ÖVP-Wunschkandidat ungeeignet:
Die Grünen verhindern eine ÖVP-Besetzung bei der Bundeswettbewerbsbehörde. Der Wunschkandidat der Kanzlerpartei war offenbar trotz fehlender Expertise erstgereiht worden.
Wien, 04. Juli 2022 | Die Aufgabe der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) ist es, vermutete Wettbewerbsverzerrungen oder -beschränkungen zu untersuchen und zu bekämpfen. Ausgerechnet hier dürfte es bei der Auswahl eines neuen Generaldirektors zu Unstimmigkeiten gekommen sein.
Der Posten muss jetzt wohl neu ausgeschrieben werden, denn die Grünen waren mit dem Wunschkandidaten der ÖVP nicht einverstanden. Sie gaben ein Gutachten in Auftrag, um die Bestellvoraussetzungen für den Posten zu klären, so das “Ö1-Morgenjournal” des “ORF” am Montag.
Ohne Erfahrung vor Expertin gereiht
Wie Ende Juni bekannt wurde, war Michael Sachs, Vizepräsident des Bundesverwaltungsgerichts (BvWG), auf der Liste der Bewerberinnen und Bewerber erstgereiht worden. Sachs gilt als politisch gut vernetzt, er war früher Mitarbeiter im Kabinett von Wolfgang Schüssel (ÖVP).
In Fachkreisen sei die Reihung laut Ö1 mit Befremden aufgenommen worden, da die derzeitige Interims-Chefin und ebenfalls Bewerberin, Natalie Harsdorf-Borsch, als Fachfrau mit viel Expertise gilt.
Mit Vorsitz der Auswahlkommission befreundet
Hinzu komme, dass Sachs eng mit dem Kartellanwalt und Vorsitzenden der Auswahlkommission, Jörg Zehetner, befreundet sei, heißt es in dem Radiobeitrag. Weiters sei ein Kanzleipartner von Zehetner Präsident der Ögebau, einem Lobbyingverein der Bauwirtschaft.
Sachs selbst sei vor einigen Jahren ebenfalls im Vorstand der Ögebau gesessen, so Ö1. Die BWB führt gerade einige Großverfahren gegen die Bauwirtschaft, dem bisher größten Kartell der Zweiten Republik.
Sachs erfüllt Voraussetzungen nicht
All dies sei den Grünen Anlass gewesen, ein Gutachten in Auftrag zu geben, um die Voraussetzungen für die Bestellung des BWB-Chefpostens abklären zu lassen. Das Gutachten komme zu dem Schluss, dass Sachs die Voraussetzungen nicht erfülle. Die Position erfordere Berufserfahrung im Kartellrecht. Richter von Verwaltungsgerichtshöfen, die im Einzelfall mit kartellrechtlichen Bestimmungen zu tun haben, erfüllten die Voraussetzungen nicht, zitiert Ö1 das Gutachten.
Wie es nun weitergeht, ist unklar. Die ÖVP sei nicht zu einer Neubewertung der Ergebnisse der Kommission bereit gewesen, nun könnte der Posten erneut ausgeschrieben und das Auswahlverfahren neu gestartet werden. Laut der Tageszeitung “Standard” könnte aber auch bereits am Mittwoch im Ministerrat – dem letzten vor der Sommerpause – eine Entscheidung fallen.
(apa/red)
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