Freitag, April 19, 2024

ImPulsTanz Festival startet: »Im Grunde gibt es bei uns alles«

ImPulsTanz-Festival

HipHop, Street Jazz und Flamenco – beim ImPulsTanz Festival kann man selber tanzen und Performances bewundern. ZackZack hat mit Intendant Karl Regensburger über das Festival und zeitgenössischen Tanz gesprochen. 

Wien, 06. Juli 2022 | Am 7. Juli startet das ImPulsTanz – Vienna International Dance Festival 2022. Bis 7. August werden 54 zeitgenössische Tanz- und Performance-Produktionen in Wiener Theatern und Museen gezeigt. Auch über 200 Tanzworkshops und Gratis-Schnupperklassen zu verschiedensten Tanzrichtungen von HipHop, House, Ballett und Funk bis hin zu “getanzter Meditation” können wieder besucht werden. Abends bietet die ImPulsTanz Festival Lounge ein täglich wechselndes Musikprogramm aus Live-Konzerten und DJ-Sets im Burgtheater Vestibül an.

ZackZack hat mit dem Intendanten Karl Regensburger über die Herausforderungen des Festivals und über den zeitgenössischen Tanz gesprochen.

ZackZack: Das ImPulsTanz Festival will die Entwicklungen im zeitgenössischen Tanz abbilden. Was ist denn gerade aktuell? Wo geht es hin?

Regensburger: Im Grunde gibt es bei uns ja alles. Das Tanzen und die Tanztechnik an sich werden aber wieder populärer, es geht vor allem bei jungen Choreographen weg vom Konzeptionellen, Vergeistigten. Es gibt jetzt auch den Trend zu größeren Ensembles, vielleicht hat das etwas mit der Einsamkeit zu tun, die wir alle durchgemacht haben.

Was bedeutet „größer“ für ein Ensemble?

Da stehen dann fünf bis sieben Leute zusammen auf der Bühne, in den letzten Jahren waren eher Soli und Duette zu sehen. Das ist eine Finanzierungsfrage. Da würden Unterstützungen helfen.

Wir haben heuer auch einige Künstler aus der Ukraine und Russland, die wir unterstützen. Ich halte ja die Diskussion für unselig, alle zu bannen, die mit Russland zu tun haben. Gerade viele Künstler versuchen ja, in Russland kritisch zu sein, die sollte man unterstützen.

Wir programmieren auch Sachen, die nicht mein Fall sind, aber wir machen sie, weil sie wichtig sind.

Sie sagen, dass sie sehr offen an die Programmgestaltung des Festivals herangehen. Was heißt das?

Sehr oft wird ein Programm nur in eine bestimmte Richtung gemacht. Wir versuchen ein Festival zu gestalten, in dem möglichst alle derzeitigen Richtungen und Stimmungen im Tanz abgebildet werden. Wir programmieren auch Sachen, die nicht mein Fall sind, aber wir machen sie, weil sie wichtig sind. Man lernt viel dabei, ansonsten kommt man auch leicht in die berühmte “Blase”.

Welche Festival-Stücke empfehlen Sie für Menschen, die sich für das Thema Tanz interessieren, sich aber noch nicht damit auskennen?

Zum Einsteigen eignet sich Vollmond. Ein Stück von Pina Bausch vom Tanztheater Wuppertal. (Anm.: getanztes Wasserspiel, siehe Titelbild). Pina Bausch hat die Tanz- und Theaterwelt verändert. Es ist relativ selten, dass diese Veränderung aus dem Tanzbereich und nicht aus dem Theaterbereich kommt.

Für Einsteiger kann ich auch SunBengSitting das Stück von Simon Mayer am 11. Juli im Akademietheater empfehlen. Er holt dabei Volkstanz aus dem rechten Eck, denn Volksgut gehört uns allen. Es ist eine witzige, leicht zugängliche Produktion, die aber auch zeigt, wie schwierig Tanz sein kann.

Intendant Karl Regensburger bringt ein möglichst vielfältiges Tanzprogramm auf die Wiener Bühnen. Foto: Magdalena Blaszczuk

Interessant klingt auch die Produktion von Akram Khans Neuerzählung vom Dschungelbuch. Sie zeigt Moglis Perspektive als Geflüchtete im Zusammenhang mit der Klimakrise. Was kann Tanz gegen die Klimakrise tun?

An sich kann Tanz nur darauf hinweisen und zum Nachdenken bringen. Moglis Situation wird gedreht, sie ist ein Mädchen, das in einer von Klimakatastrophen geschüttelten Welt versucht, Fuß zu fassen. Das Stück geht nicht gut aus: Es sagt, wir schaffen das nicht.

Wir versuchen auch unsere Produktion nachhaltiger zu gestalten, zum Beispiel mit weniger Transportwegen beim Bühnenbild. Normalerweise wiegt es etwa acht bis zehn Tonnen, jetzt hat das Bühnenbild 300 Kilo. Wir haben viel mit Pappkartons und Projektionen gearbeitet. Dafür brauchen wir aber wiederum Strom.

Bereits jetzt plant das ImPulsTanz Festival acht Zusatzvorstellungen diverser Stücke und sechzehn zusätzliche Kurse. Die Nachfrage scheint größer zu sein als erwartet. Warum?

Puh, schwer zu sagen. Das Festival ist einfach gut programmiert und kommt sehr gut an (lacht). Es ist nicht so, dass solche Zusatzvorstellungen ein Riesengeschäft für uns sind. Wir setzen sie dann an, wenn es die Kosten und vor allem die Gagen abdeckt. Die Compagnies leiden ja sehr in den letzten zwei Jahren, da wird wegen Covid-Erkrankungen viel abgesagt.

Für die Workshops haben wir ein sehr großes Antigen-Testangebot vor Ort aufgestellt, PCR-Tests gibt es auf Nachfrage und wir werden Masken verschenken wie zu Weihnachten.

Das Virus macht heuer wider Erwarten keine Sommerpause und beim Tanzen gibt es engsten Kontakt mit anderen Menschen. Wie geht das ImPulsTanz Festival damit um?

Wir bremsen dann doch, weil uns die momentanen Covid-Zahlen relativ nervös machen. Für die Workshops haben wir ein sehr großes Antigen-Testangebot vor Ort aufgestellt, PCR-Tests gibt es auf Nachfrage und wir werden Masken verschenken wie zu Weihnachten. Das Problem bei so großen Veranstaltungen: Das ist teuer. Letztes Jahr haben wir dafür Unterstützungen bekommen, heuer zahlen wir das aus dem Festivalbudget und zwar für 35 Tage.

Ein internationales Festival zu organisieren ist immer eine Herausforderung, in Corona-Zeiten umso mehr. Ist es nach drei Jahren Pandemie leichter geworden?

Es wird immer schwieriger. Ein Beispiel sind Flugverkehr und Bahnverkehr, es funktioniert ja nichts mehr. Teils werden den Künstlern Flüge abgesagt ohne Ersatz. Die Company aus Wuppertal hat alle ihre Flüge auf die Bahn umgebucht. Dazu kommen die Personalprobleme in allen Branchen. Jetzt mutiert das Virus so schnell, dass sich trotz Impfung viele anstecken. Wir haben über 300 Festivalmitarbeiter, die Ausfälle sind so uneinschätzbar, da kann man unter Umständen keine Performance machen. Das wird heuer ein “Ritt über den Bodensee”.

Das Interview führte Stefanie Marek.

 

Titelbild: APA Picturedesk

Stefanie Marek
Stefanie Marek
Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.
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