibt genug kleine Betriebe die sich fragen für was zahle ich diese Zwangsgebühren? Aber sobald man nicht bezahlt kommt ein “Briefchen” vom Gericht.

  4. Wenn ich mir die Sedcard von Mahrer so ansehe, ehrlich gesagt, ich würde ihm nicht einmal ein Klopapier abkaufen, in weiterer Folge natürlich kein Handy, selbstverständlich keinen Gebrauchtwagen. Eine Lernplattform?!? Auch andere dürften ähnlich denken, wie man sieht.

  5. Eine hilflos dilettante Fortführung des vorigen Jahres österreichweit lancierten Digitalisierungsprojektes unter wirtschafts- und arbeitsministerieller Ägide – neuerdings zukunftweisend in kompetente Kocher-Synergie gelegt…
    Offenbar ein im sattsam bekannten Modus Operanti gelaunchter Versuch, Projekt-Investitionen aus Kammer-Pflichtabgaben zu finanzieren (ROI), zu lukriierende Ergebnisvorgaben / Erträge aus dem Betrieb dieser hanebüchernen LERNPlattform im “Standard-Mitgliedschaft Setting” eingetrieben (ROE), mutmaßlich für (miserabel) vorkalkulierte Aufwendungen im Betrieb – u.a. in der Zuteilung von Erfolgsboni an einschlägig vernetzte Projektleiter:innen Kandidat:innen – verwendet.
    Dieses WKO-design’te Geschäftsmodell umfasst weitestgehend also unerfahrenen e-commerce Startups – bundesweiten eklatanten IT-Expertenmangels geschuldet – damit multiplex mehr Euronen aus deren Geschäftsbudgets zu ziehen… (praktischerweise gleich auch deren GZ’s abgebildet, um ggf. zu “reagieren”)

  6. Und die Geldverschwendung geht weiter.
    Die WKO wie immer ein Beispiel wie man es nicht macht.
    Herr Mahrer machen Sie sich einen Schampus auf!

  7. Ich frage mich die ganze Zeit was man von der WK lernen könnte? Kein Wunder das die Inhalte zum größten Teil irgendwo abgekupfert wurden.

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