Lehrermangel
Die Schulen pfeifen aus allen Löchern, an jeder Ecke fehlt es an Personal. Für eine mögliche Corona-Welle im Herbst gibt es noch keinen Plan. Von Armin Wolf im “ZIB2”-Interview damit konfrontiert, hatte Bildungsminister Martin Polaschek vor allem eine Antwort: Man werde “sich das alles anschauen”.
Wien, 30. Juni 2022 | Dass sich der Informationsgehalt bei “ZIB2”-Interviews mit den meisten ÖVP-Ministern in Grenzen hält, ist bekannt. Jetzt trieb Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) am Mittwochabend bei Armin Wolf das Nichtbeantworten von Fragen erneut auf die Spitze.
Was ihn am Job des Bildungsministers, den der Ex-Uni-Graz-Rektor nun seit gut einem halben Jahr inne hat, am meisten überrascht hat, wollte Wolf am Ende des Gesprächs von ihm wissen. Polaschek nutzte die Frage, um sein – und das ahnte er wohl schon selbst – nicht ganz so gelungenes Interview damit zu rechtfertigen, dass man als Politiker nicht die nötige Zeit bekomme, um “in Ruhe darauf zu antworten”.
Dass ein typisches “ZIB”-Interview im Schnitt 15-20 Minuten dauert, wusste Polaschek auf Nachfrage Wolfs sehr wohl, jedoch hätte er sich “mehr Punkte gewünscht, die mir wichtig sind”. Dass so ein Interview kein Wunschkonzert ist, bekam der Minister mit voller Härte zu spüren und auch die gestellten Fragen dürften vor allem für die betroffenen Lehrer und Schüler eine gewisse Wichtigkeit haben.
Lehrermangel? “Werden wir uns anschauen”
Denn den Schulen gehen nicht nur die Lehrer aus, auch in anderen Bereichen fehlt es an Personal. Immer mehr Pensionierungen stehen die nächsten Jahre an, während in vielen Fächern nur vergleichsweise wenige Absolventen nachkommen. Zudem hatte die Corona-Pandemie eine Welle an Abgängen aus den verschiedensten Gründen zur Folge.
Wie will man dem Lehrermangel also entgegentreten? Polascheks Antwort darauf ist klar: Man müsse jetzt “genau schauen”, wie man auf die – nicht mehr wirklich neue – Corona-Herausforderung reagiert. Ein von Polaschek am selben Tag vorgestelltes Quereinsteigerprogramm soll hier Abhilfe leisten und laut dem Minister 300-500 Lehrer im Jahr zusätzlich bringen, benötigt würden aber 3.000, wie Wolf anmerkte.
Dass man den Job für bestehende und auch neu eingestiegene Lehrkräfte finanziell attraktiver machen könnte, um weitere Abgänge zu verhindern, sei aufgrund eines “bundesweites Schemas” schwer.
Auch attraktivere Ausbildung will man sich anschauen
Auch die Ausbildung könne man attraktiver machen, entgegnet der “ZIB”-Moderator. Erst vor zehn Jahren verlängerte man diese auf vier Jahre mit darauffolgendem verpflichtendem Masterstudium. Ob das sinnvoll war, will Wolf wissen. Auch hier wieder: Man werde nun Evaulierungen von Hochschulen abwarten und sich dann alles “genau anschauen”.
Laut Arbeiterkammer brauchen mittlerweile 16 Prozent aller Volksschüler in Österreich Nachhilfe, vor fünf Jahren waren es noch 5 Prozent. Ob das mit den damals auf Druck der ÖVP wiedereingeführten Ziffernnoten zusammenhängen könnte? Das bestreitet Polaschek. Vielleicht gibt es jetzt durch Corona mehr Bedarf? Man weiß es nicht. Jedenfalls muss man sich “anschauen, warum”.
Corona-Regeln kommen Ende August
Auch bei den Pandemie-Vorbereitungen auf den Herbst will sich der Minister Zeit lassen. In einem Brief ließ Polaschek den Schulen ausrichten, dass sie am 29. August von allen Regeln für den Schulalltag informiert werden würden, also eine Woche vor Beginn des neuen Schuljahres. Das reiche auf Nachfrage Wolfs laut dem Bildungsminister aus, um Vorbereitungen zu treffen. Auch könne man erst Ende August die aktuelle Lage evaluieren und dann Maßnahmen wie “Maske oder Abstand” bestimmen.
Ob die seit zwei Jahren geforderten CO2-Messgeräte nicht doch kommen, “müsse man sich genau anschauen”. Diese seien zuletzt abgelehnt worden, weil sie zu ungenau seien.
Ebenso mit einer Wissenschaftsfrage dürfte der Minister, der auch für diesen Bereich zuständig ist, nicht gerechnet haben. Das Austria Corona Panel, das in den letzten Monaten mit wertvollen Studien zur Pandemie ausgeholfen hat, wird wegen Geldmangels eingestellt. Ob man dieses nicht weiter finanzieren könnte?
Polaschek: “Es ist noch niemand mit dieser Thematik an mich herangetreten, wir können uns das gerne anschauen.”
Das ganze Interview gibt es hier.
(mst)
Titelbild: APA Picturedesk